50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
sich gegen alle Eventualitäten für gerüstet. Er befürchtete nur noch, daß sein Gegner gar nicht erscheinen werde.
Darin hatte er sich aber geirrt, denn soeben kam Steinbach, von Normann begleitet.
Aller Augen richteten sich neugierig auf ihn, ob er wohl Angst verspüren möge. Aber es war ihm nicht das geringste anzusehen. Sein Gesicht hatte ganz die gewöhnliche Farbe, sein Auge blickte ruhig und mild; sein Mund lächelte leise. Das bildete freilich einen großen Gegensatz zu Falehd, der sich erhoben hatte. Dessen Augen starrten wie die eines wütenden Stieres auf Steinbach; seine Zähne waren zusammengebissen, und die quer über sein Gesicht laufende Narbe hatte sich dunkelrot gefärbt, ein sicheres Zeichen, daß Kampfeswut ihm das Blut emportrieb.
„Warum kommst du nicht?“ rief er Steinbach zornig entgegen.
„Hier bin ich ja“, antwortete dieser ruhig.
„Aber zu spät.“
„Für dich jedenfalls nicht.“
„Ein Tapferer läßt seinen Feind nicht warten.“
„Sieh deinen Schatten an. Es ist jetzt genau Mittag. Übrigens bin ich nicht gekommen, mich mit dir in Worten zu streiten. Taten sollen es tun.“
„Und sie werden es tun. Beginnen wir!“
Falehd wollte mit geballten Fäusten geradewegs auf Steinbach los; da aber trat ihm Kalaf entgegen:
„Halt! Vorher müssen wir vor allen diesen Zeugen die Regeln besprochen werden!“
„Regeln? Ich brauche keine Regeln!“
„Der Kampf soll ehrlich sein. Also vor allen Dingen, in welcher Kleidung wird gekämpft?“
„Jeder tut, was er will.“
„Gibt es Gnade?“
„Nein.“
„Das ist gegen unsere Gesetze. Der Kämpfer, der um Gnade bittet, muß geschont werden.“
„Das ist ehrlos.“
„Darum wird er aus dem Stamm gestoßen, aber sein Leben hat er doch gerettet. Nach welchen Regeln soll geschlagen werden?“
„Nach gar keiner Regel. Jeder schlägt so zu, wie es ihm beliebt.“
„Bist du damit einverstanden?“ fragte Kalaf Steinbach.
„Ja“, antwortete dieser.
„So wird die Königin das Zeichen zum Beginn geben.“
Der Riese warf den Burnus ab und stand da, nur noch mit der Hose bekleidet. Der nackte Körper war eingeölt, damit die Hand des Gegners abrutschen solle. Dieser mächtige Knochenbau schien gar nicht erschüttert werden zu können, und diese gewaltigen Muskeln waren wie aus Stahl gespannt.
„Also tot“, flüsterte ihm der Pascha zu.
„Auf den ersten Hieb schlage ich ihn nieder!“ antwortete Falehd, indem er mit geringschätziger Miene Steinbach musterte, der auch seinen Burnus abgeworfen hatte, aber sonst noch vollständig bekleidet war. Er hatte außerdem nicht einmal die türkische Jacke, die er unter dem Burnus trug, zugeknöpft.
„Um Allahs willen, ziehe dich aus!“ warnte der wohlmeinende Alte. „Er kann dich ja ganz leicht fassen.“
„Das wird er bleibenlassen.“
„Du bist unvorsichtig!“
„Pah!“
Jetzt trat tiefe Stille ein, und aller Augen richteten sich auf die Königin, die das Zeichen zum Beginn geben sollte. Da aber sagte ihr Vater mit lauter Stimme:
„So wie jetzt darf doch der Kampf nicht beginnen. Ist es hier nicht Sitte, daß vor dem Anfang sich die Gegner die Hände reichen als Versicherung, daß keiner den anderen übervorteilen werde?“
„Die Hand reichen? Diesem Hund?“ lachte der Riese auf. „Er ist nicht wert, daß ich ihn anspucke. Wie kann ich ihm da die Hand reichen! Der Hund mag nur herkommen, damit ich ihn erwürge!“
Damit streckte er Steinbach die beiden Fäuste entgegen. Dieser antwortete:
„Ich hatte es gut mit dir vor, aber da du mich auch hier noch mit Schimpfreden beleidigst, werde ich dich nicht so schonen, wie ich es beabsichtigte. Höre also: Mein erster Hieb wird dich dein linkes Auge kosten, der zweite die Zähne, und nach dem dritten wirst du zu meinen Füßen liegen.“
„Mensch, du bist toll! Bereits mit dem ersten Schlage werde ich dir den Schädel zerschmettern.“
„Gut. Versuche es!“
Steinbach stand da, mit dem Rücken nach der Königin gewendet, in einer Haltung, als ob er sich um nichts auf der Welt zu kümmern habe, die Hände in den Taschen seiner Hose. Der Riese hingegen hielt den Blick mit Spannung nach der Königin gerichtet.
„Na, schnell“, rief er. „Ich habe Durst nach dem Blut dieses Menschen.“
Man sah es Badija an, wie schwer es ihr wurde. Jetzt aber erhob sie die Hand.
„Los!“ sagte Kalaf.
Es ist gar nicht zu beschreiben, mit welchem Ausdruck die Hunderte von Gesichtern sich nach dem Kampfplatz richteten.
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