50 - Schatten über Kregen
er sich befand. Die Herren der Sterne hatten nicht auf ihre thaumaturgische Macht zurückgegriffen und ihren blauen Riesenskorpion ausgesandt, um mich in die Höhe zu reißen und an einer anderen Stelle Kregens wieder abzusetzen. Sicher, das Seegras war magisch beeinflußt gewesen, da bestand kein Zweifel. Doch bis der blaue Skorpion der Everoinye oder ein anderes Hilfsmittel aus ihrem Zauberarsenal auftauchte, bewegte ich mich in einer weltlichen Welt.
Also gab es einen anderen Weg nach draußen. Ich mußte ihn nur finden. Queyd-arn-tung, wie man auf Kregen sagt, mehr braucht dazu nicht gesagt werden.
Als ich mich auf die Suche nach dem Ausgang machte, fragte ich mich, was diese bis jetzt dem Galgen entkommenen schurkischen Herren der Sterne wohl im Schilde führten.
Sollte es Ahrinye gelingen, sich gegenüber den anderen Everoinye durchzusetzen, dann würde er mich verheizen, bis ich das Ende meiner Kräfte erreicht hätte. Ich hatte eine dunkle Ahnung, was er tatsächlich von mir wollte, obwohl seine Motive – vom Offensichtlichen abgesehen – in der Unergründlichkeit verborgen blieben, die die Gedankenzüge eines Herrn der Sterne auszeichneten.
Wenn ich hinzufüge, daß ich eigentlich gar nicht darüber nachdenken wollte, wie Ahrinyes Pläne aussahen, dann dürfte das sicher allen verständlich sein.
Der Korridor führte geradeaus zu der Stelle, an der der Stuhl vom Aufzug aus gestartet war. Also suchte ich den ovalen Raum methodisch nach einer zweiten Tür ab.
Die Schärpe wurde nicht länger an dem Stopfen gebraucht, und ich schwenkte sie durch die Luft. Sie würde wieder trocknen.
Meine ausgiebige Erfahrung im Aufspüren von Geheimtüren und in Wänden verborgenen Gängen kam mir nun zugute. Der Raum war eher wie ein Ei als wie ein Oval geformt. Am stumpfen Ende gab es an der Wand jene kleine, oft so verräterische optische Verzerrung, die auf eine Möglichkeit hinwies.
Eine gewissenhafte Suche enthüllte die Antwort. Ich holte tief Luft, richtete mich auf und drückte gegen die Wand.
Mit einem kaum wahrnehmbaren schabenden Geräusch drehte sich eine ovale Tür auf ihrer Achse.
Ein Schwall abgestandener Luft kam mir entgegen.
Das war es also. Die Dunkelheit war nicht total. In der Ferne schienen viele kleine flackernde Lichter zu tanzen. Der Boden war mit Kies bedeckt. Meine Schritte knirschten. Das gefiel mir nicht, da ich mich für gewöhnlich so leise wie möglich bewege.
Nach ein paar Metern entdeckte ich, was es mit den vielen Lichtern auf sich hatte. Eine in einem rechten Winkel stehende und mit zahlreichen kleinen Facetten versehene Kristallwand reflektierte das Licht, das seinen Ursprung irgendwo auf ihrer anderen Seite hatte.
So leise wie möglich umrundete ich die Wand.
Ein Labyrinth aus Kristallsäulen verbreitete Licht in jede Ecke. Hunderte von Spiegel zeigten mein verzerrtes Abbild. Die funkelnde Unbeständigkeit dieses Ortes besaß eine seltsame Schönheit. Abgesehen von meinen Bewegungen störte kein Laut das Funkeln und Glitzern. Verführerischer Blumenduft hing in der Luft, an manchen Stellen war er kaum wahrnehmbar, an anderen wiederum überwältigend.
O ja. Auf der Erde hätte man diese funkelnde Kristallhöhle mit dem Wort magisch beschrieben. Auf Kregen hingegen bedeutet magisch auch magisch. Die Kristalle, Felsen und Lichter hatten nichts mit Zauberei zu tun. Dieses Spektakel war ein Wunder der Natur, das Resultat von Äonen und den langsamen Bewegungen des Erdbodens selbst.
Obwohl mir diese feenhafte Grotte sehr gefiel, mußte ich einen Weg durch sie hindurch finden, und das, bei Krun, wäre nicht einfach.
Trotz dieser Entscheidung und meiner gewöhnlichen Entschlossenheit, ohne Rücksicht auf Schwierigkeiten weiterzumachen, mußte ich der starken Versuchung widerstehen, angesichts dieser verschwenderischen Zurschaustellung der Pracht der Natur den Atem anzuhalten. Welch ein närrischer Einfall! Ich hätte eine scharfe Bemerkung im Sinne von Makki-Grodno machen und dann weiter geradeaus stürmen sollen.
Doch so hatte ich das leise Gefühl, ein Sakrileg zu begehen, als ich ausprobierte, wie leicht der Kristall unter meiner Klinge nachgab.
Das funkelnde Zeug ließ sich mühelos abschaben. Ich fügte im Prinzip nur eine neue Facette hinzu – nur daß hinter meinen Bemühungen ein Sinn steckte. Sollte mich mein Weg an diese Stelle zurückführen, wußte ich, daß ich hier bereits vorbeigekommen war.
Da dies nun geklärt war, begab ich mich in den glitzernden
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