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54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

Titel: 54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mußte es ihnen ansehen, daß sie von dem Vorhandensein der beiden Gestalten nichts gewußt hatten. Er trat, indem er sich bückte, ganz hinein in die Räucherkammer und fragte:
    „Wer seid ihr?“
    „Ah! Au! Fffffff, meine Beine!“ war die Antwort, und während der eine sich Mühe gab, seine Beine gerade zu machen, richtete der andere seinen Rücken aus der gekrümmten Lage auf und seufzte dabei vor Schmerzen, als ob er am Spieß steckte.
    „Zum Donnerwetter! Könnt ihr nicht reden, ihr Halunken!“
    „O ja, reden können wir“, antwortete der fromme Nachbar.
    „Au, mein Kreuz!“
    „Nun, so antworte! Wer bist du?“
    „Sergius Propow ist mein Name. Mein Grund und Boden liegt ganz in der Nähe. O Himmel, meine Knochen! Es ist, als ob sie alle zusammengewickelt wären. O Jemine! Mein Leib, mein Rücken, meine Gelenke!“
    „Mensch, du kommst mir höchst verdächtig vor! Wer ist denn der andere?“
    Die beiden Ausgewässerten befanden sich in einem schauderhaften Zustand. Sie hatten während der ganzen Nacht auf den paar knorrigen Stangen gesessen, die kaum zureichten, um ihrem ‚Sitzpunkt‘ einen Halt zu gewähren. Bis unter die Arme durchnäßt, hatten sie so gefroren, als ob sie ganz von Eis umgeben seien. Ihr Gefühl war ihnen verlorengegangen. Sie vermochten nicht, die Beine auszustrecken, und jede Bewegung verursachte dem betreffenden Glied Schmerzen.
    Auch in ihren Köpfen sah es nicht absonderlich gut aus. Es war wüst und leer darin und beinahe so, als ob sie das Gehirn erfroren hätten. Der Ruß, der sich an ihrem ganzen Körper angesetzt hatte, war ihnen in alle Öffnungen, in die Augen und Ohren, in den Mund und in die Nase gedrungen, und der penetrante Geruch desselben umgab sie mit einer Atmosphäre, die geradezu unausstehlich war.
    Dazu kam sodann der moralische Katzenjammer, in dem sie sich befanden. Sie hatten sich rächen wollen und mit ihrer Rache nur sich selbst getroffen. Sie hatten beabsichtigt, Boroda zu ergreifen, und waren doch selbst eingeschlossen und – eingewässert worden!
    Nun waren die entdeckt! Welch eine Blamage! Und zwar von einem Offizier! Der Wachtmeister hätte sich am liebsten selbst ohrfeigen mögen, so wild war er auf sich. Wenn ihn auch nicht gerade eine direkte Strafe erwartete, so sah er doch einem sehr ernsten, demütigenden Verweis entgegen und einem – Gelächter, das jedenfalls noch in ferne Zeiten nachhallte. Denn es verstand sich ganz von selbst, daß man ihm die jetzt erlittene Schlappe niemals vergessen, sondern ihn bei jeder Gelegenheit mit derselben aufziehen und foppen werde.
    Darum hatte er bis jetzt zu allen Fragen des Offiziers geschwiegen, und auch, als derselbe sich direkt nach ihm erkundigte und es eigentlich seine Pflicht war, selbst zu antworten, waren Ärger und Scham in ihm so groß, daß er es doch nicht tat.
    „Es ist mein Freund, der Kosakenwachtmeister Wassilij von der nächstliegenden Stanitza“, antwortete Propow an seiner Stelle.
    „Was! Ein Soldat! Ein Kosak! Und noch dazu ein Wachtmeister! Alle tausend Teufel!“
    Der Anzug des Unglücksgefährten Propows war vor Ruß allerdings nicht mehr als Uniform zu erkennen. Er sah schrecklich aus.
    „Ist das wahr?“ fuhr der Oberleutnant fort. „Rede doch, Kerl! Hast du die Sprache verloren?“
    „Beinahe!“ stöhnte der Kosak. „Oh! Oh!“
    „Also wirklich ein Kosakenwachtmeister und nicht ein Flüchtling, den man hier versteckt hat?“
    „O nein.“
    „Wie kommt ihr Esel denn hier herein?“
    „Wir wollten den Zobeljäger fangen.“
    „Alle Wetter! Ist er denn jetzt in der hiesigen Gegend? Sucht man ihn schon hier?“
    „Ja. Ich habe ihn hier im Hof gesehen.“
    „Ah! Also ist dieser Peter Dobronitsch doch ein Lügner, ein Heuchler! Aber anstatt den Boroda zu fangen, hast du dich hier einsperren lassen! Schön! Das wird dir manche Suppe versalzen! Kerl, so etwas ist doch gar nicht denkbar! Was fällt dir denn eigentlich ein, dich da hinaufzusetzen und festzukleben wir ein alter, blinder Hahn auf seiner Stange?“
    „Ich wollte nicht ersaufen.“
    „Ersaufen? Wo denn? Etwa hier? Jetzt hört alles auf! Ist denn Wasser hier in diesem Loch gewesen? Man merkt doch gar nichts davon!“
    „Na, wir haben es freilich merken müssen“, behauptete der Wachtmeister. „Wir haben bis unter den Armen in der Flut gestanden.“
    „So hoch soll das Wasser gewesen sein? Unmöglich! Wie soll denn eine solche Menge hereingekommen sein?“
    „Durch die Feueresse. Dieser verdammte

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