51 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 03 - Jagd durch die Prärie
gehalten. Während der ganzen Unglücksbotschaft war ihr kein Wort des Schreckes entfahren, denn sie war viel zu stolz und verachtete Leflor viel zu sehr, als daß sie ihn hätte merken lassen wollen, wie tief sie von dem Verlust, der sie treffen sollte, erschüttert sei. Jetzt aber stand sie stolz und erhobenen Hauptes vor ihm, um ihm zu sagen, was sie zu sagen hatte, und fragte streng:
„Was würdet Ihr tun, wenn Ihr mein Vater wäret, Monsieur Leflor?“
„Ich würde Euch befehlen, meinen Willen zu tun.“
„Und wenn ich nicht gehorchte?“
„So würde ich Euch zwingen.“
„Womit?“
„Mit – mit – mit allem, womit man ungeratene Kinder zu zwingen vermag.“
„Nun, mein Vater ist nicht so unglücklich, ungeratene Kinder zu besitzen. Schade, daß der Eurige nicht mehr lebt. Er könnte das von Euch erwähnte Experiment an Euch vornehmen. Mein letztes Wort ist gesprochen. Eure Anwesenheit hat keinen Zweck mehr. Ihr könnt gehen!“
Almy stand, trotz ihrer Jugend, da wie eine Königin. Ihr erhobener Arm zeigte nach der Tür. Ihre Augen blitzten. Sie war in ihrem Stolz, in ihrem sittlichen Zorn, in ihrer weiblichen Entrüstung so schön, so entzückend schön, daß Adler kein Auge von ihr zu wenden vermochte.
Aber Leflor ging es ebenso. Er vergaß zu gehen. Er blieb stehen, das Auge auf sie gerichtet, als ob er sie verschlingen wolle.
„Nun?“ rief sie.
Da fuhr er zusammen und griff nach seinem Hut.
„Also wirklich?“ fragte er.
„Wirklich! Keinen Augenblick länger, sonst rufe ich nach der Dienerschaft.“
Bereits hob er den Fuß, um zu gehen. Da aber übermannte ihn der Eindruck ihrer Schönheit; er wandte sich zurück und rief, seiner nicht mehr mächtig:
„Ja, ich gehe, aber nur einstweilen; dann komme ich zurück, um dich zu meinem Weib zu machen. Du wirst es, du wirst! Ich schwöre es! Wenn alle Engel und alle Teufel dagegen wären, du würdest dennoch mir gehören. Du bist mein Eigentum. Hier ist das Zeichen!“
Zwei schnelle Schritte, und er ergriff sie, riß sie in seine Arme und wollte sie küssen. Sie stieß einen Schrei aus und beugte das Köpfchen zur Seite. In demselben Augenblick aber hatte auch schon Adler ihn am Hals gefaßt, so daß der Freche nun seinerseits einen lauten Schrei ausstieß. Adler warf ihn wie einen Ball an die Tür, so daß sie aufsprang und Leflor im Vorzimmer hinstürzte. Ehe er sich erheben konnte, hatte ersterer ihn schon wieder gepackt und schleuderte ihn zur vorderen Tür hinaus.
Natürlich flog Leflor auf die steinernen Platten des Flurs. In dem letzteren aber stand der Neger, der den Weißen noch erwartete. Als er ihn jetzt in diesem Zustand erblickte, sprang er auf ihn zu und rief lachend:
„O Jessus, Jessus! Wer kommt da? Massa Leflor kommt geflogen! Soll weiter fliegen!“
Dann griff auch er den Weißen vom Boden auf, schüttelte ihn, als ob alle Knochen klappern sollten, und warf ihn vollends zum Tor hinaus. Das ging so gedankenschnell, daß jetzt erst Adler aus der Tür trat. Er sah Leflor nicht, aber den Schwarzen und fragte:
„Wo ist der Kerl?“
Der Neger lachte im ganzen Gesicht, so daß sein Mund von einem Ohr bis an das andere reichte, deutete hinaus auf den Vorplatz und antwortete:
„Dort liegt er, Massa! Soll ich ihn noch über den Garten wegwerfen und nachher vielleicht noch in die Wolken hinauf?“
„Nein, mein Lieber! Er hat genug. Laß ihn laufen!“
„Er wird schnell genug machen, daß er fortkommt.“
Adler trat unter das Tor, schoß, um allen Eventualitäten vorzubeugen, sämtliche Schüsse des Revolvers ab, warf ihn seinem Besitzer nach, befahl dem Schwarzen, letzteren nicht wieder einzulassen, und kehrte dann zu Vater und Tochter zurück.
Leflor hatte keinen Schaden genommen, aber es war ihm, als stecke er in einer Pauke, auf der tausend Musikanten herumtrommelten. Er sagte kein Wort, raffte sich und seinen Revolver von der Erde auf und hinkte davon. Es war natürlich vorauszusehen, daß er alles aufbieten werde, sich auf die eklatanteste Weise zu rächen. – – –
Eine geraume Zeit nach den soeben geschilderten Ereignissen ritt ein einsamer Mann langsam den Wellen eines kleinen Baches entgegen, der von einer fernen Höhe kam. Diese Höhe schien das Ziel des Reiters zu sein.
Er war kein junger Mann mehr und hatte jedenfalls die Fünfzig bereits zurückgelegt. Sein Gesicht war wetterbraun, aber das Auge blickte hell und jugendfrisch in die Ferne.
Doch nicht bloß in die Ferne. Es suchte auch rechts
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