5 Tage Liebe (German Edition)
meiner Brust liegen, genau über meinem Herzen. Sie scheint meinem Herzschlag zu spüren.
„Das wäre so schön.“
Die Traurigkeit in ihrer Stimme berührt mich an Stellen, die ich für tote Nervenregionen gehalten habe. Mich überkommt das Bedürfnis, ihre Welt zu verändern, ihr genau so eine Welt zu schenken, wie es eine ist, die nur in meinem Kopf existiert.
„Maya. Geht es darum?“
Aus dem Fragezeichen wird langsam aber sicher ein Ausrufezeichen.
„Behandlungen für autistische Kinder sind teuer. Wenn die Kasse es nicht anerkennt, dann musst du es selbst bezahlen.“
Wieder flüstert sie.
„Meine Mutter kann das Geld nicht aufbringen. Sie weiß nicht, was ich mache. Ich überweise ihr das Geld. Sie denkt, ich verkaufe Kunst.“
Ein bitteres Lächeln erscheint auf ihrem Gesicht, und ich bin mir nicht sicher, ob sie das schon mal einem anderen Mann erzählt hat. Ich setzte mich auf und warte, ob sie ihre Augen öffnet, was sie tut.
„Kein Mitleid bitte, Jonas.“
Aber ich habe kein Mitleid, ich bin einfach nur überrascht.
„Worüber reden wir hier eigentlich?“
„Über Fabian. Meinen Bruder.“
Ihre Stimme klingt gepresst. Als würde sie sich wehren wollen, all das auszusprechen, als würde ihr Körper es verhindern wollen.
„Ich wusste nicht, dass du einen Bruder hast!“
„Das wissen auch nicht viele. Jessie weiß es. Und jetzt weißt du es auch. Ich spreche nicht über meine Familie oder über andere Dinge.“
Sie zieht die Beine an den Körper und schlingt die Arme darum, als würde sie ein Kissen umarmen.
„Fabian ist fünfzehn. Wir haben alle Behandlungen versucht, du machst dir keine Vorstellung, wie viele Quacksalber da draußen herumspringen und versuchen, verzweifelten Familien das Geld aus der Tasche zu ziehen. Aber wenn du einen Funken Hoffnung hast, dann schaltet sich das Gehirn aus und du versuchst es. Das ist nur verdammt teuer.“
„Und deine Eltern?“
„Mein Vater ist gestorben, als Fabian acht war. Meine Mutter arbeitet als Reinigungskraft in einer Schule.“
Mir wird schlagartig bewusst, wie wenig ich über Maya weiß und wie viel ich noch lernen muss, bis ich das Gesamtkunstwerk verstanden habe. Sie weiß nicht viel mehr über mich, aber ich habe auch keine großen Geheimnisse. Ich bin wie die Bild-Zeitung: Schlagzeilen, aber leere Artikel. Maya ist anders, und in mir steigt die Spannung, ich will alles wissen und noch viel mehr. Ich will wirklich zuhören und dann helfen. Ich will für sie die Welt verbessern – das klingt verrückt und blöd; aber diese Traurigkeit, die immer mal wieder in ihren Augen auftaucht, macht jetzt Sinn.
„Sie verdient nicht genug um Fabian teure Behandlungen zu ermöglichen. Ich habe früher in einer Galerie gearbeitet, aber da kommt kaum etwas zusammen.“
„Aber Prostitution?“
„Zuerst war es nur das Strippen. Das hat genug Geld am Abend eingebracht. Dann bekam Fabian neue Medikamente, die teurer waren. Mama hat einen zweiten Job in der Nachtschicht angenommen. Meine Tante hat dann auf Fabian aufgepasst, aber der Kleine ist ziemlich wählerisch.“
Sie lächelt ein wenig, und ich spüre die Liebe, die sie für ihren Bruder empfindet.
„Er mag nicht jeden. Und er kann ziemlich zickig werden. Meine Tante hat das kaum einen Monat ausgehalten, also hat meine Mutter gekündigt.“
Sie streicht über eine längliche Narbe an ihrem Bein, die mir erst jetzt auffällt.
„Damals bekam ich das erste Angebot, mit einem Freier mitzugehen. Das Geld konnten wir gebrauchen und ich habe es mir so einfach vorgestellt. Ich würde einfach meinen Kopf ausschalten, ich tat es für Fabian, es würde sich lohnen.“
Ich sehe, wie die feinen Haare an ihren Armen sich aufstellen, die Erinnerung alleine reicht aus, um das Gefühl von damals aufleben zu lassen. Langsam lege ich den Arm um sie.
„Aus einem Freier wurden dann drei Stammkunden. Fabians Zustand hat sich mit den neuen Medikamenten verbessert. Ich dachte, das würde es rechtfertigen.“
Sie nimmt meine Hand und legt sie auf die Narbe an ihrem Bein.
„Bis ein Freier nicht bekommen hat, was er wollte.“
Ich fahre über die tote Haut und spüre Wut in mir aufkochen. Sie legt meine Hand an ihre Hüfte, wo eine weitere, jedoch kleinere Narbe ihren Körper ziert.
„Dann habe ich aufgehört. Fabian hat wieder andere Tabletten genommen und es ging ihm wieder schlechter.“
Mein Mund ist staubtrocken, aber ich presse die Worte trotzdem hervor.
„Also hast du wieder
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