51 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 03 - Jagd durch die Prärie
und links die Büsche zu durchdringen. Zuweilen neigte er den Kopf zur Seite, um auf irgendein Geräusch zu lauschen. In solchen Augenblicken hielt er das Gewehr schußfertig in der Hand.
So ritt er langsam weiter. Sein mageres Pferd war höchst ermattet, und auch er selbst schien ermüdet zu sein. Eben kam er an einem kleinen Gebüsch vorüber. Da war es ihm, als habe er inmitten desselben ein leises Rauschen vernommen. Er hielt sein Pferd an und lauschte – vergeblich. Also ritt er weiter, fuhr aber erschrocken zusammen, denn:
„Puff, paff!“ hatte es aus dem Busche hervorgeklungen, aber nicht aus einem Gewehre, sondern aus einem menschlichen Munde.
So wie der Reiter war auch das Pferd erschrocken. Er hielt es abermals an; dann fragte er:
„Wer da?“
„Wer bist du?“
„Das was du bist.“
„Nun, was denn?“
„Ein Esel, ein Dummkopf, ein Rindvieh!“
„Sapperment! Laß dich doch einmal sehen!“
„Gleich, Gevatter!“
Jetzt bewegte sich das Gebüsch, und der Sprecher trat heraus. Bei seinem Anblick bäumte das Pferd des Reiters hoch empor, so daß dieser Mühe hatte, das Tier zu zügeln. Der Anblick dieses Mannes war aber auch zum Erschrecken. Seine kleine, außerordentlich dicke Figur war ganz und gar in ein Gewand aus Bärenfell gekleidet, das, mit der behaarten Seite nach außen gewandt, bereits so viele Haare verloren hatte, daß der Mann einem geschundenen Ungetüm ähnlicher war, als einem menschlichen Wesen. Ebenso sah seine Pelzmütze aus. Sein Gesicht aber war frisch, und seine Äuglein blickten ganz lustig in das im hohen Grad erstaunte Gesicht des Reiters.
„Good day!“ grüßte der Dicke lachend.
„Good day!“ antwortete der andere.
„Nun, seid Ihr fertig mit Eurer Verwunderung? Ihr sperrt ja den Schnabel auf, als ob Ihr mich, wie ein Storch den Frosch, mit Haut und Haar verschlingen wolltet!“
„Danke sehr! Eure Haut und Euer Haar sehen nicht so appetitlich aus, daß ich Euch verschlingen möchte. Aber wie kommt es, daß Ihr Euch einen Esel nennt?“
„Mich nicht allein, sondern Euch auch.“
„Schön! Warum aber?“
„Weil wir beide uns hier im Westen herumtreiben und könnten es doch besser haben.“
„Möglich bei Euch, bei mir aber nicht.“
„So, so! Hm, hm!“
Der Dicke musterte den Reiter mit scharfen Blicken, schüttelte den Kopf und fragte:
„Wo habt Ihr denn Euren Wagen?“
Der andere machte eine Bewegung, als ob er erschrecke, betrachtete den Dicken nun seinerseits mit einem Blick, in dem sich das deutlichste Mißtrauen aussprach, und sagte:
„Wie kommt Ihr auf die Idee, mich nach einem Wagen zu fragen?“
„Weil Ihr einen solchen habt.“
„Oho!“
„Schreit oho so viel Ihr wollt! Ihr reitet Eurem Wagen voraus, um den Weg zu suchen und Euch einen Braten zu schießen.“
„Verdammt! Habt Ihr mit den Halunken gesprochen?“
„Nein.“
„Nein? Ihr antwortet so bestimmt. Ihr wißt also, wen ich meine?“
„Nein.“
„Oho!“
„Abermals oho? Gewöhnt Euch das ab!“
„Unsinn! Steht mir Rede und Antwort, sonst werde ich Euch den Mund öffnen.“
„Etwa so weit wie der Eurige war, als Ihr mich erblicktet? Versucht es einmal!“
„Warum nicht? Hier ist mein Zahnbrecher!“
Der Reiter deutete auf seine Büchse.
„Und hier der meine!“
Der Dicke zeigte sein Gewehr. Der andere sah es an, lachte verächtlich und meinte:
„Eine schöne Grete! Was ist denn das für ein Prügel, he?“
„Grete? Das muß eine Verwechslung sein. Dieser Prügel heißt nicht Grete, sondern Auguste.“
„Hört, Mann, denkt ja nicht, daß ich Spaß mit Euch mache. Ihr kommt mir verdächtig vor. Ihr habt mich nach meinem Wagen gefragt, und das fällt mir auf. Ihr leugnet, die Halunken gesehen zu haben, und ich verlange aufrichtige Antwort!“
„Und wenn ich sie nun nicht gebe?“
„So werde ich Euch zwingen. Ihr dürft nicht denken, daß ein Westmann nur zum Spaß fragt!“
Der Dicke betrachtete sich den Reiter abermals, lachte lustig auf und sagte:
„Ihr ein Westmann? Pshaw! Das macht Ihr mir nicht weis! Wißt Ihr, wie Ihr mir jetzt in diesem Augenblick vorkommt?“
„Nun?“
„Wie ein ehrsamer, deutscher Förster, der einen Holzdieb ertappt hat und diesen nun nach Pflicht und Gewissen ins Gebet nimmt.“
„Verdammt! Eure Augen sind nicht übel. Aber was wißt Ihr von Deutschland?“
„Wohl mehr als Ihr. Oder solltet Ihr –? Hm, Euer Englisch schmeckt nach Holzasche. Es wäre wahrhaftig möglich, daß Ihr da drüben in
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