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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wirklichkeit bei ihr gewesen sei und einen alten Anzug gekauft und sehr gut bezahlt habe. Zufälligerweise hatte sie dann gehört, daß er mit dem ersten Morgenzug in der Richtung nach San Franzisco fortgefahren sei.
    Natürlich begab Steinbach sich sofort nach der Station, um sich zu erkundigen. Er hatte sich den Anzug, den Bill gekauft hatte, beschreiben lassen und alles genau notiert. Bald hatte er ausgekundschaftet, daß einer, der ganz genauso gekleidet gewesen war, sich ein Billet bis San Franzisco genommen habe, und ließ sofort den Telegraphen spielen.
    Es war noch eine halbe Stunde, so ging der nächste Zug in gleicher Richtung ab. Steinbach war entschlossen, ihn zu benutzen, und versah den dicken Sam mit den nötigen Instruktionen. Alle, die sich jetzt im Todestal befanden, sollten dort bleiben. Bis zum nächsten Vormittage würden Kriminalbeamte dort erscheinen, um die Untersuchung einzuleiten; mit ihnen würde auch Steinbach zurückkehren, falls es sich tun lasse. So ritt also Sam mit Steinbachs Pferd, der dasselbe jetzt nicht brauchte, am Zügel fort. Der letztere aber saß eine halbe Stunde später im Waggon, eifrig wünschend, daß seine gegenwärtige Jagd eine erfolgreiche sein möge.
    Es befanden sich nur wenige Passagiere in dem Wagen. Nach amerikanischer Sitte bekümmerte sich keiner um den anderen. Aber in Fresno stieg einer ein, der gleich im ersten Augenblick erraten ließ, daß er kein Yankee sei, denn er grüßte Steinbach höflich und bat diesen um die Erlaubnis, sich zu ihm setzen zu dürfen.
    Er mochte ein Nordländer sein, sprach das Englische nicht sehr geläufig und schien an Steinbach je länger desto größeren Gefallen zu finden. Endlich wurde er so gesprächig, daß er von seiner Vergangenheit zu sprechen begann. Diese war allerdings eine ziemlich interessante, denn er war – Verbannter in Sibirien gewesen, und nur durch eine wirklich seltene Kühnheit war es ihm gelungen, über die chinesische Grenze zu entkommen. Von da war er zu Schiff nach Amerika gegangen, um da sein Glück weiter zu versuchen. Es war ihm nicht ungünstig gewesen, denn er kam jetzt aus der Sonora und hatte, wie er aufrichtig mitteilte, dort als Goldsucher ein recht gutes Geschäft gemacht.
    Steinbach interessierte sich für die Erlebnisse dieses Mannes, und als derselbe das merkte, begann er noch mittelsamer zu werden als vorher.
    „Ja, Herr“, sagte er, „man darf ja nicht denken, daß alle Gefangenen in Sibirien Verbrecher sind. Es gibt sehr viele unter ihnen, die ein besseres Schicksal verdienen. Ich habe Leute kennengelernt, Leute von hohem Adel, sogar aus fürstlichem Stand, die in den Bergen arbeiten oder an den Flüssen Schiffe schleppen mußten. Sogar ein indischer Prinz oder Fürst oder gar König war dabei.“
    „Das ist doch unmöglich!“
    „Warum?“
    „Weil ein Inder, zumal wenn er einen so hohen Rang bekleidet, unmöglich in Rußland verurteilt werden kann.“
    „Meint Ihr? Da seid Ihr nicht in Sibirien gewesen. Es kann gar vieles möglich gemacht werden, was sonst unmöglich ist. Dieser Fürst war von einem Feind aus seinem Land gelockt worden, von einem russischen Grafen namens Polikeff.“
    Steinbach horchte auf. Polikeff hieß ja Gökalas Peiniger.
    „Habt Ihr Euch den Namen auch richtig gemerkt?“ fragte er.
    „Natürlich! Der Inder hat ihn mir wohl mehr als hundertmal gesagt. Sogar seinen Vornamen Alexei dazu.“
    „Sonderbar, den Mann kenne ich!“
    „Das wäre freilich ein seltener Zufall. Ist er ein Ehrenmann?“
    „Nein, sondern das Gegenteil.“
    „Ganz richtig! Nun werdet Ihr meinen Worten wohl Glauben schenken! Der Inder nämlich hatte eine Tochter, die von großer Schönheit war. Polikeff sah sie, verliebte sich in sie und wurde abgewiesen. Um sich zu rächen, lockte er den Vater über die Grenze seines Landes nach Rußland, und dieser wurde, nachdem der Graf ihn dort als Anführer angezeigt hatte, nach Sibirien geschafft.“
    „Das klingt unglaublich!“
    „Ist aber wahr. Der Unglückliche war der Fürst von Nubrida und hieß Banda.“
    Da fuhr Steinbach, wie von einer Otter gestochen, von seinem Sitz auf und fragte:
    „Hat er Euch den Namen seiner Tochter vielleicht einmal genannt?“
    „Ja. Sie hieß Semawa.“
    Gökala ist türkisch, Semawa arabisch. Beides bedeutet himmelblau.
    „Sir“, rief Steinbach, „wo habt Ihr den Inder kennengelernt?“
    „Unter den Zobeljägern. Er führt unter den Verbannten die Nummer ‚Fünf‘.“
    „Nicht im Bergwerk

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