51 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 03 - Jagd durch die Prärie
Gefährte hatte einen außerordentlich wohltuenden Eindruck auf sie gemacht. Sein Blick war so treu und sein Gesicht so voller Aufrichtigkeit. Alles, was er gesagt hatte, hatte so gut geklungen. Und sie dachte auch an das, was morgen unternommen werden sollte. Jedenfalls gab es Gefahren dabei. Waren diese groß? Sie hätte es so gern gewußt. Sie wollte lieber auf ihr geraubtes Geld verzichten als zugeben, daß deshalb ein Menschenleben verlorengehe. Sie stand auf, um mit Sam zu sprechen, entfernte sich vom Feuer und versuchte, mit ihrem Blick die Dunkelheit zu durchdringen, um zu sehen, wo er stehe.
Sam hatte sie wohl gesehen und kam näher.
„Sie schlafen nicht, Miß Rothe?“ fragte er.
Das klang so eigentümlich. Er, der Deutsche, gab ihr diesen amerikanischen Titel, den Titel einer unverheirateten Dame. Es war ihm so in den Mund gekommen. Er hatte sie als Mädchen gekannt und wollte sie sich nicht als die Frau eines anderen denken. Das eigentlich richtige Wort Mistreß war ihm gar nicht in den Sinn gekommen.
„Noch nicht“, antwortete sie.
„Und doch haben Sie es so nötig. Erst das anstrengende Laufen und dann der rasche Ritt. Sie sollten wirklich die Ruhe suchen. Man weiß nicht, wie Sie sich vielleicht morgen werden anzustrengen haben.“
„Oh, die Anstrengung achte ich nicht. Aber es wird morgen Gefahren geben. Sie werden vielleicht mit den Räubern zu kämpfen haben. Jeder Kampf bringt Gefahr!“
„Nein, nicht jeder. Der Kampf zum Beispiel, den wir morgen wahrscheinlich haben werden, ist eigentlich gar keiner zu nennen. Wir folgen den Kerlen; holen wir sie ein, so schleichen wir vorsichtig nahe, so daß sie uns gar nicht bemerken. Dann schießen wir sie einfach nieder und haben alles, was sie bei sich führen.“
„Das ist doch gräßlich!“
„Oh, meinen Sie etwa, daß wir zu diesen Halunken vielleicht in ritterlicher Weise sagen sollen: ‚Hört einmal, wir kommen, um euch zu erschießen. Da sind wir. Nun seid gescheit und verteidigt euch‘?“
„Nein, das meine ich nicht, sondern es ist mir schrecklich, daß diese Leute getötet werden sollen. Ein Menschenleben ist doch ein kostbares Gut.“
„Ja, das ist es zuweilen. Aber wenn einer sein Leben nur benutzt, um Schandtaten zu vollbringen, so muß man es ihm nehmen. Sehe ich irgendwo ein giftiges Kraut wachsen, so reiße ich es aus und denke nicht daran, daß es auch geschaffen worden ist. Und dieses Kraut kann nicht dafür, daß es giftig ist; der Mensch aber ist selbst schuld, daß er schlecht und gottlos ist.“
„Und dennoch sollen wir barmherzig sein!“
„Hm! Ja! Hm! Barmherzig!“
Sam wußte nicht, was er ihr antworten sollte.
„Können Sie denn das Geraubte nicht vielleicht ohne Blutvergießen wiederbekommen?“
„Ohne Blutvergießen? Hm! Ohne Kampf? Diese Kerle werden es nur nicht freiwillig wieder hergeben wollen.“
„So gebrauchen Sie doch lieber List als Gewalt.“
„List? So, so! Nun, ich will Ihnen etwas sagen, Mylady: Man nennt mich den dicken Sam, und der dicke Sam ist als ein listiger Kerl bekannt.“
„Ja, ich habe Sie betrachtet, und –“
„Und wie bin ich Ihnen denn da vorgekommen?“
„Sie haben soviel Aufrichtiges und Treuherziges an sich, daß man gleich Vertrauen zu Ihnen fassen muß. Dabei haben Sie aber in Ihrem Gesicht etwas so Schlaues und Pfiffiges, daß –“
„Wie? Schlau und pfiffig bin ich Ihnen vorgekommen? Nun, da haben Sie sich sehr verändert. Ich dachte, Sie hätten mich für dumm gehalten.“
Es fielen ihm nämlich die Worte ein, die der Förster gesagt hatte.
„Ich Sie für dumm gehalten? Wer hat das gesagt?“
„Das hat Ihre Schwe – ah, ich dachte nur so.“
„Da haben Sie sich geirrt. Also, Sie haben etwas so Pfiffiges an sich, und da denke ich, daß Sie vielleicht Mittel und Wege finden werden, den Dieben ihre Beute auch ohne Gewalt abzujagen.“
„Da gibt es nur ein Mittel und einen Weg: Man müßte ihnen das Gestohlene wieder mausen. Aber das ist doch eigentlich eine Dummheit. Was man mir gestohlen hat, kann ich offen wieder fordern.“
„Da gibt es aber Kampf.“
„Das schadet ja gar nichts. Wenn ich mich als Dieb an diese Kerle schleiche, muß ich gewärtig sein, erwischt zu werden, und dann strangulieren sie mich.“
„O wehe! Das wäre schlimm!“
„Pah! Ein Mensch weniger, das schadet nichts!“
„Nein, so dürfen Sie nicht sprechen. Meinetwegen soll Ihnen kein Leid geschehen.“
„Oh, Ihretwegen ist mir schon früher – verdammt! Da
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