50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
vor, daß einer, der gar keine gute Seite hat, die allerbeste Frau bekommt.“
„Allah ist groß! Bei ihm ist alles möglich!“
„Und ebenso kommt es vor, daß ein recht böses Weib einen sehr guten Mann bekommt.“
„Das ist die verkehrte Welt! So gibt es also bei euch wirklich böse Weiber?“
„Ja, einige wenige.“
„Schickt sie uns nur hierher! Wir werden sie kurieren.“
„Womit?“
„Sie bekommen nichts als Koloquinten zu essen und werden bis an den Kopf in den Sand gegraben. Das treibt alle bösen Eigenschaften aus dem Leib. Wir könnten sie euch sehr bald gebessert wiederschicken.“
„Das ist gut. Wir sollten ein Bündnis mit euch schließen, um euch unsere bösen Frauen in die Kur geben zu können. Hast du keine Tochter mehr, die unser Kaiser zur Besiegelung dieses Bündnisses heiraten könnte?“
„Nein“, meinte der Scheik ernsthaft. „Aber ich habe einen Sohn, der eine Tochter eures Kaisers nehmen könnte, wenn wir über den Preis einig werden, den er in Burnussen und Tüchern auszuzahlen hat.“
„Du könntest doch Hiluja hergeben!“
„Nein, die bekommen die Beni Mescheer.“
„Steht das unerschütterlich fest?“
„Ja.“
„So hast du wohl mit dem Scheik der Mescheer bereits diese Angelegenheit besprochen?“
„Besprochen und abgeschlossen. Hiluja sollte ihre Schwester besuchen, und nach ihrer Rückkehr wollten wir die Verlobung feiern.“
„O weh!“
„Warum klagst du?“
„Weil es da wohl besser gewesen wäre, wenn sie von den Tuaregs getötet worden wäre. Sie wird jedenfalls sehr unglücklich sein.“
„Das glaube ich nicht. Der Sohn des Scheiks der Mescheer ist ein sehr tapferer Mann. Sie wird ihn bald liebhaben.“
„Der, den sie liebt, ist wenigstens ebenso tapfer.“
„Ist er Scheik?“
„Nein.“
„Oder der Sohn oder Verwandte eines solchen?“
„Auch nicht.“
„Aber doch reich?“
„Sehr arm.“
„So mag er ja nicht daran denken, mein Eidam zu werden. Er ist kein Schwiegersohn für mich.“
„Aber sie lieben einander!“
„Oh, sie werden sehr bald nichts mehr voneinander wissen wollen. Die Liebe ist nur in der Ehe möglich. Was du da Liebe nennst, ist etwas ganz anderes.“
„So will ich dir wenigstens eins sagen: Du bist dem, den Hiluja liebt, großen Dank schuldig.“
„Warum?“
„Er hat ihr in Kairo einen großen Dienst erwiesen.“
„Allah! Meinst du etwa Hilal?“
„Hat sie von ihm gesprochen?“
„Ja. Ist er es?“
„Er ist es. Ich will es verraten.“
„So tut mir der arme Teufel leid! Er ist ein guter Junge und ein tapferer Krieger. Aber das ist auch alles. Er wird sich seine Liebe aus dem Kopf schlagen müssen. Er ist arm, es kann nicht sein.“
„Bedenke, daß sein Bruder Tarik auch arm ist und auch aus keiner berühmten Familie stammt.“
„Wie kommst du auf diesen? Er hat doch mit dieser Angelegenheit gar nichts zu tun.“
„Sogar sehr viel. Er hat sich auch zum Kampf gemeldet. Denke dir den Fall, daß ich unterliege und Tarik den Riesen besiegt, dann wird Badija sein Weib.“
„Ja, sie wird es.“
„Und du hast nichts dagegen?“
„Gar nichts. Er ist dann Scheik. Du siehst, welcher Unterschied da stattfindet.“
„Der Unterschied ist gar nicht so groß, wie du meinst. Ich will dir erklären, daß – ah, horch.“
Drei sonore, eigenartige Töne erklangen weit über das Lager hin. Der Muezzin hatte die Ruine bestiegen, und seine Stimme ertönte von oben herab:
„Im Namen des allbarmherzigen Gottes! Blickt empor zur Sonne, o ihr Gläubigen! Sie hat beinahe den Scheitelpunkt erreicht! Und blickt hinunter auf eure Füße. Der Schatten eures Körpers ist kaum noch eine Spanne lang. In wenigen Augenblicken also ist die Zeit des Kampfes gekommen. Versammelt euch an dem Ort desselben und preiset Allah, der dem Manne Kraft gegeben hat, zu kämpfen, zu siegen und zu vernichten. Allah illa Allah we Mohammed Rassuhl Allah!“
Er stieg langsam wieder hernieder. Sein Ruf war überraschend gekommen. Die Ankunft der Beni Abbas hatte die Beni Sallah so in Anspruch genommen, daß sie gar nicht auf die Zeit geachtet hatten. Jetzt eilte ein jeder, einen guten Platz zu erhalten. Alle, Männer und Frauen, Burschen und Mädchen, kamen herbei. Den Kindern war es natürlich verboten, mitzukommen; sie entschädigten sich aber dadurch, daß sie einzelne Parteien bildeten, die sich dann um ein Mädchen prügelten, die die Königin Badija vorstellte. Das gab Beulen und blaue Flecke genug und war viel hübscher
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