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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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beluxt habe. Er ist mir nur zu sicher, das weiß ich, und darum spiele ich mit ihm wie die Katze mit der Maus. Auf ihn zu schießen, wäre eine Dummheit gewesen. Ich darf ihn doch nicht erschießen, weil er mir sehr viel sagen soll, was ich erfahren will. Hätte ich gewollt, so wäre er mir sicherlich nicht entgangen. Du kennst mich noch nicht. Ich bin schneller als er; aber das hatte ich ja gar nicht nötig. Ich brauchte mich ja nur zwischen ihn und die Tür stellen, so hätte er nicht fortgekonnt.“
    „Aber warum hast du ihn denn entkommen lassen? Das ist es, was ich nicht begreife.“
    „Entkommen ist er ja gar nicht! Er ist noch hier im Haus. Es fällt ihm gar nicht ein, fortzugehen. Er bleibt mir also sicher und gewiß. Ich habe ihn einstweilen nur gehen lassen, um ihn vielleicht belauschen zu können und denke, daß ich auf diesem Weg mehr erfahre, als es aus ihm herauszupressen. Jetzt gehen wir durch die Decke.“
    „Das ist schwerer als du denkst.“
    „Warum?“
    „Je leichter wir durch die Decke kommen, desto dünner ist sie, und desto weniger trägt sie uns. Wir brechen ja bei jedem Schritt durch!“
    „Wenn wir so dumm sind, auf der Pappe gehen zu wollen, ja.“
    „Worauf denn sonst?“
    „O wehe! Mein Lieber, ich begreife dich nicht. Wir laufen auf der Umfassungsmauer.“
    „Alle Teufel! Das ist richtig! Wo habe ich doch nur meine Gedanken!“
    „Nicht wahr? Na, tröste dich! Wenn du keine Gedanken hast, so habe ich desto bessere. Du bist ein ausgezeichneter Kavallerieoffizier; aber ein ‚Fürst der Bleichgesichter‘ zu sein, das vermag nicht ein jeder.“
    Steinbach sagte das nicht überheblich, sondern im Scherz. Er lachte dazu. Dann fuhr er fort:
    „Löschen wir also jetzt das Licht aus. Es könnte uns verraten. Und setzen wir den Tisch an die Außenwand. Komm!“
    Dann blies er das Licht aus und steckte es ein, weil er es vielleicht später gebrauchen konnte. Hierauf bestieg er den Tisch, der an die Umfassungsmauer gestellt worden war, nahm ein starkes, scharfschneidiges Bowiemesser und begann, einen langen Riß in die geteerte Dachpappe zu schneiden. Als dieser Riß lang genug war, stieg er hinaus auf den Rand des Daches.
    „Nun gib mir meine Schießaxt herauf“, flüsterte er zurück, „und komm mit deiner Büchse nachgestiegen. Ich helfe dir dabei.“
    Das geschah. Einige Minuten später befand Günther sich neben Steinbach auf dem Dach.
    „Bist du schwindlig?“ fragte der letztere.
    „Zuweilen.“
    „So gehe nicht aufrecht, sondern krieche auf allen vieren. Wir befinden uns auf dem rechten Flügel und müssen über den Mittelteil hinüber nach dem linken Flügel, wo sich die Treppe befindet, wie wir von dem Mädchen erfahren haben. Dabei aber müssen wir so leise als möglich verfahren. Es ist ja möglich, daß dieser Juanito oder die Alte sich in einer Stube unter uns befinden. Sie dürfen uns auf keinen Fall hören.“
    Jetzt bewegten sie sich vorsichtig weiter, Steinbach aufrecht, Günther aber in kriechender Stellung. Das ging nicht sehr schnell, dennoch aber erreichten sie bald den linken Flügel. Dieser war, wie es sich zeigte, nicht mit der bloßen Pappe gedeckt, sondern unter derselben befand sich eine feste Bretterlage. Nun konnten sie von der Umfassungsmauer weichen und getrost auf die Mitte des Daches gehen.
    So gelangten sie ganz an das Ende des Seitenflügels. Als sie keine Öffnung im Dach bemerkten, untersuchten sie dasselbe und fanden schließlich eine Falltür, die sie emporhoben. Sie erblickten eine schmale Treppe und stiegen dieselbe hinab.
    Noch aber hatten sie die unteren Stufen derselben nicht erreicht, so blieb Steinbach, der voranschritt, lauschend stehen.
    „Pst! Horch! Ich höre Stimmen.“
    „Es scheint Juanitos Stimme zu sein“, entgegnete Günther, der nun gleichfalls lauschte.
    „Ja.“
    „Wo mag er sein?“
    „In der Stube nebenan. Weißt du, bei wem?“
    „Nun?“
    „Bei dem braven Mädchen, das uns warnte.“
    „Ja. Sie sagte doch, daß sie neben der Treppe wohne.“
    „Die Tür scheint offenzustehen. Steigen wir vollends hinab. Vielleicht hören wir etwas, was uns Nutzen bringt. Aber leise, damit er es nicht bemerkt.“
    Juanito befand sich bei Annita. Die Freunde hörten jedes Wort, das von diesen beiden gesprochen wurde. Nach kurzer Zeit aber näherten sich die Schritte einer dritten Person, die von rechts kam. Auf dieser Seite stand Steinbach. Er trat schnell auf die Treppenstufe zurück. Die nahende Person glitt an ihm vorüber,

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