52 Verführungen: Ein Paar holt sich die Lust zurück - (German Edition)
erhalten?«
»Nein«, sage ich. »Sie?«
Er blättert wieder in den Unterlagen, findet nichts, wendet sich dann seinem Computer zu und gibt meinen Namen ins System ein. »Da haben wir’s«, sagt er. »Alles klar.«
»Na, das ist ja erfreulich.«
Er zuckt mit den Achseln. »Wann war Ihre letzte Periode?«
»Das ist ewig her. Äh, letzten November. Als ich die Pille genommen habe.«
»Die Pille? Aber sie tragen doch eine Spirale. Warum benutzen Sie denn beides?«
»Weil Sie mir das gesagt haben.«
Er schaut leicht irritiert. »Ich habe heute die für Ihren Fall zuständige Schwester nicht da«, sagt er. »Also müssen Sie mir das erklären.«
»Die Spirale hat nicht gegen die schrecklichen Menstruationsbeschwerden geholfen, also haben wir es zusätzlich mit der Pille versucht«, sage ich und denke gleichzeitig: Ich habe gar keine für meinen Fall zuständige Schwester.
Er seufzt. »Na gut, dann müssen wir jetzt in Betracht ziehen,
dass Sie an einer Mischung aus hormonellen und körperlichen Fehlfunktionen leiden.«
»Das tue ich. Darüber waren wir uns doch einig. Vor Monaten schon.«
Erneutes Blättern in den Unterlagen. »Vielleicht müssen Sie aufhören, die Pille zu nehmen.«
»Nein«, sage ich, »dann möchte ich lieber die Spirale herausnehmen lassen. Denn die Pille scheint ja zu funktionieren.«
Er ignoriert mich. »Am besten sehen wir uns das jetzt mal an.«
An die Decke des Untersuchungszimmers für die Kolposkopie hat man ein Poster mit lustigen Filmzitaten geklebt, so dass die Patientin sich einbilden kann, sie sei im Kino. Außerdem setzt man auf eine charmante Krankenschwester, die einen in dem Augenblick ablenkt, wenn die Großaufnahme der eigenen Vulva auf dem Bildschirm neben einem erscheint, bevor das Spekulum eingeführt wird.
Mein Gebärmutterhals sieht so rosig und fleischig aus wie meine Mundhöhle. Das Loch in der Mitte ist kein perfekter Kreis, sondern eher halbmondförmig. Es sieht aus, als würde es mich betrunken anlächeln. Das sage ich dem Arzt, und er erwidert mit sichtlichem Unbehagen: »Alles völlig normal, das kann ich Ihnen versichern.«
Unterhalb des Lächelns und ein Stückchen weiter links ist eine dunkelrote Stelle zu sehen. Ich beobachte, wie der Gynäkologe sie mit einem Wattestäbchen anstupst. Sofort bildet sich aus einer unsichtbaren Wunde ein Blutstropfen und läuft über das rosige Fleisch.
»Haben Sie etwas dagegen, wenn wir eine weitere Biopsie vornehmen?«, sagt er.
Danach darf ich mich wieder anziehen und bekomme von der Schwester noch eine Slipeinlage mit auf den Weg.
Als Herbert am Abend nach Hause kommt, steige ich gerade in die Dusche. Er steckt den Kopf herein, um Hallo zu sagen, und taucht eine Minute später nackt wieder auf.
»O nein«, sage ich, »da hast du heute Pech. Ich habe Silbernitrat auf meinem Gebärmutterhals, und wenn du nicht auf kauterisierte Knubbel stehst, dann solltest du dir eine Alternative überlegen.«
»Ehrlich gesagt«, antwortet er, »wollte ich nur nach dir in die Dusche.«
Wir unterhalten uns über meine Untersuchung. »Warum machen die denn eine Biopsie nach der anderen?«, sagt Herbert.
»Keine Ahnung. Anscheinend fällt ihnen nichts anderes ein.«
»Glauben die, sie hätten bei der Kauterisation was übersehen? Oder dass es an der Stelle nicht wirkt?«
»Ich weiß es nicht«, sage ich. »Inzwischen habe ich den Antrieb verloren, überhaupt noch Fragen zu stellen.«
»Mich erinnert das an meinen Dad«, sagt Herbert, »bei dem haben sie auch jede Menge Biopsien gemacht, und als sie endlich etwas gefunden hatten, da war er sowieso schon fast tot.«
»Vielen Dank.«
»Ich meine ja nicht, dass es bei dir auch so sein wird. Ich
meine nur, dass sie eine nach der anderen machen, weil ein negativer Befund auch nicht immer was bedeutet.«
»Noch mal danke.«
»Wie lange musst du auf die Ergebnisse warten?«
»Sechs bis acht Wochen.«
»Meine Güte.«
Den Abend verbringen wir wie immer. Wir essen zusammen und spazieren dann ans Meer hinunter, um uns den Sonnenuntergang anzusehen, anschließend kehren wir nach Hause zurück. Herbert begibt sich ins Arbeitszimmer, um noch etwas an seinem Computer zu reparieren, und ich lese im Bett, bis mir die Augen zufallen.
Ich bin sauer auf ihn, weil er mich allein gelassen hat. An Abenden wie diesem würde ich am liebsten bis zur Erschöpfung über alles reden, aber dafür hat Herbert nicht die Nerven. Darüber hinaus würde ich ihn am liebsten ganz in mich aufsaugen, wie
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