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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Bitte an dich diktierte, mich als eine Vergessene zu betrachten.“
    „Und diese Bitte konnte ich dir nicht erfüllen. Es war und ist mir ja eine Unmöglichkeit, dich zu vergessen.“
    „Und doch wirst du dazu gezwungen sein!“
    „Du meinst, daß ich dich wieder verlassen soll?“
    „Ja.“
    „Das tue ich nicht!“
    „So werde ich dir geradeso entschlüpfen, wie damals in Stambul.“
    „Und weshalb?“
    „Mein Gott, das ist es ja, was ich dir nicht sagen durfte und auch jetzt nicht sagen darf!“
    Ein Lächeln glitt über sein Angesicht.
    „Oh, mein süßes Herz“, sagte er in zuversichtlichem Ton, „ich bin überzeugt, daß du mir sogar noch heute, schon jetzt, hier an diesem Ort dieses traurige Geheimnis enthüllen wirst. Es ist mir ja bereits seit langer Zeit bekannt.“
    „Wirklich?“ fragte sie beinahe erschrocken.
    „Ja. Entsinnst du dich noch unseres Gesprächs, das wir führten, als wir an jenem Abend in Konstantinopel so selig vereint unter dem Baum am Wasser saßen? Hättest du damals aufrichtig mit mir sein können, hättest du mir mitteilen dürfen, welcher Zweck, welche Absicht, welcher Zwang dich an den Grafen kettete, so wären diese Ketten längst zerrissen.“
    „Es mußte mein Geheimnis bleiben!“
    „Du sagtest dies schon damals; ich aber antwortete dir, daß ich nicht eher ruhen würde, als bis es mir gelungen sei, dieses Rätsel zu lösen.“
    „Das erschien mir als unmöglich.“
    „Und doch ist's gelungen. Jetzt kenne ich dich.“
    „Oskar!“
    „Erschrickst du darüber?“
    „Sehr, denn ein teures Leben steht in großer Gefahr.“
    „Dasjenige deines Vaters?“
    „Wie – du weißt –?“
    Sie blickte ihm forschend und erschrocken in das Gesicht.
    „Ich weiß alles!“ nickte er.
    „Mein Gott, so muß er sterben! Der Graf wird ihn töten, sobald er erfährt, daß noch ein anderer als er und ich um das Geheimnis weiß!“
    „Beruhige dich! Ich bin vielmehr überzeugt, daß des Grafen letzte Stunde geschlagen hat. Ich bin gekommen, um mit ihm abzurechnen.“
    „Du wußtest, daß er sich hier befindet?“
    „Ja. Das heißt, bis vor wenigen Minuten wußte ich es nicht genau, ich wollte es erfahren. Sam sagte es mir aber vorhin, er hat es ausgekundschaftet.“
    „Ah, nun erkläre ich mir die Reden deines wunderlichen Freundes!“
    „Der Graf kennt aber den Aufenthaltsort deines Vaters auch.“
    „Ich weiß es.“
    „Er ist hin zu ihm.“
    „Auch das weiß ich.“
    „Wirklich? Weißt du auch, was er dort bei ihm will?“
    „Ja. Er will ihn befreien.“
    „Fast möchte ich daran zweifeln. Wenn er deinen Vater befreien will, muß er sich selbst anklagen, denn er war es ja, der durch falsches Zeugnis und andere Verbrechen ihn zum Verbannten machte. Ich bin überzeugt, daß der Graf dich ebenso betrügen will, wie er andere betrogen hat.“
    „Das wäre schrecklich.“
    „Darum bitte ich dich, sei aufrichtig!“
    „Gott, was soll ich tun!“
    „Habe Vertrauen zu mir! Du wirst es nicht bereuen.“
    „Weißt du überhaupt, warum der Graf meinen Vater in das Verderben führte?“
    „Ja. Er wollte dich besitzen. Du solltest sein Weib werden.“
    Sie senkte die Augen, während eine tiefe Glut ihr Angesicht bedeckte.
    „Armes, armes Kind! Gelang es dir denn niemals, dich ihm zu entziehen?“
    „Nein; ich konnte das nicht wagen. Er hatte mir gedroht, sobald ich ihn verließe, würde mein Vater sterben. So blieb ich also bei ihm, nur um den Vater am Leben zu erhalten. Was für elende Jahre das gewesen sind, das vermag ich nicht in Worte zu fassen.“
    Sie schlug die Hände vor das Gesicht und begann zu schluchzen. Steinbach blickte finster vor sich nieder. Es überkam ihn eine Regung des Unmuts gegen die Geliebte, doch schon nach wenigen Augenblicken siegte sein besseres Gefühl. Er zog Gökala an sich und sagte:
    „Du hast ganz so gehandelt, wie es deine Schuldigkeit als Tochter war, meine Gökala. Doch ich fürchte, daß der Graf noch andere Hintergedanken gehabt hat. Hat er nicht noch mehr Bedingungen gestellt?“
    „Ich sollte ein Dokument unterschreiben, in dem ich ihm alle Rechte abtrete, die mir, als dem einzigen Kind des Maharadschas von Nubrida zustehen.“
    „Ah, jetzt beginne ich seine Absicht zu durchschauen! Gökala, ich hatte recht, als ich vorhin sagte, dein Vater befinde sich in größter Gefahr, wenn du zögerst, dich mir anzuvertrauen. Der Graf will dir deinen Vater zeigen. Bei dem Anblick des alten, unglücklichen Mannes soll dein Herz in

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