54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken
Dobronitsch hat es durch seinen Spritzschlauch hereinlaufen lassen.“
„So! Ah! Ich beginne zu erraten. Der Bauer hat euch einen Streich gespielt! Aber warum seid ihr nicht fortgegangen? Warum seid ihr hier in der Falle geblieben?“
„Wir konnten nicht fort. Die Tür war hinter uns von Dobronitsch zugeriegelt worden.“
„Ah! Ihr habt es gesehen und geduldet!“
„Nur um den Boroda abzufangen, blieben wir still.“
„Nun, ich begreife noch Verschiedenes nicht. Du wirst es mir später erklären. Kommt herab!“
Dieser Befehl war viel leichter gegeben als ausgeführt. Der Wachtmeister machte zwar einen Versuch, erklärte aber dann:
„Ich kann nicht, ich bin ganz steif. Ich vermag kein Glied auszustrecken und gerade zu machen. Wie ich sitze, so sitze ich.“
„Und du wohl auch, Propow?“
„Ja. Ich hänge fest“, antwortete der Fromme.
„Nun, so werde ich nachhelfen“, sagte der Offizier, nahm die stets bereite Peitsche von seiner Seite und versetzte dem Wachtmeister einen gelinden Hieb. „Nun, vorwärts.“
„Es geht nicht“, erklärte dieser trotz des Hiebes.
„Also stärker.“
Damit holte der Offizier noch kräftiger aus und knallte dem Wachtmeister so lange um die Beine, daß dieser vor Schmerz aufschrie und nun den ernsten Versuch machte, sich von den Stangen herabzulassen. Da ihm aber sämtliche Gelenke den Dienst versagten, fiel er herab wie ein Apfel vom Baum und blieb unten bewegungslos sitzen.
„Schau, wie es geht!“ lachte der Offizier. „So werden wir nun auch den Propow herunterbringen.“
Und schon holte er aus. Und der fromme Nachbar wartete nur den ersten Hieb ab, dann ließ er sich schnell herabfallen und blieb neben dem Wachtmeister in der Asche sitzen, wo beide aus Leibeskräften ächzten und stöhnten.
„Nun kommt heraus!“ befahl der Offizier, und da sie nicht sofort gehorchten, so schlug er wieder zu. Infolge dieser freundlichen Unterstützung gelang es ihnen endlich, sich halb und halb aufzurichten und die Räucherkammer zu verlassen, von der sie dann mit der Peitsche zur Haustür hinausgetrieben wurden.
Sie konnten sich nicht aufrichten. Es sah aus, als ob jemand zwei Paviane, die nur notdürftig auf den Hinterbeinen gehen können, exerzieren lasse. Draußen setzen sie sich sogleich in das Gras nieder.
Es läßt sich denken, daß das Erscheinen zweier solcher Gestalten bei den Anwesenden ein ungeheures Aufsehen erregte.
„Peter Dobronitsch!“ wandte sich der Offizier jetzt an den Bauern, „kennst du diese beiden?“
Der Gefragte trat nahe heran und betrachtete mit scheuer Miene die mit Ruß bekleideten Gesichter eine ganze Weile, dann schüttelte er verwundert den Kopf und antwortete:
„Nein, die kenne ich nicht.“
„Sie waren ja in deinem Haus!“
„Das habe ich freilich bemerkt. Da du sie herausbringst, müssen sie ja auch drin gewesen sein. Aber ich kenne sie nicht und weiß auch nicht, wie sie hineingekommen sind.“
„Du hast sie doch eingeschlossen.“
„Ich? Das ist nicht wahr.“
„O doch! In deine Räucherkammer.“
„Ah, da drin waren sie? Drum sehen sie auch so schwarz aus! Was haben sie denn da gewollt?“
„Das wirst du wohl selbst am besten wissen.“
„Hm! Die haben sich gewiß eingeschlichen, um zu stehlen, um die Räucherei auszuräumen. Aber es ist glücklicherweise nichts mehr drin.“
Peter Dobronitsch machte ein so ehrliches Gesicht, daß es sehr schwer war, ihm zu mißtrauen.
„Sie behaupteten aber, daß du sie eingeschlossen hast“, fuhr der Oberleutnant fort.
„Da lügen sie.“
„Nein, wir lügen nicht, es ist wahr“, rief der Wachtmeister in zornigem Tone. „Bist du gestern abend nicht in das Vorderstübchen gekommen, wo das Licht brannte?“
„Ja. Ich pflege vor dem Zubettgehen erst nochmals das ganze Haus zu untersuchen, ob alles in Ordnung ist.“
„Hast du da nicht auch die Tür zur Räucherkammer zugemacht?“
„Die? Ja, jetzt fällt es mir ein! Die habe ich zugeriegelt, weil sie offenstand. Es muß sie jemand von meinen Leuten offengelassen haben. Das kann ich nicht leiden, und so habe ich sie zugemacht.“
„Aber uns hast du dabei eingeschlossen!“
„Euch? Wart ihr denn in der Räucherei?“
„Ja.“
„Ohne mein Wissen und meine Erlaubnis?“
Der Wachtmeister schwieg.
„Was habt ihr denn da drin gewollt?“
„Das brauchst du nicht zu wissen.“
„Oho! Ich brauche es nicht zu wissen, wenn zwei fremde Kerle des Nachts in mein Haus schleichen? Das kann nur einer sagen,
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