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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wir die Sachen durch List herausbrächten, ohne daß der Kreishauptmann es merkt! Wenn man die Schlüssel zum Beispiel hätte! Aber da fällt mir ein: Ich habe gestern abend während des Konzerts gesehen, daß die Kreishauptmännin einen Pompadour bei sich hatte.“
    „Was ist das?“
    „Ein kleiner Sack oder Beutel, mit Verzierungen versehen, den man am Arm oder in der Hand trägt, um allerlei Sachen darin aufzubewahren.“
    „Oh, diesen Beutel kenne ich. Sie hat, wenn sie des Abends fortgeht, immer auch die Schüssel darin.“
    „Famos! Da könnte es sich machen! Weißt du, wir müssen das Volk aus dem Haus locken. Deine Eltern müssen den Kreishauptmann nebst Frau und Sohn einladen und sie heute abend möglichst lange festhalten. Wird das gehen?“
    „Sehr leicht. Wenn ich mit dem Rittmeister ein wenig freundlich tue, so sind alle drei so entzückt, daß sie ganz sicher das Nachhausegehen vergessen.“
    „Gut. Während ihrer Abwesenheit wird der Einbruch ausgeführt. Wenn wir nur das Volk loswerden könnten, das noch im Regierungsgebäude wohnt, die Diener!“
    „Das sind nur drei. Das wird mir auch leicht werden. Ich sende zwei meiner Tungusen hin, die sie nach dem Wirtshaus holen müssen. Die drei werden denken, daß sie auch einen Wodka trinken können, wenn es sich ihre Herrschaften in unserem Lager lustig machen.“
    „Schön! Soweit wäre alles recht günstig. Nun handelt es sich nur noch um die Schlüssel.“
    „Das ist das Schwierigste.“
    „Wir werden sie ihr heute abend herausnehmen.“
    „Aber wie? Das ist ungeheuer schwer!“
    Beide berieten nun, wie das am besten zu erreichen sei, und bald war der Plan fertig. Auch Verabredungen wurden getroffen, wo die Tungusen die geraubten Gegenstände finden würden. Um jeden Verdacht von sich abzulenken, wollte Sam dann mit seinen beiden Genossen einen Ritt in die Steppe machen und später nach den Zelten der Tungusen zurückkehren. Als sie alles besprochen hatten, rief Sam jedoch plötzlich:
    „Und doch bleibt noch jemand im Haus!“
    „Wer?“ fragte Karpala erstaunt.
    „Gökala.“
    „Die wird dich nicht verraten.“
    „Nein, ganz gewiß nicht. Aber für mich und vor allen Dingen für sie selbst wäre es besser, wenn sie sich nicht im Haus befände.“
    „Ja, wenn sie eingeschlossen ist, so kann sie nicht fort.“
    „Hm! Sie wird dennoch fortgehen.“
    „So? Wohin?“
    „Mit dem Kreishauptmann zu euch.“
    „Das wäre herrlich, prächtig! Aber wie wolltest du das so weit bringen?“
    „Das laß nur meine Sache sein! Du wirst es sehen. Jetzt, denke ich, ist alles besprochen. Hast du noch einen Wunsch oder eine Bemerkung?“
    „Nein. Übrigens, falls mir noch etwas einfällt, so sehen wir uns doch vorher noch einmal?“
    „Natürlich. Jetzt reiten wir fort. Wenn wir zurückkehren steigst du zu Pferd, reitest nach dem Regierungsgebäude, lädst den Kreishauptmann nebst Familie ein und begehrst Gökala zu sehen, um auch sie mit einzuladen.“
    „Das wird man mir verwehren.“
    „Ja. Ich bin indessen zu Fuß nachgekommen, und du trittst ganz wie zufällig an das Fenster, damit ich sehe, daß der Augenblick da ist, an dem man dir verweigert hat, Gökala zu sehen. Dann komme ich hinauf.“
    „Wozu?“
    „Um sie zu zwingen, Gökala dir zu zeigen und abends mitzubringen.“
    „Mann, Sam, wie willst du sie zwingen? Welche Macht hast du über sie?“
    „Hm! Auch davon später. Ich habe jetzt keine Zeit mehr. Man wartet auf mich, und ich habe hier bereits zu lange geplaudert.“
    Karpala trat in das Zelt, und Sam sattelte die drei Pferde.
    Obgleich diese Unterredung ziemlich lange gewährt und vor den Augen so vieler Leute stattgefunden hatte, war sie doch niemandem aufgefallen. Der Fremde konnte natürlich mit der Tochter seines Gastfreundes reden, und beide taten dabei, als ob es sich um etwas ganz Gewöhnliches und Unverfängliches handle.
    Nach seiner Unterredung mit Karpala bestieg Sam sein Pferd, nahm die beiden anderen am Zügel und ritt nach dem Gasthof, wo er längst schon mit Ungeduld erwartet worden war.
    „Wo steckst du denn?“ fragte Jim. „Schau uns an! Wir sind vor Langeweile noch einmal so lang geworden, als wir vorher waren. Da ist es kein Wunder, wenn wir dünner werden.“
    „Gebt euch nur zufrieden. Es gab etwas Wichtiges, was ich euch unterwegs erzählen werde. Steigt auf, damit wir vorwärtskommen!“
    Sam befahl den beiden Kosaken, nun aufzubrechen, aber so langsam zu reiten, wie er ihnen bereits angeraten hatte.

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