5 Tage Liebe (German Edition)
angespannt, ich überlege ernsthaft, vielleicht wenigstens einen ...
„Jonas, können wir?“
Mayas Hand schiebt sich in meine und zieht mich langsam von der Kasse weg. Dirk wünscht uns noch einen schönen Tag und kümmert sich um den nächsten Kunden, während mein Herz bis zum Hals schlägt und ich Mayas Hand so fest halte, dass ich ihr wehtun muss.
„Komm wieder runter. Der Typ ist es doch nicht wert.“
„Er hat Scheiße erzählt. Über dich.“
Ich kann die Straße vor uns kaum richtig erkennen, so schmal sind meine Augen geworden.
„Er weiß aber nicht, dass ich diese Frau bin.“
Ein Kuss auf die Wange lässt meine ganze Wut sofort verpuffen. Überrascht sehe ich sie an, sie lächelt wieder, hakt sich bei mir ein.
„Komm, lass uns zu dir gehen. Ich bin gespannt auf deine Wohnung.“
Ich auch.
Meine Wohnung liegt im Stuttgarter Westen. Jeder, den ich kenne, hat irgendwann einmal im Westen gewohnt. Hier ist es schön, hier ist es irgendwie auch schick, hier fühlt man sich wohl.
In der S-Bahn ist nicht besonders viel los, also können wir sitzen. Sie sitzt mir gegenüber, ihre Sporttasche zwischen ihren Beinen, ihr Blick aus dem Fenster gerichtet. Wir sprechen nicht. Solange, bis wir vor dem Haus stehen, in dem ich wohne.
Ich wohne im vierten Stock. Das ist zwar anstrengend ganz ohne Lift und im Vollsuff, aber es lohnt sich. Die Wohnung ist eine Altbauwohnung, hohe Decken, Parkett, große Fenster. Ich mag es hier und hoffe, dass sie es wegen dem schnoddrigen Stil mit einem Schuss Pariser Bohème auch tut. Sobald ich die Tür öffne, rede ich wie ein Wasserfall auf sie ein.
„Also, im Flur steht noch recht viel Müll, den ich los werden muss. Ich schiebe das immer vor mir her.“
Mein Fahrrad steht direkt neben der Tür, weil ich kein Schloss dafür habe und nicht will, dass es mir gestohlen wird. Manchmal, wenn ich mich selbst überschätze, radle ich damit in die Stadt.
Ihre Jacke hänge ich an den Kleiderhaken, der schon bessere Zeiten gesehen hat, und auf dem sich alle meine Jacken, Sommer wie Winter, türmen. Komisch, als ich die Wohnung verlassen hatte, wirkte sie etwas beeindruckender.
„Dann ist hier direkt die Küche, da drüben das Wohnzimmer, hier ein kleines Büro, da hinten das Bad. Und eben das Schlafzimmer.“
Wir stellen die Tüte in der Küche auf dem Esstisch ab. Er ist aus schwerem Holz, ein Schnäppchen vom Flohmarkt, auf das ich besonders stolz bin. Die Stühle sind ebenfalls vom Flohmarkt und passen nicht zusammen, sehen aber auf ihre Art schick aus.
Die Arbeitsfläche ist groß und strahlt im Glanz, der Kühlschrank surrt in der Ecke vor sich hin. In Regalen sammeln sich Gewürzmischungen, Kaffeetassen, Gläser und Bierflaschen.
Sie hat noch nichts gesagt, sieht sich alles in Ruhe an. Ich weiche nicht von ihrer Seite und betrachte meine Wohnung so kritisch wie noch nie. Manche Möbel habe ich in einem Anflug von Geldsegen gekauft, um mich selbst aufzuwerten. Wenn ein Projekt viel Geld eingebracht hat, dann habe ich mir ein neues Möbelstück gegönnt. Die Couch lädt jedes Mal zum Entspannen ein, auch jetzt würde ich mich gern einfach auf die Kissen werfen und TV schauen. Flat-Bildschirm, natürlich. Wieder so ein Versuch, mich zu etwas Besserem zu machen.
Das Regal an der Wand habe ich mit Stickern und Einladungen zu Partys in der Stadt verschönert. Kaum noch eine freie Stelle. Bücher über Bücher stapeln sich darin, dazu Magazine, DVDs und CDs, die ich über die Jahre gesammelt habe.
Maya greift nach einem Bildband über Kriegsfotografie und blättert es eher angewidert durch, stellt es zurück, nimmt ein Männermagazin vom Stapel und grinst.
„Das gehört nicht mir.“
„Natürlich nicht.“
Sie legt es zurück, liest mit schrägem Kopf die Titel der DVDs und CDs. Das Bild von Madonna, nackt am Straßenrand mit erhobenen Tramper-Daumen, betrachtet sie ebenfalls einen Moment. Es ist ein Kunstdruck, den ein Freund mir geschenkt hat. Eine nackte Frau im Wohnzimmer wünscht sich doch jeder Mann. Sie kommentiert es nicht, geht weiter, über den Flur, wirft einen Blick in mein Bürozimmer. Hier steht mein Laptop, noch immer aufgeklappt, das grüne Lämpchen blinkt. Der Scanner, der Drucker, ein zweiter PC daneben. Alles macht Geräusche, die mir sonst nicht auffallen.
„Ich arbeite viel von daheim, deswegen sieht es hier immer etwas chaotisch aus.“
Es ist eine dümmliche Entschuldigung, weil dieser Raum bisher als einziger wirklich mit Ordnung
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