51 - Mord auf Kregen
wie paßt das verfluchte übernatürliche Ungeheuer in die Angelegenheit?« Ich verspürte neuen Auftrieb. »Es stimmt. Wir haben eine Spur. Wir müssen nur noch viel mehr herausfinden.«
Immerhin hatten wir einen Namen. Einen Namen, der vielleicht die entscheidende Spur darstellte.
Der Name lautete Tralgan Vorner.
15
Drak schrieb, daß seine und Sildas offizielle Reise durch das südwestliche Vallia erfolgreich verlaufe. Meine Jungs vom Wachkorps hatten gerüchteweise mitbekommen, daß ihr Kendur wieder in Vallia sei. Sie wurden unruhig. Drak sagte, er werde sie sehr bald entlassen müssen, damit sie in Urn Vennar zu mir stoßen könnten. Mein Bericht über Nazabni Ulana Farlan hatte ihn enttäuscht. Er hatte Didi geschrieben und ihr mitgeteilt, daß er Ulana von ihrem Posten ablöse. Man werde sie bitten, sich für kurze Zeit an den Hof zu begeben. Silda wollte mit ihr sprechen. Drak schickte einen Gouverneur, der die Provinz übernehmen sollte. Es handelte sich um Nath Verunder, ein Kerchurivax der Dritten Phalanx, der nach einer Verwundung weitergedient hatte, jetzt aber als Gouverneur besser beschäftigt war. Er würde in zwei Tagen mit dem Flugboot eintreffen.
Dann schrieb Drak, er sei sehr bestürzt über die Berichte der blutigen Mordtaten in Urn Vennar. Unternähme ich denn rein gar nichts?
An dieser Stelle hörte ich auf zu lesen und machte eine Bemerkung über Makki-Grodno. Natürlich war mir mein Ältester nicht ganz fremd, und ich wußte, daß er mir damit nur eins hatte auswischen wollen. Tja, bei Vox, diese kleine Schwäche hatte er genauso von Delia wie von mir geerbt.
Drak schrieb, daß solche Greueltaten genau die Art von Geschehen seien, die nach der Zeit der Unruhe in Vallia nicht mehr hatten vorkommen sollen. An dieser Stelle hatte die Feder sich tief in das Papier eingegraben. Da Drak den Brief wahrscheinlich diktiert hatte, war es offensichtlich, daß der Stylor seine Nase tief über dem Papier gehabt und schreckhaft auf Draks Stimmung reagiert hatte.
Sobald die Rundreise vorbei sei, werde er Didis Provinz besuchen und dort für Ordnung sorgen.
Ja, das war mein Sohn Drak, ein richtiger blaublütiger Herrscher, und ich hätte es auch nicht anders haben wollen. Silda schickte ihre Liebe. Die Unterschrift war in energischen großen Zügen geschrieben und hatte sich noch viel tiefer in den Brief eingegraben als die Schrift des nervösen Stylors.
Die Sonnen von Scorpio erhellten noch immer den Himmel über Urn Vennar, und das Leben ging weiter. Obwohl die Leute unter sich blieben und ihre Wege und Treffen sorgfältiger planten, herrschte bis jetzt noch nicht das Gefühl, daß Gafarden einer großen Krise gegenüberstand. Die Leute wußten, daß es sich bis auf Elten Lodermair bei allen Mordopfern um Angehörige der Palastwache handelte, und sie dachten sich auf ihre bodenständige Weise, daß er nicht ganz dem entsprochen hatte, was man von einem vallianischen Adligen erwartete. Diese Tatsachen spendeten ihnen Trost, und sie glaubten, daß der Mörder nicht in ihre Nähe kommen werde.
Das Leben in Gafarden ging also weiter, wenn auch mit einem gewissen Unbehagen. Naghan Raerdu zog alle Register seiner Kunst, um weitere Geheimnisse dieser Affäre ans Licht des Tages zu zerren. Tobi Vingal kam an einem Morgen beschwingt von Frühlingsgefühlen herein. Er brauchte es mir gar nicht zu sagen, aber er tat es trotzdem. Er hatte eine neue Liebe gefunden. Ihr Name, sagte er und berührte die Lippen mit den Fingerspitzen, sei Tassie. Und sie sei so wunderbar. Vielleicht habe sich sein Glück endlich gewandelt. »Ausgezeichnet, Tobi«, sagte ich kurz angebunden. »Und jetzt such Yavnin Purvun und Nalgre Nevko und frage sie, ob sie Lust hätten, uns auf einem kleinen Ausflug zu begleiten. Wir wollen den neuen Nazab Nath Verunder begrüßen.«
»Quidang!« Er öffnete die Tür, die wie gehabt quietschte, drehte sich dann aber noch einmal um. »Jis ... äh ...« Er hustete. »Darf ich Tassie mitbringen?«
»Ja«, sagte ich, ohne eine Miene zu verziehen. »Oh, und du solltest Yavnin besser fragen, ob er in Begleitung der Dame Ahilya kommen möchte.«
Er nickte, und die Tür fiel hinter ihm mit einem Knall ins Schloß.
Der nächste Punkt auf der Tagesordnung bestand darin, den Ersten Pallan nach den genauen Umständen der Verhandlung und der Hinrichtung Tralgan Vorners zu befragen.
Nath Swantram breitete die Hände aus. Es sei eine ganz normale, alltägliche Angelegenheit gewesen. Vorner
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