5 Tage im Sommer
den Teller leer, und die Kellnerin erschien mit Kaffee.
»Möchten Sie?«, fragte sie Geary.
»Ich dachte schon, Sie würden nie fragen.«
Sie schnaufte und ging davon.
»Ich bin froh, dass du mit diesem Fall zu mir gekommen bist, John.«
»Ich freue mich, dass du all diese Tussies am College hast warten lassen.«
»Tussies, Dr. Geary?«
Geary zwinkerte ihm zu und beugte sich dann vor. »Im Ernst, Roger. Uns bleiben nur noch drei Tage, diesen Kerl zu kriegen.«
»Mach dir keine allzu großen Hoffnungen. Er hat es geschafft, deinen ehemaligen Kollegen eine ganze Zeit lang zu entgehen.«
Ehemalige Kollegen. Geary hasste den Klang dieser Wörter.
»Er ist davongekommen, weil man ihn nicht bemerkt hat«, widersprach er. »Jetzt haben wir ihn aber auf dem Radarschirm. Wie viele Psychopathen haben wir hinter Gitter gebracht, seit ich dich zum ersten Mal angeheuert habe?«
Auf Bells wettergegerbtem Gesicht erschien ein Lächeln. Seit sie einander kennen gelernt hatten, hatte Geary ihn bei jedem seiner Fälle zurate gezogen. »Wir haben selten falsch gelegen, oder?«
»Neunundneunzig von hundert ist eine verdammt gute Quote.«
»Vorsicht, John. Du gehörst nicht mehr dazu. Es könnte gewissen Leuten missfallen, wenn du an einem Fall arbeitest, für den du nicht zuständig bist.«
Geary schüttelte den Kopf. »Offiziell arbeite ich ja nicht daran. Offiziell bin ich im Ruhestand.«
Bell lachte. »Das sehe ich.«
»Ich bringe die Vorarbeiten zu Ende und übergebe dann alles dem Police Department von Mashpee.«
»Und dann stiehlst du dich einfach davon?« Bell unterdrückte ein Grinsen.
»Auf jeden Fall.« Geary nickte. »Ich hab schon lange eine Verabredung mit einem Golfplatz offen.«
»Das bringst du nicht fertig. Kleine Wette, mein Freund?«
»Diesmal nicht, Rog. Kann ich mir bei dir nicht leisten.«
»Ein Dollar.«
»Es geht also ums Prinzip.« Geary warf Bell einen schnellen Blick zu. »Angenommen.«
Über den Tisch hinweg schüttelten sie sich die Hand.
»Ich ruf dich an, wenn ich von Tom höre«, sagte Geary. »Noch im Laufe des Tages.«
Bell kicherte. »Dann hast du morgen Nachmittag also Zeit zum Golfspielen?«
»Worauf du wetten kannst.«
Das Lachen Bells begleitete Geary zur Tür hinaus.
KAPITEL 10
D as Erwachen war ein allmählicher Übergang von einer Dunkelheit in die andere. Emily hatte das Gefühl, im Nirgendwo zu schweben. Der Wellengang war jetzt stärker als zuvor. Ihr Gleichgewichtssinn war beeinträchtigt, weil sie so lange still gelegen hatte, ohne etwas zu sehen.
Sie hatte keinen Gleichgewichtssinn mehr.
Sie war in einer mit Wasser gefüllten Trommel, wurde hin und her geworfen und sank langsam auf den Boden. Sie vergaß zu atmen, aber ihr Körper erinnerte sich und schreckte auf wie ein Neugeborenes, das zum ersten Mal das Gefühl zu fallen empfindet.
Sie fiel.
Sie wünschte sich, unten anzukommen, auf den Boden zu prallen, nichts mehr zu empfinden. Dann sah sie ihre Gesichter, und der Wunsch verschwand.
Ihre Kinder.
Sie würde sich nicht den Tod wünschen. Er wollte ihre Furcht, aber die gehörte ihr, und er würde sie nicht bekommen. Ihre Furcht erhielt sie am Leben, und ihr Hass auf den Maismann hielt sie am Leben.
Wenn er nur wüsste, mit wem er es zu tun hatte. Sie würde ihn umbringen.
Ich habe mich unter Kontrolle und werde zu keiner Zeit einen Kampf welcher Art auch immer beginnen .
Sie stellte sich vor, wie sie ihn zerschmetterte.
Aiki ermöglicht es , sich selbst zu überwinden , und führt dazu , dass der Wunsch , mit dem Gegner zu kämpfen , verschwindet .
Ruhte die Kraft im Körper oder im Geist? Werden wir durch unsere Absichten oder durch unsere Handlungen definiert?
Hatte sie ihre Kinder gut genug unterrichtet?
Binde mich los und gewähre mir einen fairen Kampf. Emily lief zu Maxi, wenn sie weinte. Das ist nicht fair, sagte Sam, nicht fair, nicht fair. Du liebst doch mich, nicht sie. Lieb mich mehr, lieb mich zuallererst. Ich will der Beste sein und auch der Erste.
Davids Stimme klang fest, wenn er vorlas. David wollte ein Schwert. Ich habe einen braunen Gurt, warum kann ich jetzt nicht ein Schwert haben? Weil du noch ein Kind bist, deshalb. Aber ich kenne die fünf Meditationen.
Die erste Meditation ist die Meditation der LIEBE , in der du dein Herz darauf richten musst , den Wohlstand und das Wohlergehen ALLER Wesen zu ersehnen , auch das Glück deiner Feinde .
Die zweite Meditation ist die Meditation des MITGEFÜHLS , in der du ALLER Wesen
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