54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken
Geister!“ schrie er. „Es sind zwei Teufel drin!“
„Unsinn! Woher sollen denn die Teufel kommen? Mach mir nichts weis!“
„Oho! Meinen Augen kann ich trauen! Kohlschwarz sehen sie aus und hocken wie die Affen auf der Stange!“
Peter Dobronitsch lachte laut auf:
„Zwei Teufel, die wie Affen auf Stangen hocken. So etwas hat mir in meinem ganzen Leben noch niemand gesagt!“
„So guck doch hinein!“
„Fällt mir nicht ein!“
„Dann will ich selbst noch einmal aufmachen, um sie dir zu zeigen. Paß einmal auf.“
Der Derwisch öffnete die Tür nochmals. Jetzt trat auch Peter hin und schaute hinein. Da saßen die beiden Menschen in der Tat oben auf den Stangen und boten einen schauderhaften Anblick. Das Wasser hatte sich mit Ruß vermischt und denselben auf die beiden Gestalten abgesetzt, wo er festkleben geblieben war. Ihre Kleider, Hände und Gesichter sahen schwarz aus. Dazu zogen sie ganz unbeschreibliche Grimassen. Man konnte unmöglich sehen, ob das aus Schmerz, Angst, Zorn oder Hohn geschah, aber schrecklich sah es aus. Sie bewegten sich nicht von der Stelle.
Dem Derwisch war es keineswegs ganz wohl beim Anblick der beiden Gestalten. Er wußte nicht, was er aus ihnen machen sollte:
„Nun, siehst du sie?“ fragte er.
Peter machte ein höchst entsetztes Gesicht, schlug drei Kreuze und schrie aus vollem Hals:
„Zwei Teufel, ja, es sind zwei Teufel!“
Damit warf er die Tür zu, schob den Riegel vor und eilte zur Stube hinaus. Der Derwisch aber, der nun auch Angst bekommen hatte, weil die beiden Fratzen zu schrecklich ausgesehen, rannte hinter ihm her und rief, als er hinaus vor das Haus kam:
„Helft, helft! Der Teufel ist da!“
Die Zobeljäger sprangen alle auf.
„Der Teufel, der Teufel!“ schrien sie wirr durcheinander.
Und alle schlugen Kreuze.
„Ja!“ rief Peter Dobronitsch, „auch ich habe die Teufel gesehen. Helft mir! Helft mir, sie auszutreiben!“
Aber den Leuten fiel es gar nicht ein, hineinzugehen. Mit Teufeln wollten sie nichts zu tun haben.
Da, in diesem Augenblick ließ sich lautes Pferdegetrappel vernehmen. Eine Schar von Kosaken kam von der Gegend des Flusses herangesprengt. Es waren dreißig Mann mit einem Oberleutnant und einem Zivilisten. Sie ritten bis beinahe an die Tür, und als sie da halten blieben, fragte der Zivilist:
„Wer wohnt hier?“
„Peter Dobronitsch“, antwortete der Bauer.
„Ich bin der Graf Alexei Polikeff. Verstanden? Wir suchen einen Kosaken, einen Verbannten, der aus Platowa entflohen ist. Ist vielleicht so ein Kerl hier vorübergekommen?“
„Nein.“
Als der Graf seinen Namen nannte, waren zwei der Anwesenden überrascht zusammengefahren, nämlich der Derwisch und der Zobeljäger Nummer Fünf. Der Graf bemerkte das nicht. Er achtete nicht auf beide.
Der Zobeljäger, nämlich der Maharadscha, der ruhig am Boden gesessen hatte, machte eine Bewegung zur Seite und warf einen scharfen, musternden Blick auf den Grafen. Sodann drehte er sich wieder um, damit sein Gesicht nicht erkannt werde.
„Wirklich nicht?“ fragte der Graf. „Wenn du die Wahrheit verschweigst, wirst du die Knute bekommen, Bauer!“
„Was ich sage, ist wahr!“
„Wir werden bei dir haussuchen!“
„Wer? Etwa du?“ fragte Dobronitsch, indem er seine Brauen finster zusammenzog. „Versuche es einmal, jedoch nur dann, wenn du riskieren willst, von mir hinausgeworfen zu werden.“
Da sprang der Graf vom Pferd, trat hart an Dobronitsch heran und sagte in drohendem Ton:
„Halunke! Was fällt dir ein?“
Nun erhob Peter die Hand und antwortete mit Donnerstimme, so daß der Graf zurückfuhr:
„Wie nennst du mich? Einen Halunken? Sage noch ein einziges solches Wort, so ohrfeige ich dich, daß dir alle deine Gedanken vergehen. Mit so einem unverschämten Flegel wird hier bei uns keine Sache gemacht. Fort von mir, Kerl!“
Damit gab er dem Grafen einen Fauststoß, daß dieser einige Schritte weit fortflog.
„Hund!“ schrie da der Getroffene. „Das sollst du mir büßen! Drauf auf ihn.“
Diese Aufforderung war an die Kosaken gerichtet. Sie stiegen ab, folgten aber dem Befehl nicht sofort, sondern hielten ihre Blicke fragend auf den Oberleutnant gerichtet.
Peter Dobronitsch aber fürchtete sich nicht. Er eilte an die Haustür und rief zu derselben hinein:
„Knechte herbei! Zu den Waffen! Mila, meine Gewehre!“
„Hört ihr es?“ fragte der Graf die Kosaken. „Er will sich uns bewaffnet entgegenstellen! Ergreift und bindet ihn! Die Knute soll
Weitere Kostenlose Bücher