Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
sich nämlich langsam von ihrem Sitz, trat einen Schritt näher zu ihm heran und sagte:
    „Du warst also Zeuge, daß er mich küßte. Dann warst du wohl auch in der Nähe, als ich über den Fluß ritt und das Eis unter mir und dem Pferd brach?“
    „Ja.“
    „Ich hatte die Besinnung verloren. Als ich wieder zu mir kam, lag ich hier bei euch.“
    „Ich habe dich hergetragen.“
    „Wer aber hat mich aus dem Fluß, unter dem Eise hervorgeholt?“
    „Diese Nummer Zehn. Ich rief ihn herbei.“
    „Ah, du riefst ihn herbei. Und weil du keinen Mut hattest, weil du für dein Leben fürchtetest, mußte er das seinige wagen?“
    „Pah! Ein Deportierter!“
    „Und als ich mich dann nach meinem Retter erkundigte, verleugnetest du ihn und sagtest, du hättest ihn nicht gekannt? War das recht von dir?“
    „Es war ganz richtig gehandelt. Der Hund wagte es, dich zu berühren. Lieber hätte er dich sterben lassen sollen. Es ist besser für dich, tot zu sein, als von ihm berührt zu werden. Ich habe ihm die Peitsche über sein Gesicht gezogen, daß sofort die Haut zerriß. Er sprang empor und sah mich einen Augenblick lang an, als ob er mich verschlingen wolle. Dann wandte er sich um und entfloh.“
    „Er entfloh?“ fragte Karpala. „Er, der sich zwischen die türmenden Eisschollen stürzte, um ein unbekanntes Mädchen zu retten, das zu retten du zu feig warst, obgleich du bereits damals wußtest, daß es deine Braut sei?“
    Sie hatte das mit sehr erhobenem Ton gesagt. Sein Gesicht rötete sich, und die Adern seiner Stirn schwollen an.
    „Hüte dich, mich feig zu nennen!“
    „Bist du es etwa nicht gewesen?“
    Sie standen einander gegenüber, sie mit einem Blick voll deutlich ausgesprochener Verachtung, er mit wutblitzenden Augen. Der Kreishauptmann wollte sie trennen, sein Sohn aber wies ihn mit einer heftigen Armbewegung zurück.
    „Er mag mir antworten!“ bestand Karpala auf ihrem Willen.
    „Ja, ich werde antworten“, meinte der Rittmeister zornig. „Ich hätte dich gerettet, wenn jener Mensch nicht dagewesen wäre. Er konnte sich an meiner Stelle naß machen!“
    „So soll er auch an deiner Stelle auf die Belohnung Anspruch erheben.“
    „Beim heiligen Andreas, meinem Schutzpatron, welche Belohnung meinst du?“
    „Hierauf brauche ich dir nicht zu antworten.“
    „Oho! Ich befehle es dir!“
    „Mir? Einer Prinzessin?“
    „Ja, dir! Und du wirst mir gehorchen!“
    „Nie!“
    „So werde ich dich zwingen!“
    Der rohe Mensch erhob den Arm.
    „Willst du mich etwa schlagen?“ rief Karpala, keinen Schritt breit zurückweichend, und blickte ihm furchtlos in die Augen. Da besann er sich, ließ den Arm wieder sinken und antwortete in höhnischem Ton:
    „Nein, dich nicht. Es gibt ja einen Prügeljungen. Vielleicht tun dir die Hiebe weh, wenn er sie bekommt.“
    Damit ergriff er die Glocke, läutete und rief zugleich:
    „Nummer Zehn!“
    Der Kosak trat ein, zog die Tür hinter sich zu, blieb in demütiger Haltung stehen, und kein Zug seines Gesichtes zeigte, was er dachte oder fühlte.
    „Die Prinzessin hat dir einen Ring schenken wollen?“ fragte der Rittmeister.
    „Ja, Herr.“
    „Du hast ihn nicht zurückgewiesen?“
    „Nein, Herr.“
    „Hund! Kennst du deine Pflicht nicht besser? Da hast du den Lohn!“
    Der Rittmeister nahm mit diesen Worten die Peitsche vom Tisch und schlug auf den Armen los. Dieser zuckte nicht mit den Wimpern, nur drehte er sich seitwärts und hielt den Arm empor, damit die Hiebe nicht sein Gesicht treffen konnten.
    Jetzt war der Arm des Rittmeisters müde geworden. Er warf die Peitsche von sich und schrie:
    „So, jetzt hast du den Lohn, und nun pack dich hinab in den Stall.“
    „Zu Befehl, Herr!“ antwortete der Geschlagene und ging.
    Der Rittmeister drehte sich darauf zu Karpala um und fragte, sie voller Hohn:
    „Nun, wie hat es getan?“
    „Weh nicht“, antwortete sie, ihm kalt in die Augen blickend. „Sollte mir das weh tun, so müßtest du mir nicht so verächtlich sein, wie du es bist. Er ist ein Held!“
    „Alle Teufel! Ein Held!“
    „Ja, ein Held und ein Märtyrer. Ein Held, weil er nicht nur die Schmerzen verbiß, sondern weil er sich trotz der tödlichen Beleidigung beherrschte und sein Herz zur Ruhe zwang. Ein Märtyrer aber, weil er unschuldig für mich litt.“
    Der Rittmeister stampfte mit dem Fuß auf, daß alles erdröhnte.
    „Eine tödliche Beleidigung! Als ob ein Offizier einen Verbrecher beleidigen könnte! Und unschuldig für dich gelitten! Er

Weitere Kostenlose Bücher