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52 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 04 - Arizona

52 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 04 - Arizona

Titel: 52 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 04 - Arizona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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da in verweisendem Ton, „beleidigt meine Würde nicht! Ich stehe vor Euch als Dame, Gelehrte, Künstlerin und Examinatorin. Sagt mir jetzt weiter, in welcher Beziehung die Planimetrie mit der Witterungskunde steht!“
    „Mir ganz gleich. Auf diese Beziehung gebe ich nicht das Geringste!“
    „Also auch nicht! Nun viertens: Warum nennt man eine gewisse Klasse der Affen Meerkatzen?“
    Da fuhr er von seinem Sitz auf und rief:
    „Himmeldonnerwetter! Wollt Ihr mich etwa auch zum Affen machen? Was weiß ich von Meerkatzen? Jedenfalls sehe ich jetzt in diesem Augenblick die allererste, und die seid Ihr selbst!“
    Das war eine Beleidigung, die Emeria in höchste Aufregung brachte. Sie fuhr daher mit ihren tonigen Fingern auf ihn zu und schrie:
    „Was sagt Ihr? Ich eine Meerkatze? Hat man bereits einmal so etwas gehört? Die gelehrte Emeria eine Meerkatze! Das muß ich bestrafen!“
    „Na, habe ich denn unrecht?“ lachte er. „Wenn die Gelehrtheit darin besteht, daß man sich mit Lehm bekleckst, so kann ich das auch. Übrigens weiß ich gar nicht, wie ich dazu komme, von Euch nach Dingen gefragt zu werden, von denen ich gar keine Ahnung habe. Gebt mir meinen Schnaps! Weiter verlange ich nichts.“
    „Ihr bekommt keinen!“
    „Warum nicht?“
    „Ihr seid ein Ignorant, und ein solcher bekommt von mir keinen Tropfen Wasser, viel weniger Schnaps.“
    „Ignorant? Was ist das? Meint Ihr etwa Elefant? Wenn Ihr Eure Gäste in dieser Weise beschimpfen wollt, so könnt Ihr lange feilhalten, ehe sie wieder bei Euch einkehren. Hätte ich das gewußt, so wäre ich sicher nicht zu Euch gekommen; aber da Señor Robin mir sagte, daß ich zu Euch gehen solle, so habe ich es getan, natürlich ohne alle Ahnung, daß Ihr mich erst für einen Affen und dann sogar für einen Elefanten halten würdet!“
    Diese Worte beruhigten Emeria.
    „Von Señor Robin redet Ihr? Der hat Euch geschickt?“ fragte sie freundlicher.
    „Ja.“
    „Das ist etwas anderes. Da sollt Ihr einen Schnaps erhalten, obgleich Ihr mir den Beweis schuldig geblieben seid, daß Ihr als Gast in die Venta der gelehrten Emeria paßt.“
    Sie holte den Schnaps. Als sie ihm das Glas hinsetzte, bemerkte sie:
    „Übrigens ist es merkwürdig. Während einer Stunde seid Ihr der zweite, den mir Señor Robin schickt.“
    „So? Ist der erste bereits da?“
    „Ja.“
    „Das wollte ich erfahren. Deshalb komme ich her. Ich soll Euch nämlich fragen, ob ein gewisser Señor Günther, ein Deutscher, bei Euch vorgesprochen habe.“
    „Das hat er.“
    „Und habt Ihr ihm ein Logis gegeben?“
    „Ja, auf die Empfehlung von Señor Robin.“
    „Schön! So ist alles in Ordnung. Ich glaube, Señor Robin wird bald selbst kommen, um sich für die Aufmerksamkeit zu bedanken, die Ihr ihm erweist. Es ist wahr, ein Wirt oder eine Wirtin muß sich die Gäste durch Gefälligkeit verbinden. Daher kann ich nicht begreifen, daß Ihr die Eurigen in der Weise empfangt, wie Ihr es mit mir gemacht habt. Tut Ihr das etwa mit einem jeden?“
    „Ja. Ich werde es Euch gleich zeigen. Seht Ihr dort den Reiter, der auf meine Venta zukommt?“
    Der Gast blickte zum Fenster hinaus und antwortete:
    „Ja, ich sehe ihn. Dieser Mann muß einen langen und beschwerlichen Ritt hinter sich haben. Er ist ganz verstaubt, und sein Pferd hinkt und kann kaum mehr fort.“
    „Er wird bei mir einkehren, und Ihr sollt sehen, daß ich ihn ebenso scharf examiniere wie Euch.“
    „Na, das ist drollig! Warum tut Ihr das?“
    „Im Interesse meines Rufes.“
    „So bin ich neugierig, wie er es aufnehmen wird.“
    Der Mann setzte sich in erwartungsvoller Haltung wieder auf seinen Platz nieder.
    Der neue Ankömmling war kein anderer als Roulin, von den Indianern der ‚Silberne Mann‘ genannt. Er kam von dem Silbersee, wo er entflohen war. Er band sein Pferd draußen an, kam herein und grüßte. Der andere Gast erwiderte den Gruß. Die Señorita saß wieder an ihrem Tisch und modellierte. Sie nahm von ihm keine Notiz.
    „Seid Ihr der Wirt oder ein Gast?“ fragte Roulin den Mann.
    „Ich bin ein Gast. Die Señorita dort ist die Wirtin.“
    „Bitte, Señorita, ist hier Wein zu bekommen?“
    „Ja, der ist zu bekommen“, nickte sie, ohne sich aber nach ihm umzudrehen.
    „Bringt mir eine Flasche!“
    Jetzt stand sie auf, drehte sich ihm zu und betrachtete ihn aufmerksam. Dann antwortete sie:
    „Zu bekommen ist er, wer ihn aber bekommt und wer nicht, darüber behalte ich die Entscheidung natürlich mir vor.“
    Roulin

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