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55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

Titel: 55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Müller und im zweiten Nanon; für die übrigen hatte er keine Augen. Beide grüßten ihn freundlich, und nun nahm er sich vor, mit Nanon zu sprechen, wenn es nur irgend möglich zu machen sei.
    Unterdessen war die Seilkünstlerin in die Garderobe getreten, welche im Hinterhaus des Gasthofes lag. Alle anderen Künstler befanden sich bereits auf dem Platz, wo die Vorstellung gegeben werden sollte; nur der Hanswurst wartete auf sie.
    Als sie eintrat, führte er gerade die fast geleerte Flasche an den Mund. Er trank sie aus und warf sie zu Boden, daß die Scherben herumflogen.
    „Verdammte Liebelei mit diesem Burschen!“ rief er. „Und wie habt ihr euch aneinander herumgedrückt! Der ganze Anzug ist dabei zerrissen worden!“
    „Geht das dich etwas an?“ fragte sie schnippisch, indem sie einen alten Kasten öffnete, um ein anderes Fähnchen herauszunehmen.
    „Mich?“ meinte er erbost. „Ja, mich am allermeisten! Bin ich nicht dein Vater, dein Bräutigam?“
    „Bräutigam!“ lachte sie höhnisch. „Der sitzt drinnen im Stübchen.“
    „Der? Ah, der Lump, der Pflanzensucher!“
    „Nein, sondern der Edelmann, der Grafensohn. Du hast ja den Zahn gesehen!“
    „Den Zahn? Welchen Zahn? Den Teufel habe ich gesehen, aber keinen Zahn!“
    „Lüge nicht!“ gebot sie ihm. „Du hast ihn wohl gesehen. Du bist ja sofort ausgerissen.“
    „Willst du schweigen, verfluchte Dirne!“ rief er wütend. „Ich glaube gar, du willst uns an den Galgen reden!“
    „Mich nicht, aber dich! Ich kann nicht bestraft werden. Ich mußte dir gehorchen; ich habe nur Wache gestanden; ich war noch ein Kind. Ich bin ihm gut. Er muß mich wieder lieben, und ich mache ihn zum Grafen.“
    Diese Worte waren in einem höchst entschlossenen Ton gesprochen. Der Bajazzo stand dabei mit gläsernen Augen; der Teufel des Fusels blickte aus ihnen. Er knirschte die Zähne hörbar zusammen, erhob drohend die geballte Faust und fragte:
    „Das willst du? Willst du das wirklich tun, he?“
    „Ja, da tue ich!“ antwortete sie, die Hände beteuernd zusammenschlagend.
    „Oho, da bin ich auch noch da, ich, dein Vater und Bräutigam. Ich habe das Recht, dich zu züchtigen, und ich werde davon Gebrauch machen, verstehst du mich?“
    Er trat näher an sie heran. Sie gab ihm einen Stoß und rief: „Pack dich Süffel, du stinkst wie ein Faß!“
    Der Stoß war zu stark gewesen; der Mann stürzte nieder. Aber mit der Elastizität eines Akrobaten war er wieder in die Höhe, und im gleichen Augenblick brannte eine fürchterliche, schallende Ohrfeige in ihrem Gesicht. Sie stieß einen heißeren Wutschrei aus und stürzte sich auf ihn. Er hielt ihr trotz seiner Trunkenheit scharf stand, denn das Balgen gehörte zu seinem Handwerk. Sie rauften, schlugen, kratzten und bissen sich so lange in der engen Kammer, welche die Garderobe bildete, herum, bis ein Mitglied der Truppe erschien, und sie mit dem Bemerken auseinander riß, daß die Vorstellung bereits begonnen habe; der Direktor befehle, daß sie kommen sollten.
    Der Bote entfernte sich sofort wieder. Die Seilkünstlerin kochte vor Zorn, er aber vor Wut und Eifersucht.
    „Warte nur“, drohte sie ergrimmt; „das tränke ich dir ein, du Kinderräuber!“
    „Ah, wirklich?“ fragte er, zitternd vor Schnaps und Aufregung. „Wie denn, he?“
    „Ich bringe dich ins Zuchthaus; dann bin ich doch los.“ Und mit erhöhter, fast überschnappender Stimme fügte sie hinzu: „Warte nur die Vorstellung ab, dann kommt er, ich habe ihn bestellt. Ich sage ihm alles, alles, alles! Dann hat er mich lieb, du aber spinnst Wolle hinter engen Mauern!“
    Er lachte höhnisch. Das brachte sie noch mehr auf.
    „Du glaubst es nicht?“ fragte sie. „Ich schwöre es dir hiermit zu mit den heiligsten Eiden, daß er es nach der Vorstellung erfährt! Nun glaube es, oder nicht; mir ist es ganz und gar gleich; dich aber bin ich dann glücklich los! Mach dich gefaßt!“
    Sie warf noch ein langes Tuch über, da sie durch einige Gassen gehen mußte, gab ihm einen letzten Stoß, daß er an die Wand taumelte, und eilte fort. Er starrte ihr nach, fast sinnverwirrt vor Eifersucht, Wut, Angst und Schnaps.
    „Sie tut es; sie tut es wirklich; der Teufel soll mich holen, wenn sie es nicht tut!“ knirschte er. Und die Faust drohend schüttelnd, murmelte er: „Aber noch gibt es ein Mittel dagegen. Ich habe es schon oft im Kopf gehabt und nicht ausgeführt. Aber jetzt sehe ich, daß sie mich nicht will. Sie hält es mit anderen, und mich schafft

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