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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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muß froh sein, daß er für dich leiden darf. Das nächste Mal schlage ich ihn tot. Und du sollst mich nicht daran hindern!“
    „Ich hindere dich an nichts. Was du tust, ist mir so gleichgültig, daß ich sogar jetzt gehe, obgleich ich weiß, daß jetzt über den Kalym verhandelt werden soll. Macht, was ihr wollt. Ich bin nicht nötig dabei. Der einzige Kalym (Aussteuer), den ich dir mitbringen sollte, ist eine Peitsche, um sie dich alle Tage kräftig fühlen zu lassen!“
    Karpala hieb mit ihrer Peitsche dem Rittmeister am Gesicht vorüber und ging, ohne von jemand zurückgehalten zu werden.
    Vor dem Haus standen die drei Pferde, auf denen sie mit ihren Eltern gekommen war. Sie stieg auf das ihrige, gab ihm die Sporen und jagte davon.
    Als sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, sagte der Sohn des Kreishauptmanns zu dem Leutnant.
    „Komm, wir wollen einen Ritt machen.“
    Dann entfernten sich beide Offiziere, erst draußen vor dem Haus fand der Rittmeister nach längerem Schweigen die Sprache wieder und versetzte ingrimmig:
    „Karpala hegt in der Tat ein solches Interesse für den Schuft, daß man meinen möchte, er könne einem gefährlich werden. Ich muß ihn aus dem Weg schaffen.“
    „Auf welche Weise? Etwa durch –?“
    Der Leutnant deutete dabei auf seinen Säbel.
    „Mord? Nein. Dieser Kerl ist kein Mensch mehr, sondern nur noch eine Nummer. Dennoch könnte eine solche Gewalttätigkeit mir von großem Nachteil sein.“
    „Also willst du ihn irgendwo anders hin versetzen?“
    „Nein. Das dauert zu lange und bedarf der Genehmigung des Obersten. Ehe die Berichte hin- und hergegangen sind, kann mir der Kuckuck längst das Ei in das Nest gelegt haben.“
    „So weiß ich nicht, wie du es anfangen willst.“
    „Hm! Es gibt so kleine Zufälligkeiten, kleine Unfälle, an denen eigentlich kein Mensch schuld ist, obgleich sie sich doch ereignen. Da habe ich zum Beispiel den neu eingefangenen Hengst aus dem Tabun. Er hat noch niemals einen Menschen getragen. Was meinst du?“
    „Nicht übel!“ lachte der Leutnant.
    „So komm!“
    Die Offiziere schritten dem Stall zu, wo beide ihre Pferde stehen hatten. Der Kosak befand sich bei denselben. Er war zur persönlichen Bedienung des Rittmeisters kommandiert. Dieser fuhr ihn jetzt an:
    „Wir reiten spazieren. Sattle mir den neuen Tabunhengst!“
    Unter einem Tabun versteht man eine Herde halb wilder Pferde. Ein solches Pferd zu reiten, das noch niemals eine Last auf dem Rücken gefühlt hat, ist lebensgefährlich. Der Kosak verzog keine Miene.
    Er wollte zunächst dem Pferd seines Herrn den Sattel auflegen, dieser aber gebot ihm:
    „Ich tue das selbst. Mach schnell, daß wir nicht zu warten brauchen.“
    Der Kosak wandte sich gehorsam dem Stall zu, murmelte jedoch dabei vor sich hin:
    „Sollen sich verrechnet haben! Denn nicht umsonst hat mir jener alte Schamane das Kraut entdeckt, mit dessen Geruch man selbst das wildeste Pferd sofort gefügig macht! Und wie gut, daß ich es bereits bei diesem Hengst versucht habe und schon dreimal des Nachts mit ihm ausgeritten bin, ohne daß es jemand bemerkte! Der Rittmeister will mich umbringen. Nun wohl, er oder ich!“
    Damit öffnete er den Stall und trat hinein. Keiner seiner Kameraden folgte ihm. In einer Ecke zwischen zwei Brettern steckte er ein kleines Büschelchen derjenigen Moosart, die von den Tungusen Lepta genannt wird. Der Kosak nahm ein wenig davon in den Mund, kaute es, trat zu dem Pferde, das angebunden und an allen vier Beinen gefesselt war und blies ihm den Odem in die Nüstern. Die Augen des Tieres, die zuvor wild gefunkelt hatten, wurden sofort sanfter, und es schnaubte wohlgefällig durch die Nüstern.
    Jetzt nahm der Kosak den Sattel, trug ihn hinaus vor den Stall und ergriff soeben die Nagaika, die an der Außenwand des Stalles hing, als auch bereits die beiden Offiziere, die auf ihren Pferden saßen, herbeikamen.
    Die Nagaika ist die schwere, aus starken Riemen zusammengeflochtene und mit kurzem Stil versehene Peitsche der Tabuntschiks (Hirten wilder Pferdeherden). Ein gewandter Tabuntschik schlägt mit dieser Peitsche den stärksten Wolf mit einem einzigen wohlgezielten Hieb tot.
    „Kerl!“ donnerte der Rittmeister. „Bist du noch immer nicht im Stall? Was lungerst du da herum? Hinein mit dir!“
    „Darf ich nicht hier satteln?“
    „Hier? Bist du wahnsinnig!“
    Da aber kam der Hengst, den zwei Kameraden des Kosaken auf seinen Wink im Stall losgebunden hatten, auch schon aus der Tür

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