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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Iwan Wassiljewitsch, oder der Tag des Schatzhebens!“
    „Was du sagst!“
    „Ja, ich weiß es genau. Meine Großmutter hat einen gehoben. Es waren viele tausend Millionen Rubel.“
    „Und dennoch bist du ein so armer Kosak?“
    „Dummkopf! Sie hat ihn nicht ganz herausgebracht. Sie ist so unvorsichtig gewesen, zu sprechen. Es sind gewisse Worte vorgeschrieben. Etwas anderes darf man beileibe nicht sagen, sonst verschwindet alles wieder mit einem furchtbaren Donnerschlag.“
    „Kennst du diese Worte?“
    „Ja, sehr genau. Meine Großmutter hat sie mir gesagt, und ich lernte sie auswendig. Aber nur Sonntagskinder sind imstande, Schätze zu heben.“
    „Ich bin an einem Sonntag geboren.“
    „Ich auch!“
    „Du, wenn wir einen Schatz fänden!“
    „O heilige Theodosia! Ich würde ihn nicht lange liegen lassen.“
    „Ich auch nicht.“
    „Wie aber geht es denn dabei her, wenn einem ein Schatz erscheint?“
    „Das hat mir meine Großmutter deutlich beschrieben. Zuerst läßt sich ein Licht sehen –“
    „Von welcher Farbe?“
    „Das ist sehr verschieden. Je dunkler das Licht, also zum Beispiel dunkelgrün, desto weniger beträgt der Schatz. Ein helles, gelbes Licht ist das beste, weil gelb auf Gold deutet. Sodann erscheint der Geist.“
    „In welcher Gestalt?“
    „Auch das ist sehr verschieden. Meiner Großmutter ist er als Bjaguschka (Frosch) erschienen. Je größer das Tier ist, desto größer ist der Schatz. Der Bjaguschka meiner Großmutter war zweimal so groß wie meine Pelzmütze und hat gequakt, daß man es sehr weit hören konnte. Sie meint, daß mir der Geist auch einmal als Frosch erscheinen werde. Die Tierart pflegt nämlich bei Familienmitgliedern gleich zu bleiben.“
    „Ah! Wenn uns heute ein Bjaguschka erschiene!“
    „Am liebsten ein recht großer!“
    „Weiter!“
    „Nun muß man dem Geist langsam nachgehen, bis zur Stelle, an der er verschwindet.“
    „Aber sprechen darf man nicht?“
    „Jetzt darf man noch reden. Man kann sogar den Geist nach verschiedenen Dingen fragen.“
    „Und er antwortet?“
    „Ja, natürlich mit der Stimme desjenigen Tieres, in dessen Gestalt er erscheint. Zuweilen aber, wenn man nämlich ein recht glückliches Sonntagskind ist, spricht der Geist auch in menschlichen Worten. Auf der Stelle, wo er verschwindet, findet man die Erde bereits aufgegraben. Das hat der Geist getan, zum Zeichen, daß hier der Schatz liegt.“
    „Und da muß man graben?“
    „Sofort, weil mit Tagesanbruch der Schatz wieder verschwindet. Aber von dem Augenblick an, wo man zu graben anfängt, darf kein anderes Wort als nur allein die Beschwörungsformel gesagt werden, mag auch passieren, was da wolle, sonst geht der Schatz verloren. Bei meiner Großmutter war der Schatz bereits aus dem Erdboden heraus, da wurde sie gerufen, vergaß sich und antwortete; und im selben Moment versank der Schatz mit einem Gekrache, als ob die Erde auseinanderbräche.“
    „Also du kennst die Formel?“
    „Ja.“
    „Oh, wenn ich sie hören könnte!“
    „Ich habe darüber geschwiegen. Dir aber will ich sie mitteilen, denn es ist ja möglich, daß uns heute ein Geist erscheint. Man hat, während man hackt und schaufelt, immer halblaut vor sich ihn zu sagen:
    An diesem Platz,
Da liegt ein Schatz.
Ich hol' ihn 'raus,
Schaff ihn nach Haus.
Ihr lieben Geister steht mir bei;
Ich halte euch mit Wodka frei!
    Das hat man immerfort zu sagen, bis der Schatz heraus ist; dann fällt das Loch ganz von allein wieder zu, so daß kein Mensch sehen kann, was hier geschehen ist. Von diesem Augenblick an kann man wieder alles Mögliche sprechen.“
    „Trinken denn die Geister Wodka?“
    „Natürlich!“
    „Das habe ich noch gar nicht gewußt.“
    „Eben weil du ein so großer Dummkopf bist, Brüderchen. Die Geister stecken doch in der Erde, wo sie den Schatz bewachen. In der Erde ist es kalt und feucht. Ist es da ein Wunder, wenn sie sich erkälten und den Schnupfen kriegen?“
    „Das ist wahr.“
    „Darum muß man ihnen den Schatz mit Wodka bezahlen.“
    „Wie bekommen sie ihn denn?“
    „Man muß siebenmal sieben Tage lang gerade um Mitternacht ein Maß voll Schnaps auf die Stelle gießen, wo sich der Schatz befand.“
    „Ich wäre bereit, alle Nächte ein ganzes Faß des besten Wodkas zu opfern, wenn mir heute ein Geist erschiene.“
    „So viel darf man nicht geben, denn auch die Geister werden betrunken, und zwar viel leichter als der Mensch, weil sie nicht so oft Branntwein bekommen. Im Rausch

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