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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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er!“
    Der kleine dicke Reiter jenseits des Flusses hob wirklich die Faust drohend empor. Dann winkte er abermals, und als auch das keinen Erfolg hatte, sah man, daß er aus dem Sattel stieg und einen langen Gegenstand von dem letzteren losschnallte.
    „Donnerwetter! Eine Flinte!“ sagte der Rittmeister.
    „Er wird doch nicht schießen wollen?“
    „Er soll es wagen!“
    Aber der fremde Reiter schien das für gar kein Wagnis zu halten, denn nachdem er noch einmal sehr energisch gewinkt hatte, und auch das nichts half, legte er das Gewehr an. Im nächsten Augenblick krachte der Schuß, und der Rittmeister fuhr, sich nach dem Kopf greifend, zusammen. Er hatte dort einen Ruck verspürt.
    „Bei Gott, der Kerl schießt!“ rief der Leutnant. „Bist du verwundet?“
    „Getroffen wurde ich irgendwo.“
    „Ah, hier in den Kalpak. Die Agraffe mit der Feder ist verschwunden.“
    Da ertönte es in sehr gebrochenem Russisch von drüben herüber:
    „Der erste Schuß in die Mütze zur Warnung, der zweite aber sicher in den Kopf.“
    „Hund, wer bist du?“ brüllte der Rittmeister voller Wut hinüber.
    „Sam Barth ist mein Name. Lauf, mein Junge, sonst treffe ich dich!“
    Der Dicke erhob das Gewehr zum zweiten Mal.
    „Komm, komm!“ warnte jetzt der Leutnant. „Er schießt ganz gewiß!“ Dann zog er den Rittmeister schleunigst mit sich fort zu den Pferden.
    Sie drückten diesen die Sporen in die Weichen und jagten der Stadt entgegen.
    Karpala war natürlich sehr erschrocken, als sie den Schuß hörte und aus demselben erkannte, daß sie sich nicht allein an dieser einsamen Stelle befand. Dann, als der Dicke seine Drohung hinüberrief, hörte sie aus seinen Worten, daß sie vom linken Ufer aus belauscht worden sei. Und wer dieser freche Mensch gewesen war, das entnahm sie aus dem Ruf des Rittmeisters, dessen Stimme sie sofort erkannte.
    Sie war gleich bei dem Schuß so weit untergetaucht, daß nur der Kopf aus dem Wasser hervorblickte. Jetzt war es ihr, als ob sie Pferdegetrappel höre, das sich entfernte. Und vom rechten Ufer herüber ertönte dieselbe Stimme, die sie vorher gehört hatte:
    „Töchterchen, wir haben uns so gestellt, daß wir dich nicht sehen können. Hörst du uns?“
    „Ja“, rief Karpala beherzt zurück.
    „Steig in Gottes Namen aus. Sie sind fort.“
    „Aber ihr?“
    „Wir sind drei fremde Männer und wollen unsere Pferde tränken. Wir sitzen mit dem Rücken gegen den Fluß und werden uns nicht eher umdrehen, als bis du es uns erlaubst.“
    „Ist das wahr?“
    „Wir geben dir unser Ehrenwort.“
    Der Fluß war nicht sehr breit, so daß sich die Sprechenden leicht verstehen konnten.
    „So haltet Wort!“
    Im Vertrauen auf die Ehrlichkeit dieser Fremden stieg Karpala nun an das Ufer. Ein schneller Blick überzeugte sie, daß der Mann in der Tat die Wahrheit gesagt hatte. Die drei Männer saßen unbeweglich, mit dem Rücken dem diesseitigen Ufer zugewandt. Sie kleidete sich nun schnell an. Dann rief sie:
    „Jetzt könnt ihr euch umdrehen.“
    Die Fremden folgten dieser Aufforderung.
    „Wer seid ihr?“ fragte Karpala dieselben, nun auch ihren Schmuck mit mehr Muße anlegend.
    „Ich bin ein Deutscher, meine Kameraden aber sind Amerikaner.“
    „Habt ihr denjenigen gesehen, der mich belauschte?“
    „Ja; ich habe ihm dafür eine Kugel durch die Mütze geschossen. Es waren mehrere. Zwei Offiziere und ein Diener.“
    „Hat auch der Diener mich gesehen?“
    „Nein. Er war so weit zurückgeblieben, daß dies unmöglich war.“
    „Der Brave! Aber euch wird es schlimm ergehen.“
    „Warum?“
    „Der, nach welchem du geschossen hast, ist der Sohn des Kreishauptmanns.“
    „Welch ein vornehmer Kerl!“
    „Ja. Er wird davongeritten sein, um euch sofort arretieren zu lassen.“
    „Wunderschön!“
    „Spotte nicht! Er ist mächtig hier. Man wird euch wegen Mordes anklagen.“
    „Wegen des Mordes einer Mütze?“
    „Du hast auf ihn geschossen; das ist genug. Ich aber will euch retten.“
    „Du? Wieso?“
    „Tränkt eure Pferde nicht. Ihr dürft keine Zeit verlieren. Reitet im Galopp nach dem Jahrmarktslager und fragt nach dem Fürsten der Tungusen, der Bula heißt. Kommt ihr dort vor den Offizieren an, so wird er euch nicht ausliefern.“
    „Kennt er dich denn?“
    „Ich bin seine Tochter.“
    „Ich danke dir! Du meinst es gut, aber wir fürchten uns nicht vor einem Kosaken.“
    „Ihr sollt euch aber fürchten, mir zuliebe!“
    „Dir zuliebe? Alle Wetter, ja, dir zuliebe wollen

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