52 Verführungen: Ein Paar holt sich die Lust zurück - (German Edition)
Niete bin. Nach meiner Schulzeit wurde mir jedoch klar, dass man sich auch messen kann, ohne herumzurennen. Seit damals stelle ich mich unerschrocken jeder Herausforderung. Und den allermeisten Situationen kann ich so etwas Positives abgewinnen. Sie sollten mich mal mit dem Auto an der schmalsten Stelle am Ende unserer Straße sehen.
Das ist deshalb von Bedeutung, weil Herberts Verführung für diese Woche ein Sex-Brettspiel ist. Wir haben es vor einem Monat gekauft, bei unserem Ausflug nach Brighton. Zunächst lag es lange in unserem Schrank herum, weil ich keine Lust darauf hatte, es zu spielen.
Herbert ist dagegen ganz scharf darauf und hat sich mit einer List durchgesetzt. Sein kluger Schachzug bestand darin,
mich vor die Wahl zwischen zwei Verführungen zu stellen, die mir beide nicht besonders zusagten: entweder das Brettspiel oder das Katzenkostüm. Eine Wahl zwischen Pest und Cholera. Also entscheide ich mich für das Brettspiel.
Das Spiel nennt sich Lust. Es geht darum, unsere Spielfigur über eine Reihe farbiger Fußabdrücke zu rücken und dabei Karten zu ziehen, die uns auffordern, als Vorspiel etwas Romantisches oder Erotisches zu tun. Wenn wir diese Aufgabe zur Zufriedenheit unseres Partners absolvieren, erhalten wir zur Belohnung Karten zum »Liebe machen«, die schließlich zum»Erlebnis Liebe machen« am Ende des Spiels berechtigen.
Ich: »Wir schauen dann also, wer das beste Erlebnis beim Liebemachen erzielt, und derjenige hat gewonnen.«
Herbert: »Nein. Wir einigen uns auf eine Form des Liebemachens.«
»Und was bringt das dann?«
»Es ist nett. Und man arbeitet zusammen.«
»Das ist aber doch eigentlich kein richtiges Spiel, oder?«
Herbert ignoriert mich und baut weiter das Spiel auf. Er scheint schon mit so einem Verhalten von mir gerechnet zu haben.
Meine erste Vorspielkarte verlangt, dass ich Herbert ein romantisches Lied vorsinge. Aus unerfindlichen Gründen scheint mir das geradezu unmöglich. Ich bin wie gelähmt vor Verlegenheit. »Mir fällt einfach nichts Passendes ein«, sage ich.
»Sing einfach irgendwas. Das ist doch egal.«
»Aber ich habe nur ›Fight the Power‹ von Public Enemy im Kopf.«
»Dann hast du Recht. Das passt wirklich nicht.«
Meine größte Befürchtung ist, dass Lust reichlich zahm ist und es nur darum geht, bloß nicht explizit zu sagen, dass man doch bitte schön miteinander schlafen soll. Doch da liege ich falsch. Die erste Karte zum Liebemachen, die ich vom Stapel ziehe, ist »die Schildkröte« (eine Art Missionarsstellung, bei der allerdings meine Beine über seinen Armen verschränkt sein sollen); die zweite ist »Leichtes SM«. Und plötzlich sehe ich eher die Gefahr, dass Lust vielleicht für meine Bedürfnisse nicht zahm genug sein könnte. Denn ehrlich gesagt blute ich immer noch leicht von der Verführung der vergangenen Woche. Außerdem habe ich mit den Nachwirkungen einer Blasenentzündung zu kämpfen. Ich war fest davon ausgegangen, dass Sex mit Penetration gar nicht auf den Karten stünde.
Herbert gegenüber erwähne ich jedoch nichts von alledem. Hier gibt es schließlich auch etwas zu gewinnen. Trotz allem muss ich zugeben, dass Lust mir dann doch sogar ganz gut gefällt. Die erotischen Herausforderungen, zu denen man angestiftet wird, sind tatsächlich welche – einmal muss ich in die Rolle einer Krankenschwester schlüpfen und Herbert eine Ganzkörperwaschung im Liegen verpassen. Das Spiel scheint für Paare wie uns gedacht zu sein, die schon eine Weile zusammen sind, denn es geht oft darum, sich gemeinsam an etwas zu erinnern. Herbert ist total begeistert davon. Selbst die eher albernen Aufgaben machen ihm nicht das Geringste aus (voller Begeisterung spielt er den Romeo, der nach langer Trennung seine Julia wiedertrifft, während ich kichere und schrecklich verlegen bin). Es rührt mich richtig, wie bereitwillig er jede
Übung mit großem Ernst angeht. Aber er war schon immer jemand, der sich gern an Regeln hält. Ich dagegen widersetze mich Autoritäten sogar dann, wenn es mir offensichtlich schadet. So gesehen könnte »Fight the Power« meine Hymne sein.
Zwischendurch haben wir mit kleineren Hindernissen zu kämpfen. Als Erstes damit, dass ich Kater Bob ins Zimmer lassen muss (ich kann schließlich nicht, wie verlangt, Herberts Kniekehlen lecken, wenn ich durch ständiges Miauen vor der Tür abgelenkt bin). Daraufhin springt Bob schnurstracks aufs Bett, schnappt sich den Würfel und rennt damit weg. Mühsam entwinde ich Bob
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