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54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

Titel: 54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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akzeptieren werden. Verwandte haben Sie weiter nicht?“
    „Nein. Sam ist unser einziger Verwandter.“
    „Und Kinder auch nicht, die vielleicht damals bei Ihrer Deportation zurückgeblieben sind?“
    „Nein. Wir nahmen die beiden, die wir hatten, mit.“
    „Ich kenne nur Alexius. Sie haben also außer diesem noch ein Kind?“
    „Jetzt nicht mehr. Es ist während des Transports gestorben.“
    „Das beklage ich mit Ihnen. Vermutlich hat es die Anstrengungen der langen Reise nicht auszuhalten vermocht!“
    „Noch schlimmer als das. Es ist erfroren. Wir mußten die Leiche unseres Töchterchens den Tungusen, bei denen wir auf kurze Zeit eingekehrt waren, zurücklassen.“
    „Haben Sie denn nicht nach dem Namen des Anführers dieser Tungusen gefragt?“
    „Nein. Wir waren über den Tod des Kindes so unglücklich, daß wir an so etwas gar nicht dachten.“
    „Sonderbar, ganz ähnlich war es in dem Fall, den man mir neulich erzählte. Es handelte seh da auch um ein kleines Mädchen, das aber lebendig von den Tungusen begraben wurde. Die Eltern, und mit ihnen alle anderen, hatten das Kind für tot gehalten. Es war aber nur erstarrt. Das Kind wurde durch den Schnee erwärmt, bekam das Leben zurück und begann nach einiger Zeit zu schreien. Die Tungusen nahmen nun das Kind aus dem Schnee heraus und in ihr Zelt. Sie haben das kleine Mädchen erzogen und an Kindesstelle angenommen.“
    „Sollte man so etwas für möglich halten? Warum haben sie nicht das Kind den Eltern zurückgegeben?“
    „Weil dieselben nicht aufzufinden waren.“
    Nach diesen Worten erhob sich Steinbach plötzlich und bat Semawa, den beiden alten Leuten solange Gesellschaft zu leisten, da er augenblicklich rasch eine Angelegenheit, die ihm soeben eingefallen sei, erledigen müsse. Dann begab er sich in das Innere des Wohnhauses, um nach Karpala zu suchen. Sie befand sich in der Stube. Rasch gab er ihr einen Wink, ihm zu folgen, führte sie seitwärts, so daß niemand ihr Gespräch hören konnte und sagte:
    „Der Fürst hat mir in Platowa erzählt, daß er eigentlich nicht dein Vater ist. Weißt du auch davon?“
    „Ja“, antwortete sie. „Ich bin das Kind armer Verbannter, und darum ist es mir eine so große Freude, wenn ich ‚armen Leuten‘ helfen kann.“
    „Hast du nie gewünscht, deine wirklichen Eltern einmal zu sehen, sie kennenzulernen?“
    „Wie oft, wie oft! Aber wie soll ich sie finden? Sie sind wohl längst schon tot, vielleicht schon damals im Schneesturm umgekommen.“
    „O nein“, entgegnete Steinbach freundlich lächelnd. „Vielleicht ist es doch möglich, daß deine Eltern noch leben.“
    Sie schlug freudig-erschrocken die Hände zusammen.
    „Wirklich, wirklich? Gott, wenn dies der Fall wäre!“
    „Ich habe etwas gehört, was mich ahnen läßt, daß sie noch leben, ja, daß sie sich in der Nähe befinden.“
    „Herr, sag, wo, wo?“
    „Erlaß mir die Beantwortung bis nachher, wenn ich wiederkomme. Indessen kannst du Bula und Kalyna darauf aufmerksam machen, damit sie nicht allzusehr überrascht werden.“
    Hierauf verließ er Karpala, um sich schleunigst zu Barth und seiner Frau zurückzubegeben und dieselben auf die freudige Überraschung, die er ihnen zu machen gedachte, vorzubereiten. Karpala aber eilte in höchster Erregung zu ihren Pflegeeltern, um ihnen zu erzählen, was sie von Steinbach gehört hatte.
    Fürst Bula geriet durch Karpalas Mitteilungen in gewaltige Erregung.
    Die Fürstin aber war so bestürzt, daß sie lange kein Wort hervorbringen konnte. Ihr volles rotes Gesicht war leichenblaß geworden. Endlich schlang sie die Arme um Karpala und jammerte:
    „Mein Kind, mein Kind! Man will dich uns rauben! Das werde ich nicht überleben können!“
    Karpala wußte nicht, was sie sagen sollte. Sie liebte die Pflegeeltern, als ob sie ihre leiblichen seien. Sie hatte sich an den Gedanken gewöhnt, daß sie diese letzteren niemals zu sehen bekommen werde. Und nun trat so plötzlich die Wahrscheinlichkeit, ja sogar die Gewißheit an sie heran, daß sie sich hier befanden!
    Sie wurde bald blaß und bald rot. Ihre Augen standen voller Tränen. Waren es Tränen des Schmerzes oder der Freude? Sie wußte es nicht.
    „Mutter!“ rief sie. „Ich liebe euch über alles. Aber wollt ihr es mir versagen, meine armen Eltern kennenzulernen?“
    „Nein, wir versagen es dir nicht“, antwortete die Fürstin. „Aber sie dürfen dich nicht mitnehmen. Du mußt bei uns bleiben!“
    In diesem Augenblick erschien Steinbach in

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