51 - Mord auf Kregen
er der festen Überzeugung war, daß sich in diesem Fall ein Schwert zwischen seine Rippen bohren würde. »Es tut mir leid, daß ich dir diese Bürde auferlegen muß, Vamgal. Aber du bist gerade da, und jemand muß es tun.«
Deldar Vamgal stieß mit mannhaft gedämpfter Stimme ein »Quidang!« aus. Ich überließ den Arm des Ochs Vamgals eisernem Griff. Der Deldar schob sein eindrucksvolles, vor Enttäuschung verzerrtes Gesicht vor Rampas' Antlitz.
»Du kommst mit mir. Rampas, richtig? Wenn du auch nur niest, kannst du deine Gedärme vom Pflaster aufsammeln.«
Es gab eine gewisse Verzögerung, als die Männer ihre Stellung einnahmen. Ich erkannte, daß meine Befehle, den Och betreffend, voreilig gewesen waren. Er mußte Naghan und mich bis zu den Wächtern bringen. Ich gab Deldar Vamgal der Arm ein Zeichen; er löste sich wie ein Geist aus den Schatten.
»Kendur?« Er hielt Rampas sicher am Ohr.
»Ich übernehme deinen Schützling, Rampas. Wir brauchen ihn.«
»Ich habe verstanden, Jis. Er war so gut wie Gold und so still wie ein Woflo.«
Natürlich hatte sich der Dieb im Gewahrsam eines Deldars des Wachkorps brav benommen.
Schwaches rosafarbenes Mondlicht drang in die Tiefe, als ein paar Wolken auseinandertrieben. Den Dieb zurückzuholen, hatte uns aufgehalten. Wir mußten handeln.
Naghan und ich nahmen Rampas sicher in die Mitte und traten auf dem Pflaster ins Mondlicht. »Langsam.« Ich sprach leise, aber sehr scharf, und Rampas zuckte zusammen.
Die drei Wächter sahen uns und versammelten sich. Zweifellos waren sie bereit, uns in das Haus zu führen oder auf der Stelle niederzustechen. Das letztere lag wohl im Ermessen eines gewissen zur Zeit etwas verängstigten Och-Diebes.
Der ohrenbetäubende Höllenlärm, der im Inneren des Gebäudes aus heiterem Himmel losbrach, zerriß die Anspannung des Augenblicks. Durchdringende Schreie fassungslosen Entsetzens erschollen.
Die Wächter fuhren herum, Waffen blitzten in ihren Händen auf. Rampas blieb ruckartig stehen. Das schreckliche Getöse erscholl – und verstummte. Stille legte sich über die Welt, lauter als jedes Donnern.
Die Wächter stießen die Tür auf und eilten ins Hausinnere. Wir ließen den Dieb los und rannten hinter ihnen her. Ich winkte, um meinen Kampeons den Befehl zu geben, daß sie uns folgen sollten. Der Lärm ihrer Stiefel auf den Pflastersteinen erfüllte die unheimliche Stille wieder mit Geräuschen.
Ein kurzer Korridor führte zu einer Tür. Die drei Wächter kamen taumelnd über die Schwelle gestürmt; ihre Diff-Gesichter drückten ein Grauen aus, das so groß war, daß es ihnen die Eingeweide umdrehte und sie beim Laufen ihr letztes Mahl ausspien. Sie stolperten an uns vorbei und verschwanden schreiend in der Nacht.
Naghans Drexer fuhr hoch, im geübten Griff des erfahrenen Kämpfers. Meine Krozair-Klinge war bereit. Ich wußte mit einem Schaudern, daß das, was hinter dieser Tür wartete, sich nicht so ohne weiteres Stahl beugen würde.
Vielleicht würde sich dieser verdammte, widerwärtige Untote dem Kampf stellen.
Naghan der Unscheinbare hatte sich seinen Namen nicht nur wegen seines Geschicks im unauffälligen Umherschleichen verdient. Seine Fähigkeit, einer Sache ohne Aufsehen auf den Grund zu gehen, zählte ebenfalls, vielleicht sogar noch mehr. Er tat einen Schritt vorwärts und zur Seite, so daß er jetzt genau vor mir stand. In einem Tonfall, der so kalt wie der Wind von den Eisgletschern war, sagte er: »Jis. Das ist das Werk des Untoten, den sie das Phantom nennen. Am besten gehst du ...«
»Ich habe es gesehen, Naghan. Es ist – unerfreulich. Aber ich glaube nicht, daß ich davor weglaufen kann.«
Sein Gesicht blieb mir verborgen, vermutlich zeigte es zuerst Wut und dann Resignation. Er verstand den Ernst der Situation.
Als er dann den Kopf wandte, um mich anzusehen, versuchte er es trotzdem ein letztes Mal, weil er nicht anders konnte.
»Dann müssen wir alle unseren Mann stehen, deine Jurukker und ich.«
Bei den eitrigen, hervorquellenden Augäpfeln Makki-Grodnos! Ich hätte mir denken können, daß ein so kluger Bursche den Spieß umdrehen und das Argument gegen mich benutzen würde. Natürlich konnte ich auf keinen Fall zulassen, daß man Naghan und meine Jungs auf so verabscheuungswürdige Weise niedermetzelte. Die bösartige Geistererscheinung hinter dieser Tür würde niemandem Gnade entgegenbringen.
»Du ...!« fing ich an, hielt inne und gab so etwas wie ein halbherziges Lachen von mir.
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