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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gar nicht daran denkend, daß der Kosak ihnen folgte, ja, ihnen sogar folgen mußte, weil er gezwungen war, eine ganz bestimmte Distanz einzuhalten. –
    Auch Karpala war durch die Furt geritten, um den Gefühlen, mit denen sie die Wohnung des Kreishauptmannes verlassen hatte, das Gleichgewicht zu halten.
    So jagte sie über die Ebene dahin. Sie wollte den widerwärtigen Gedanken, daß sie die Braut eines rohen Menschen sei, von sich werfen. Doch es gelang ihr nicht. Ein heiliger, jungfräulicher Zorn erfüllte ihre Seele. Die Frau dieses Mannes! Sich von ihm liebkosen zu lassen! Bis zum Tod bei ihm zu sein! Niemals.
    Aber der Eid des Vaters, den er dem Schamanen geleistet hatte! Er mußte ja erfüllt werden. Wie war da dieser Zwiespalt auszugleichen? Und obwohl sie sann und sann, so fand sie doch kein Mittel.
    Da dachte sie an den Kosaken. Karpala erkannte noch gar nicht, welch tiefen Eindruck er auf ihre Seele, auf ihr Herz gemacht hatte, aber sie wurde innerlich doch ruhig bei dem bloßen Gedanken an ihn. Sie fühlte ein seelisches Wohlbehagen, ein Etwas, was sie bis jetzt noch nicht gekannt hatte, und hätte laut aufjubeln mögen. Unwillkürlich erklang es freudig von ihren Lippen:
    „Nummer Zehn! Nummer Zehn!“
    Karpala, die Fürstentochter, rief die Nummer eines Verbrechers, eines namenslosen, verachteten Menschen aus, und schämte sich dessen nicht! Sie wurde sich vielleicht gar nicht einmal genau bewußt, daß sie den Lüften diese zwei Worte anvertraut hatte.
    Da winkten ihr rechts die glänzenden Wasser des Flusses. Dort hatte er sie gerettet. Schnell lenkte sie hin und betrachtete sich die Stelle. Oh, dort hatte er mit ihrer erstarrten Gestalt im Schilf gelegen! Ein mädchenhaftes, glückliches Lächeln zitterte um ihre Lippen.
    Ja, an jenem Platz hatte er ihr den Odem eingehaucht und sie auf den Mund geküßt! Ihre Hand klopfte bei diesem Gedanken ganz absichtslos den Hals ihres Pferdes, als ob sie gerade jetzt ein Wesen haben müsse, das sie liebkosen dürfe.
    Da aber war der Rittmeister dazugekommen, dieser unbeschreiblich widerwärtige Mensch. Karpala schlug plötzlich kräftig mit der Peitsche durch die Luft. Energisch schüttelte sie den Kopf, daß das goldene Haargeschmeide laut erklang. Nein, gar nicht mehr an ihn denken! Lieber an den anderen, der für sie das Leben gewagt und sich in die eiskalte Flut gestürzt hatte, um sie zwischen und unter den wirbelnden Eisschollen hervorzuholen!
    Das war hier derselbe Fluß, dieselbe Stelle! In diesem Wasser hatte der Retter um ihr Leben gekämpft! Wie schön, sich einmal von denselben Fluten umspülen lassen zu können! Sollte sie? Karpalas Blick schweifte forschend umher. Die Stadt lag weit, weit oberhalb jener Stelle. Ringsum war kein Mensch zu sehen. Bebautes Feld, das Menschen angezogen hätte, gab es nicht, und die Ufer lagen hoch, das Wasser tief, außerdem war sie eine gute Schwimmerin!
    Noch während ihr diese Gedanken kamen, war sie vom Pferd gesprungen und hatte begonnen, das Gewand und den Schmuck abzulegen, und bald schwamm sie in der Flut.
    Sie hatte keine Ahnung, daß indessen die beiden Offiziere herbeigekommen waren. –
    „Bemerkst du nicht, daß der Kosak hinter uns hält?“ fragte da plötzlich der Begleiter des Rittmeisters.
    Dieser blickte sich um und erwiderte:
    „Der? Dieser Halunke tut wirklich, als ob er uns eine Lehre geben wolle. Schau, er reitet sogar zurück! Warte, Bursche, du sollst mir schon selbst noch in das Wasser heute! Doch, Donnerwetter! Da kommen noch andere! Sie sind jedenfalls von dem erwähnten Wagenzug.“
    Der Rittmeister deutete nach dem jenseitigen Ufer, dem sich soeben drei Reiter langsam näherten. Es waren dürre, unendlich lange Kerle und ein kleiner, aber außerordentlich dicker Mensch. Sie ritten auf kleinen, hageren, burätischen Pferden, die wohl müde oder durstig geworden waren. Darum hatten sie für einige Augenblicke den Wagenzug verlassen, um den Fluß aufzusuchen und dort ihre Pferde zu tränken.
    „Paß auf, was sie tun werden!“ lachte der Rittmeister.
    Die drei Reiter erblickten jetzt die Schwimmerin, stutzten einen Augenblick, schienen sich einige Worte zu sagen und zogen sich dann zurück.
    „Ah, die kennen das sechste Gebot!“ höhnte der Leutnant.
    „Ja. Aber sie haben auch uns gesehen. Schau, was der Dicke wollen mag?“
    „Er winkt nach uns herüber.“
    „Ich glaube gar, er meint, daß auch wir uns entfernen sollen!“
    „Jetzt droht er gar mit der Faust!“
    „Mag

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