50 Shades of Gay: Erotischer Roman (German Edition)
wie ich vor dem ›Eleven‹ einer Transe auf den Fuß trat und sie mir »Schande!« hinterherschrie.
»Wie wär’s mit Abendessen? Morgen vielleicht?«
Ich versuche, mir eine Ausrede einfallen zu lassen. Darin bin ich ultraschlecht. Ich habe den Vorwand mit der toten Großmutter schon so oft benutzt, dass ich ungefähr achtundzwanzig Omas gehabt haben muss.
»Morgen kann ich nicht. Am Wochenende geht’s auch nicht, aber vielleicht irgendwann nächste Woche?« Das ist, wie jeder weiß, die nette Art zu sagen: nein.
»Okay, klar. Klingt gut.« Ich höre, wie sein Tonfall sich verändert – er klingt enttäuscht. »War schön, mit dir zu reden, Alex. Schönen Abend noch.«
Er legt auf, und ich habe einen kurzen Moment lang ein schlechtes Gewissen, ihn abgewiesen zu haben. Josh ist immer nur nett zu mir gewesen. Als wir uns das erste Mal bei der Arbeit trafen, ließ ich ein ganzes Tablett leerer Weingläser auf den Boden fallen. Ich wusste, dass mich das den Job kosten könnte, aber ehe ich etwas sagen konnte, nahm Josh die Schuld auf sich.
Meine offene Google-Suche fällt mir wieder ins Auge und reißt mich aus meinen Erinnerungen. Ich mache mich wieder an die Arbeit. Ich fange mit der grundlegenden Frage an: ›Was ist BDSM?‹ Eine Wikipedia-Seite taucht auf und erklärt die Geschichte des BDSM. Ich überfliege das nur, weil ich nicht an der Geschichte, sondern an der Gegenwart interessiert bin. Beim Scrollen fallen mir Worte wie ›Folter‹, ›Schmerz‹ und ›Schläge‹ ins Auge. Ich kann kaum glauben, was ich da lese. Ich kann nicht fassen, dass so viele Leute so etwas schön finden. Am allerwenigsten fasse ich allerdings, dass ich das Ganze trotzdem in Erwägung ziehe.
Jedes neue Detail und Suchergebnis, jeder Artikel, jede Information und jedes Video, das ich sehe, schockiert mich noch mehr. Das ist echt harter Tobak. Die Sache mit der Krawatte als Handfessel in Taylors Bett war völlig harmlos im Vergleich zu dem Zeug, auf das ich stoße. Beim Lesen erkenne ich viele der Geräte aus Taylors Geheimkammer wieder.
Ich fühle mich überfordert, und als ich zum zweiten Mal versuche, einen Artikel zum Thema ›Züchtigung mit dem Rohrstock‹ zu lesen, komme ich zu dem Entschluss, die Nachforschungen für heute lieber sein zu lassen und ins Bett zu gehen. Ich werde morgen über alles nachdenken, sage ich mir. Das ist jedoch gelogen, denn beim Einschlafen tanzen mir Bilder von Reitgerten und Lederpaddeln vor den Augen.
16
Nach dem Aufwachen sehe ich auf meinem Handy als Erstes eine E-Mail von Dwight Press, dem New Yorker Verlag, bei dem ich mich um eine Stelle als Lektoratsassistent beworben habe. Bei dem Verlag haben einige meiner Lieblingsautoren einige meiner Lieblingsbücher veröffentlicht. Vor gut zwei Monaten habe ich ihnen aus einer Eingebung heraus eine Blindbewerbung geschickt – es ist also so lange her, dass ich es schon wieder vergessen hatte. Die Bewerbung war nicht besonders gelungen. Ich hatte neben den Artikeln, die ich für Matty und den Blog vom Star Report schrieb, auch ein paar meiner Kurzgeschichten beigefügt und nicht erwartet, je eine Antwort zu erhalten. Bis jetzt.
Die E-Mail lautet:
Lieber Alex,
mein Name ist Alicia Potter, und ich bin Lektorin bei Dwight Press. Ich habe Ihre Bewerbung und Ihre Probetexte gelesen. Ich finde, Sie sind ein wunderbarer Autor mit einer ganz eigenen Stimme. In meinen Augen würden Sie sehr gut zu unserem Verlagshaus passen.
Für die Stelle als Lektoratsassistent kommen derzeit zwei Kandidaten in Frage, und Sie stehen ganz oben auf der Liste. Haben Sie vor, in nächster Zeit nach New York zu kommen, und falls nicht, wäre ein Telefonat möglich?
Ich würde mich freuen, bald von Ihnen zu hören.
Mit freundlichen Grüßen,
Alicia Potter
Lektorin, Dwight Press
Ich kriege kaum einen klaren Gedanken gefasst. Dwight Press ist mein Traum. Die Bücher, die sie veröffentlichen, hätte ich selbst gern geschrieben, und die Kontakte, die ich dort knüpfen könnte, wären unbezahlbar. Ich sehe mich schon auf dem Weg zur Arbeit, wie ich mit einem Kaffee im Pappbecher aus der U-Bahn komme, eine lederne Aktentasche voller Manuskripte unterm Arm … und hoppla, schon habe ich mir den heißen Kaffee über die Hand geschüttet, aber das ist mir egal. Schließlich bin ich jung und in New York! Ich möchte die E-Mail sofort mit einem ›Ja! Ja! Ja!‹ beantworten, lasse es aber. Ich sollte besser noch etwas über die Pros und Contras nachdenken.
Erstens:
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