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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ohne ihn zu bemerken, und trat zu Juanito und Annita in die Stube. Es war das alte Weib. –
    Als Juanito aus dem Zimmer, das er seinen beiden Gästen angewiesen hatte, gesprungen war, hatte er es verschlossen, den Schlüssel abgezogen und den großen, eisernen Riegel, mit dem hier eine jede der eisernen Türen versehen war, vorgelegt. Dann eilte er zu der Alten.
    „Haben sie davon gegessen?“ fragte dieselbe.
    „Keinen Bissen!“
    „Warum nicht?“
    „Diese Halunken wollten, ich solle mit ihnen essen. Das konnte ich natürlich nicht, und da schöpften sie Verdacht. Denke dir! Sie wissen von dem Engländer damals!“
    „Unmöglich!“
    „Sie haben es mir ja gesagt!“
    „Außer uns beiden weiß doch kein Mensch davon!“
    „Das habe ich auch gedacht, bin aber nun eines anderen belehrt worden. Ich habe nichts gesagt!“
    „Ich natürlich auch nicht!“
    „Unbegreiflich! Sind sie allwissend?“
    „Unsinn!“
    „Aber sie wissen auch, daß das Fleisch vergiftet ist!“
    „Verdammt! Doch sie erraten es nur; wissen können sie es nicht.“
    „Sie raten es nicht, sondern sie wissen es; sie wissen es sehr genau.“
    „Das ist nicht wahr!“
    „Sie haben es mir ja selbst gesagt! Ja, sie wissen sogar, daß du hundert Dollar bekommen sollst und die Kleidungsstücke.“
    „Wirklich?“ fragte die Alte erschrocken.
    „Ja.“
    „So haben sie unser Gespräch hier belauscht.“
    „Das ist sehr wahrscheinlich. Als ich von dir fortging, war es mir, als ob jemand in den Gang hineinhusche. Ich blieb auch stehen, hörte aber weiter nichts.“
    „So ist es gewiß, daß sie gehorcht haben.“
    „Das ist sicher, zumal, wenn ich an das Weitere denke. Ich hatte den Revolver bei ihnen liegen. Da haben sie mir die Patronen weggenommen. Ich wollte auf sie schießen, aber es ging nicht.“
    „Sapperment! Was geschah dann?“
    „Ich sprang aus der Stube, ehe sie mich daran hindern konnten, und habe sie nun eingeschlossen.“
    „Recht so! Da wird mir das Herz wieder leicht. Ich war sehr erschrocken. Sie können aber doch wohl nicht heraus?“
    „Nein, kein Gedanke daran!“
    „Was machen wir da nun?“
    „Ich erschieße sie.“
    „Ihr könnt doch nicht hinein.“
    „Ist auch gar nicht nötig. Ich gehe, wenn der Tag anbricht, auf das Dach, schneide, ohne daß sie es merken, in die Dachpappe ein Loch und schieße sie durch dasselbe nieder.“
    „Sehr gut, sehr gut! Es wird zwar Blut geben, aber das wasche ich weg. Die Leichen scharren wir ein wie damals diejenige des Engländers.“
    „Aber wir müssen uns sputen, daß Roulin uns nicht etwa dabei überrascht. Er kann bereits morgen kommen.“
    „Und Annita ist noch im Haus?“
    „Ja. Sie muß unbedingt noch diese Nacht fort. Roulin hat es befohlen; er mag sie nicht wiedersehen, wenn er zurückkehrt.“
    „Dann weg mit ihr!“
    „Ich dachte – hm! Ein renitentes Frauenzimmer!“
    „Will sie denn nicht Verstand annehmen?“
    „Nein. Doch ich will es nochmals versuchen.“
    Juanito begab sich darauf nach dem linken Flügel des Gebäudes, wo er Annita bei einem brennenden Lichtstümpfchen in ihrer kleinen Stube sitzen fand. Als er eintrat, erhob sie sich und wich vor ihm scheu in die Ecke zurück. Auf ihrem Gesicht lag der Ausdruck der Furcht und des Grauens.
    „Bleib sitzen“, redete er sie an. „Warum weichst du vor mir zurück?“
    „Was wollt Ihr hier?“ fragte sie bange.
    „Es wird Zeit, daß ich den Befehl Roulins ausführe, du mußt ins Bergwerk.“
    „Ich werde nicht in dasselbe gehen!“
    „Ach! Nicht? Wirklich nicht?“
    „Nein.“
    „Auch nicht, wenn wir dich zwingen?“
    „Auch dann nicht. Ich wehre mich so lange, bis ich tot bin!“
    „Laß dich nicht auslachen! Was willst du tun gegen meine Kräfte! Und selbst, wenn du stärker wärst als ich, müßtest du dich fügen. Ich würde dich zum Beispiel hier einschließen, bis der Hunger und der Durst dich so abgemattet hätten, daß du kein Glied bewegen könntest.“
    „Bei Gott und allen Heiligen, bei allen Himmeln und meiner ewigen Seligkeit schwöre ich Euch, daß Ihr mich nicht in Euer entsetzliches Quecksilberbergwerk bringen werdet!“
    In diesem Augenblick war die Alte herbeigekommen. Sie hatte den Schwur gehört.
    „Ist die Dirne toll?“ fragte sie, in die Stube tretend.
    „Es scheint so“, antwortete Juanito.
    „Was glaubt sie denn? Meint sie denn, uns widerstehen zu können?“
    „Eben das meint sie.“
    „Na, da zeigt Ihr doch das Gegenteil. Greift doch zu! Ich helfe Euch.

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