53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten
besorgen. Ihr seid nun hier wie daheim und könnt eure Waffen ablegen; ich komme gleich wieder.“
Damit ging er.
„Dieser Kerl muß doch rechte Angst vor unseren Büchsen haben!“ meinte Günther von Langendorff.
„Er legt es darauf an, daß wir sie partout aus der Hand geben müssen. Der Esel macht dies aber doch ein wenig zu auffällig.“
„Es behagt mir hier nicht so recht.“
„Warum?“
„Es gibt nicht einmal ein Fenster. Schließt man uns hier ein, so können wir uns nicht einmal unserer Haut wehren.“
„O doch. Wir können durch das Dach.“
„Ist das so dünn?“
„Ja; ich werde gleich einmal probieren.“
Steinbach stieg auf den Tisch. Er selbst war so lang, daß er nun mit dem Kopf fast die Decke erreichte. Als er sie mit den Händen untersuchte, gab sie nach.
„Siehst du“, sagte Steinbach, wieder vom Tisch steigend. „Da hinaus bleibt uns für alle Fälle ein Weg.“
Sie hatten gar nicht lange Zeit, sich zu besprechen, denn Juanito kehrte sehr schnell zurück und breitete einige Decken in der Ecke aus, die ihnen zum Lager dienen sollten. Dabei sagte er:
„So, Señores. Nun macht es euch bequem. Legt ab.“
„Es scheint Euch sehr viel daran zu liegen, daß wir es uns bequem machen.“
„Mir? Nein; ich sage das nur um euretwillen. Ich bin das eben so gewöhnt; ich lege die Waffen stets ab, sobald ich der Gast eines anderen bin. Wer das nicht tut, der beleidigt den Gastgeber, indem er dadurch andeutet, daß er ihm nicht traue.“
„Legt denn der Gastgeber auch seine Waffen ab?“
„Ja; ich habe nur den Revolver im Gürtel. Seht, da liegt er.“
Juanito zog die Waffe aus dem Gürtel und legte sie auf den Tisch. Darum nahm Steinbach nun auch sein Beil aus dem Futterale und stellte es in die Ecke. Günther tat dasselbe mit seiner Büchse. Jetzt schien Juanito befriedigt zu sein. Er sagte:
„So lasse ich es mir eher gefallen. Nun werde ich nachschauen, ob der Braten fertig ist; ihr erlaubt vielleicht, daß ich euch selbst bediene, Señores?“
„Gern.“
Juanito ging wieder fort. Schnell trat Steinbach zum Tisch, auf dem der Revolver noch lag.
„Man kann nicht wissen, was passiert. Vielleicht kommt es zum Schießen. Da wollen wir dieses Ding doch lieber unschädlich machen.“
„Ist er geladen? Er hatte doch vier oder fünf Schüsse auf den Wolf abgegeben.“
„Hier sehe ich, daß er wieder geladen hat.“
„So mach schnell, ehe er zurückkehrt.“
Steinbach zog die Patronen aus der Trommel und legte die Waffe wieder hin. Er hatte das kaum getan, so kehrte Juanito zurück, in den Händen eine Platte mit frischen Tortillas und appetitlich riechenden Bratenstücken.
„So, Señores, hier habt ihr euer Essen“, sagte er, indem er dasselbe auf den Tisch stellte.
Steinbach und Günther setzten sich und ersterer fragte:
„Gibt es vielleicht noch einen dritten Stuhl?“
„Für wen? Etwa für mich?“
„Ja, natürlich.“
„Ich brauche keinen.“
„Ihr könnt doch nicht im Stehen essen.“
„Danke, ich esse nicht. Das ist für euch, ich habe bereits gegessen.“
„Das wäre doch recht schnell gegangen. Wann denn?“
„Vorhin, als ich zehn Minuten von euch fort war.“
„Was könnt Ihr während dieser Zeit genossen haben? Nichts. Nein, wenn Ihr nicht mit uns eßt, so essen auch wir nicht. Wir sind Eure Gäste, und Ihr müßt mit an dem Mahl teilnehmen.“
„Nun gut; ich will euch auch hierin euren Willen tun, Señores.“
Juanito ging und kehrte bald mit einem Stuhl und einem Stück kalten Fleisches zurück.
„So ist's recht“, lachte Steinbach. „Ihr werdet sehen, daß es zu dritt besser schmeckt als zu zweien. Ich bitte, greift zu.“
Juanito nahm sich eine der Tortillas und biß hinein. Das sind flache Maiskuchen. Sie waren also nicht giftig, sonst hätte er sich gehütet, sie zu kosten.
„Nun Fleisch! Bitte!“
Steinbach zog sein Messer, schnitt ein Stück des Bratens ab und legte es Juanito hin.
„Danke, danke“, sagte dieser schnell. „Ich esse nicht warm, sondern kalt.“
„Wir beide auch. Da wir aber Warmes und Kaltes haben, so teilen wir. Nehmt nur Braten.“
„Behaltet ihn immer für euch; ich bin kein großer Freund davon.“
Doch Steinbach drang in ihn. Juanito kam in aller größte Verlegenheit. Ohne ganz und gar unhöflich zu sein, konnte er sich nicht länger weigern, und doch war es unmöglich, von dem vergifteten Fleisch zu essen. Er versuchte alle möglichen Ausreden und Entschuldigungen, bis Steinbach endlich
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