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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wehmut zerfließen, und du sollst bereit sein, dem Grafen deine Hand zu geben. Ist aber das geschehen, so stirbt dein Vater, dann braucht der Graf ihn ja nicht zu befreien, er ist seines Versprechens ledig, und du bist doch sein Weib. Du hättest dann das Recht der Thronfolge an den Grafen abgetreten, und folglich gehörte ihm die Regierung.“
    Gökala machte eine Miene des Erstaunens, holte seufzend tief Atem und sagte:
    „Ja, jetzt begreife ich auch alles, alles!“
    „Nicht wahr, der Graf handelt nicht nur aus wahnsinniger Liebe zu dir, sondern auch aus Eigennutz und Politik?“
    Da ergriff sie seine Hand und bat:
    „O Oskar, rette, rette meinen Vater!“
    „Habe keine Sorge. Ich werde ihn retten. Ich werde alle Kraft aufbieten, Polikeff zu besiegen. Aber dann –“
    „Dann?“ fragte sie.
    „Dann, ja, was wird dann sein?“
    „Das fragst du noch, Oskar? Dann mußt du mit nach Nubrida. Ich trachte nicht nach der Herrschaft meines Vaters, ich bin ein Weib, ich will weiter nichts, als dein Weib sein, und du sollst als mein Gebieter und als der Gebieter meines Volkes auf dem Thron meiner Väter sitzen. Ohne dich gibt es für mich kein Glück, keinen Segen, kein Heil. Dein will ich sein. Nur von dir will ich die Seligkeit empfangen, nach der ich mich sehne. Alles andere achte ich nicht. Du hast bereits in Konstantinopel gehört, daß ich die Dichter deines Vaterlandes kenne. Euer Schiller sagt so treffend:
    ‚Raum ist in der kleinsten Hütte
Für ein glücklich liebend Paar.‘
    Eine solche Hütte wünsche ich mir, und dich als den Herrn derselben und auch als meinen Herrn. Dann bin ich zufrieden. Mein Vater wird nicht mehr ein Verbannter, sondern ein freier Mann sein und nichts weiter wünschen, als sich an dem Glück seines Kindes freuen zu können. Meinst du nicht, daß eine solche Zukunft wohl wert sei, sich auf sie zu freuen?“
    Sie legte ihren Arm um ihn, preßte ihr Köpfchen liebevoll an seine Brust und blickte fragend zu ihm auf. Er küßte sie auf die reine, weiße Stirn und antwortete:
    „Ja, meine Geliebte. Sie ist es wert, daß man mit allen Kräften nach ihr ringe.“
    „Nun, so wollen wir es tun!“
    „Du hast recht. Tun wir es! Es ist zwar ein großes Opfer, das du, die Tochter eines Maharadscha, deiner Liebe zu mir bringen willst. Ich will es jedoch annehmen, falls auch dein Vater einwilligt, und ich hoffe, daß du nie bereuen wirst, es mir gebracht zu haben.“
    „Bereuen? Ich werde dich noch in meiner Todesstunde dafür segnen, daß du mir erlaubt hast, mein Schicksal an das deinige zu ketten. Nie werde ich es glauben können, daß ich dir ein Opfer gebracht habe. Ist es denn ein Opfer, ein so unendliches Glück am Herzen des Geliebten zu empfinden?“
    „Gökala!“ rief er aus, von seiner Liebe übermannt.
    „Oskar, mein Oskar! Willst du mich nicht einmal bei meinem richtigen Namen nennen?“
    „Semawa, meine herrliche Semawa!“
    Sie blickte strahlenden Auges zu ihm auf und flüsterte:
    „Ich danke dir. So hat meine Mutter mich genannt, und so sollst auch du mich fortan nennen. Es wird mir so klingen, als ob ihr Geist aus deinem lieben Mund zu mir spräche, als ob jedesmal, wenn du mich so nennst, dieser Name ein Segenswort sei, das sie mir aus der Wohnung der Seligen sendet. Sag den Namen noch einmal, noch einmal!“
    Er näherte seinen Mund ihren Lippen und antwortete:
    „Meine heißgeliebte Semawa, ich bin namenlos glücklich, unaussprechlich glücklich. Es gibt auf Gottes weiter Erde keinen Menschen, mit dem ich tauschen möchte.“
    „Auch für mich gibt es keinen. Oskar, wir werden eine Seligkeit erleben, wie sie nur wenig Sterblichen beschieden ist.“
    Da wurde an den äußeren Zeltpfahl geklopft, und die Stimme des dicken Sam ließ sich vernehmen:
    „Meine Herrschaften, ist die Konferenz noch nicht bald beendet? Es leben außer Ihnen auch noch andere Menschen in Sibirien und in Platowa.“
    „Komm herein!“ antwortete Steinbach.
    Jetzt wurde das Türtuch zurückgeschlagen, und der Dicke trat ein. Er betrachtete die beiden, die eng verschlungen vor ihm standen, lachenden Angesichts und fragte:
    „Nun, mein gnädigster Herr Steinbach, wie hat Ihnen denn dieser alte, dicke Fürst der Tungusen gefallen?“
    „Ausgezeichnet!“ lachte Steinbach. „Ich habe nie geglaubt, daß ein Tunguse so schön und so liebenswürdig sein kann. Mein Dank aber gehört dir zeit meines ganzen Lebens, mein lieber, wackerer Kamerad.“
    Er reichte Sam die Hand. Dieser schlug ein und

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