Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
erraten, durch das Freund und Feind wohl kommen würden.
    Da erblickte er einen schwarzen Punkt, der sich von einer sanften, unbewachsenen Berglehne herabbewegte. Dieser Punkt wurde schnell größer. Nach fünf Minuten erkannte Steinbach, daß es ein einzelner Reiter sei, der ganz hier in der Nähe vorüberkommen mußte.
    Der Deutsche zog sich noch mehr hinter den Busch zurück und erkannte zu seinem Erstaunen – den einstigen Derwisch, der schwitzend vor Anstrengung herbeigejagt kam. Wohl ahnend, daß es eine kleine Hetze geben werde, wand Steinbach sich den Lasso von der Hüfte, legte ihn in regelmäßige Schlingen und hielt ihn bereit zum Wurf.
    Jetzt war Bill Newton da. Er hatte einen scharfen Ritt hinter sich und war ganz erhitzt. Voll Schreck fuhr er zusammen, als Steinbach jetzt sein Pferd hinter dem Busch hervortrieb.
    „Willkommen, Osman Derwisch!“ erklang es laut. „Woher und wohin so schnell?“
    Der Angeredete hielt unwillkürlich sein Pferd an.
    „Steinbach!“ entfuhr es ihm vor Schreck.
    „Ah, du kennst mich sofort? Ja, wir sind alte Bekannte, die sich nicht so leicht vergessen. Sei doch so gut und steige einmal ab. Ich habe so zwei oder drei kleine Wörtchen mit dir zu reden!“
    Diese Aufforderung gab Bill Newton seine Geistesgegenwart wieder.
    „Verdammt will ich sein, wenn ich es tue!“ rief er aus.
    Er gab dem Pferd die Sporen und galoppierte davon.
    Steinbach war ihm schon bis auf einige Schritte nahe gewesen. Er schnalzte nur mit der Zunge. Das verstand sein Rapphengst nur zu gut. Das edle Tier schoß dem flüchtigen Reiter so schnell nach, daß für diesen keine Möglichkeit zum Entkommen war.
    „Halt, Halunke!“ rief Steinbach.
    „Stirb, Hund!“ antwortete der Derwisch.
    Bill riß seine Pistole aus dem Gürtel und drehte sich im Sattel um, um zu schießen. Er hatte aber die Hand mit der Waffe noch nicht erhoben, so sauste Steinbachs Lasso durch die Luft, und die Schlinge schlang sich um seinen Oberkörper, die Arme ihm an den Leib schließend. Die Waffe ging zwar los, doch traf die Kugel nicht, denn Steinbach hatte nach echter Cowboyart schnell sein Pferd herumgerissen. Der Lasso war ebensoschnell abgelaufen und, da das andere Ende am Sattelknopf befestigt war, so wurde Bill mit unwiderstehlicher Gewalt vom Sattel herunter auf die Erde gerissen. Sein Pferd rannte zwar noch eine kurze Strecke fort, blieb aber sodann aus freien Stücken stehen.
    Jetzt sprang Steinbach aus den Bügeln und trat zu dem Gefangenen, der mit den Füßen strampelte und sich alle Mühe gab, mit den eingeengten Armen die Schlinge zu erweitern, um aus derselben entschlüpfen zu können.
    „Wehre dich nicht!“ rief Steinbach. „Du ziehst nur die Schlinge weiter zusammen. Warum hast du mir nicht gehorcht und bist nicht haltengeblieben? Ich wollte mich sehr gemütlich mit dir unterhalten, nun aber hast du es nur dir zuzuschreiben, wenn das Gespräch ein wenig ungemütlich für dich wird. Vorher aber will ich dafür sorgen, daß du niemandem mehr gefährlich werden kannst.“
    Steinbach nahm ihm sämtliche Waffen ab; dann wand er ihm den Lasso noch fester um Arme und Leib; die Beine aber ließ er ihm frei.
    „So! Und nun sage mir vor allen Dingen, woher du kommst.“
    Der Gefragte warf ihm einen wütenden Blick zu, antwortete aber nicht.
    „Und wohin du gehst!“
    Auch jetzt erfolgte keine Antwort.
    „Nun, wenn du vielleicht die Sprache verloren haben solltest, so werde ich dafür sorgen, daß sie dir augenblicklich wiederkommt. Also woher?“
    Der Gefragte schwieg.
    „Nun gut, du willst es nicht anders.“
    Er zog sein Bowiemesser, kniete Bill auf die Brust, faßte dessen Haar mit der Linken und erhob mit der Rechten das Messer.
    Da erhielt Bill allerdings sofort die Sprache zurück.
    „Um Gottes willen!“ rief er erschrocken. „Ihr wollt mich doch nicht etwa skalpieren?“
    „Gewiß werde ich das!“
    „Ihr, ein Christ?“
    „Das ist hier sehr gleichgültig.“
    „Bei lebendigem Leibe?“
    „Du bist ja tot!“
    „Ihr seht und hört doch, daß ich am Leben bin!“
    „Vorhin warst du aber tot. Ich sage dir, daß ich dich unbedingt skalpiere, wenn du mir die Fragen, die ich dir jetzt vorlege, nicht beantwortest.“
    Er ließ die blanke Messerklinge vor seinen Augen leuchten und fragte:
    „Also woher?“
    „Von Prescott.“
    „Das weiß ich. Ich meine heute!“
    „Von den Papagos.“
    „Schön! Wo lagern oder wo lagerten sie?“
    „Ungefähr zwanzig englische Meilen von hier gegen

Weitere Kostenlose Bücher