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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zornig rief:
    „Ich möchte den Mann sehen, der nicht gebratenes Rind essen kann! Ihr seid selbst schuld, wenn mir euer Verhalten verdächtig vorkommt!“
    „Verdächtig? Wieso verdächtig?“
    „Weil Ihr Euch so hartnäckig weigert, zu essen. Was ist mit diesem Braten?“
    „Was soll mit ihm sein? Nichts.“
    „So eßt also auch selbst davon.“
    „Ich habe heute keinen Appetit dazu.“
    „Das muß aber einen Grund haben. Ekelt Ihr Euch etwa? Ist es vielleicht doch die Alte gewesen, die geschmort hat, he?“
    „Nein, sondern eine der jungen Señoritas.“
    „Bitte, holt sie mir doch einmal her.“
    „Das geht nicht. Sie hat sich sofort zur Ruhe gelegt, nachdem sie fertig war.“
    „So? Es ist jedenfalls Euer Wunsch, daß wir beide uns auch zur Ruhe legen, wenn wir das Fleisch gegessen haben.“
    „Allerdings.“
    „Aber zu welcher Ruhe!“
    „Natürlich hier auf diese Decken.“
    „Ja, auf denen wir liegenbleiben, ohne jemals wieder aufzuwachen.“
    Jetzt stutzte Juanito.
    „Wie meint Ihr das?“ fragte er.
    „Ganz so, wie ich es sage. Euer Verhalten erregt meinen Verdacht. Es hat mit diesem Fleische irgendeine Bewandtnis; ich esse nicht davon.“
    „Ich auch nicht“, stimmte Günther bei.
    „Donnerwetter! Wollt ihr mich beleidigen, Señores?“
    „Nein. Wir haben dasselbe Recht wie Ihr. Ihr eßt nicht, und wir essen nicht; jeder hat seinen Willen. Dagegen kann niemand etwas sagen.“
    „Aber ich bin der Wirt. Ihr weist mein Fleisch zurück; das ist eine Beleidigung.“
    „Ihr eßt nicht mit uns, das ist ebenso Beleidigung. Wir wollen da gar nicht viele Worte machen. Ich bin Mexikaner, aber nicht Engländer. Ich will nicht wie ein Engländer sterben, sondern wie ein Mexikaner.“
    Das Gesicht Juanitos wurde aschfarben.
    „Señor, was meint Ihr?“ fragte er.
    „Nun, ist hier nicht einmal ein Engländer gestorben?“
    „Nein.“
    „Nachdem er Fleisch von Euch gegessen hatte?“
    „Nein.“
    „Welches von der Alten vergiftet worden war?“
    „Seid Ihr toll?“
    Juanito war von seinem Stuhl aufgesprungen. Seine Augen blitzten, mehr aber vor Schreck als vor Zorn.
    „Toll? Nein. Ich bin im Gegenteil so sehr bei Sinnen, daß mein Ohr alles gehört hat, was Ihr mit Eurer alten Hexe ausgemacht habt.“
    „Ausgemacht? Was denn?“
    „Daß sie hundert Dollars und unsere Anzüge bekommen soll!“
    „Himmeldonnerwetter!“
    „Ihr wollt das andere nehmen und die Pferde.“
    Steinbach war in ganz gleichgültiger Haltung sitzengeblieben und sprach diese Worte mit lächelndem Mund. Juanito hingegen war förmlich zurückgefahren.
    „Señor!“ stieß er mit aller Anstrengung hervor. „Ich begreife Euch nicht!“
    „Desto besser begreife ich Euch, Mörder! Ihr, Ihr seid der böse Geist im Todestal, von dem Eure Mutter erzählt hat. Ihr wollt uns heute morden, um zu meinen englischen Banknoten zu kommen; aber es soll Euch nicht glücken, wie Eure früheren Schandtaten!“
    „Nicht?“ knirschte der Entlarvte. „Ach, dennoch soll es glücken, dennoch und nun erst recht. Fahrt miteinander zur Hölle!“
    Damit riß Juanito den Revolver vom Tisch an sich, schlug auf Steinbach an und drückte ab. Die Waffe versagte. Er drückte in aller Schnelligkeit noch zweimal ab, aber wiederum vergebens.
    „Gebt Euch keine Mühe!“ lachte Steinbach. „Wir haben dafür gesorgt, daß die Wespe nicht mehr stechen kann. Nun aber wollen wir selbst einmal unseren Stachel zeigen. Hier ist er. Wie wird Euch jetzt, Señor?“
    Steinbach zog mit diesen Worten seinen Revolver aus dem Gürtel, und Günther tat desgleichen.
    Juanito war fast erstarrt gewesen. Jetzt, als er die beiden Waffen erblickte, kam wieder Leben in ihn.
    „Wie mir wird?“ sagte er. „Sehr wohl. Ich wünsche, daß es euch ebenso wohl werde!“ Und ehe ihn einer der beiden hindern konnte, war er zum Eingang hinausgesprungen und hatte die Tür hinter sich zugeschlagen. Der Schlüssel schrillte im Schloß, und der Riegel klirrte.
    „Gefangen!“ lachte der Entkommene draußen mit lauter, triumphierender Stimme.
    „Ja, gefangen“, sagte Günther von Langendorff. „Gefangen sind wir! Und daran sind wir selbst schuld!“
    „Was schadet es?“ lachte Steinbach.
    „Was es schadet? Jedenfalls sehr viel!“
    „Das sehe ich nicht ein.“
    „Wir hatten ihn so fest! Und ließen uns dennoch von ihm übers Ohr hauen.“
    „Lieber Günther, lamentiere nicht. Du befindest dich in einem großen Irrtum, wenn du meinst, daß dieser dumme Kerl mich etwa

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