52 - Aufruhr auf Kregen
Magdag.
Derart in sowohl schönen als auch traurigen Erinnerungen schwelgend, hätte ich beinahe den dumpfen Schlag überhört, der vor mir ertönte.
Ein Rapa lag auf dem Teppich; sein Schnabel wirkte entschieden verbogen. Der dreifach geäderte Stab lag dort, wo er ihm aus der schlaffen Hand gefallen war. Er war nicht tot. Ich hatte den Befehl gegeben, daß wir nur dann töteten, wenn es gar keinen anderen Ausweg mehr gab.
Unmittelbar über ihm an der Wand verrieten zwei blasse Rechtecke, daß kürzlich zwei Porträts entfernt worden waren. Man brauchte kein Genie zu sein, um zu erraten, wessen Gesichter auf den Bildern zu sehen gewesen waren. Nath Swantram hatte bei seinem Einzug die Porträts des Nazabs und seiner Tochter Ulana, der Nazabni, mit unziemlicher Eile entfernen lassen.
Die Wache, gegen die wir antreten mußten, war die private Juruk des Ersten Pallans. Sie setzte sich hauptsächlich aus Rapas und Brokelsh zusammen, dazu kamen noch ein paar andere Diffs. Sie waren alle Söldner und würden so lange kämpfen, bis sie es für ratsam hielten, ein nicht mehr lohnendes Beschäftigungsverhältnis aufzulösen.
Da, schon wieder! Wieder prahlte ich in Gedanken vor mich hin. Ich packte den Schwertgriff fester und eilte unseren Deldars und Chuliks hinterher.
Der Korridor führte zu einem Vorraum. Vor der mit bronzenen Fabelwesen verzierten Tür standen drei Rapas.
Sie würde man im Sturm überwältigen müssen. Es gab keine Möglichkeit, sich ihnen ungesehen zu nähern.
Sie entdeckten uns. Der befehlshabende Deldar rief: »Llanitch! Stehenbleiben!« Die drei Hellebarden senkten sich in einer Linie. »Ihr habt hier nichts zu suchen.« Er drohte mit seiner Hellebarde. »Schert euch nach unten, wo ihr hingehört, ihr stinkenden Cramphs!«
Ich brauchte mich nicht wie ein Narr in Positur zu setzen und ›Angriff!‹ zu brüllen. Alle stürmten los, der Kampf war kurz, sehr kurz sogar.
Drei Rapas schlummerten auf dem üppigen Teppich.
Sinkie die Ohrringe trat heran und sah mit bemerkenswert nachdenklichem Gesichtsausdruck auf sie hinunter.
»Gut. Die konnte ich noch nie ausstehen. Sie riechen gräßlich.«
Darauf gab es keine Antwort.
Bis jetzt waren wir großartig vorangekommen. Wir hatten es bis zu Swantrams Gemächern geschafft, ohne Alarm auszulösen und ohne daß jemand getötet worden war. Nur noch ein Hindernis trennte uns von unserem endgültigen Erfolg, das schwierigste Hindernis, das alle unsere Pläne zunichte machen konnte.
Jeder umsichtige Adlige – gleichgültig ob Mann oder Frau –, der sich ein Schloß oder einen Palast bauen läßt, wird dem Architekten befehlen, für einen Zufluchtsort zu sorgen, einen Fluchtweg, einen Geheimgang, der von den Privatgemächern zu einer Stelle außerhalb der Mauern führt. Da Didi sowohl eine umsichtige Dame als auch eine bezaubernde Prinzessin war, hatte sie mit Sicherheit einen solchen Geheimgang bauen lassen.
Mit der gleichen Sicherheit würde dieser Cramph Swantram den Fluchtweg kennen. Wir mußten in seine Privatgemächer eindringen und ihn überwältigen, bevor er sich davonstehlen konnte.
Ich betrachtete die Tür und die bronzenen Fabeltiere, die sich auf der Oberfläche wanden, und spürte plötzlich den Druck, der durch unser Vorhaben auf mir lastete.
In meinem Verstand prallten alle pendelnden Körperteile Makki-Grodnos gleichzeitig zusammen. Wir mußten siegen, um der Gerechtigkeit willen.
Ich stieß die Tür auf.
Das dahinterliegende Gemach lag völlig verlassen da. Es handelte sich offensichtlich um einen Empfangsraum. Der Tisch stand so, daß jeder Eintretende unwillkürlich vor dem Stylor mit seinen Federn und Papieren stand. Der Stuhl war ein Stück zur Seite geschoben, als wäre der Stylor gerade eben aufgestanden. Gelbe und rosarote Blumen ragten aus einem schweren Cwofantopf. Auf der rechten Seite gab es vier Türen, an der gegenüberliegenden Wand befand sich eine Tür zum nächsten Raum, während links eine Schwarzholztreppe nach oben führte und dort an einer Tür endete.
Sinkie sagte: »Diener. Wächter.« Sie zeigte auf die betreffenden Türen. »Wir müssen nach oben. Dort befinden sich die Räume des Herrn.«
Kurz entschlossen traten die beiden Deldars vor. »Ich gehe als erster.« Der Verwirrte setzte den Fuß auf die erste Stufe.
»Und ich gehe an deiner Seite.« Feringhim zwängte sich neben den Verwirrten.
Die Chuliks schlossen sich ihnen an. Tobi knurrte: »Laß mich da hinaufgehen.« Pur Zygon sah mich an und mied
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