Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

Titel: 56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
tiefliegenden Augen mit dem Ausdruck innigster Liebe jeder Bewegung des Sohnes folgten. Dann sagte er:
    „Hast du sonst heute nichts Gutes getan, mein Sohn?“
    „Leider, nein, mein Vater“, lautete die Antwort. „Vielleicht ist es sogar etwas Böses, was ich getan habe.“
    „Allah behüte dich davor. Das Böse ist wie das Raubtier, welches man jung aufzieht; es frißt später seinen eigenen Herrn.“
    „Ich hätte es nicht getan, aber die Sprache der Franken war daran schuld.“
    „Die Sprache der Franken? Erzähle!“
    „Ich war bei einigen Kranken gewesen und ging hinüber nach dem Wadi Sofama. Unterwegs suchte ich im Wald heilsame Kräuter, als ich plötzlich Stimmen von Menschen hörte.“
    „Im Wald von Sofama, wo jetzt der Panther haust?“
    „Ja. Die, welche miteinander sprachen, wußten von dem Panther nichts; sie waren fremd, denn sie redeten französisch.“
    Der Blick des Alten belebte sich ein wenig.
    „Französisch!“ sagte er. „Wie waren sie gekleidet?“
    „Wie Beduinen. Auch hatten sie Pferde bei sich. Es waren ihrer zwei. Sie saßen an einem Baum. Ich stand ganz in der Nähe und konnte jedes Wort hören, welches sie sprachen.“
    „Mein Sohn, hast du sie belauscht?“
    „Ja, mein Vater.“
    „Du hast sehr unrecht getan.“
    „Vielleicht verzeihst du mir, wenn du erfährst, was ich hörte.“
    „So sage es.“
    „Sie redeten von unseren Freunden, den Beni Hassan“, antwortete der Sohn.
    „In welcher Weise sprachen sie von ihnen?“
    „In sehr feindseliger Weise. Sie fluchten ihnen. Es war ein alter Mann mit einem großen und dichten Schnurrbart und ein jüngerer, ungefähr so alt wie ich. Ich hörte aus ihrem Gespräch, daß sie Gäste der Beni Hassan gewesen, aber von ihnen als Spione fortgejagt seien. Der Jüngere scheint die Tochter des Scheiks begehrt zu haben, doch ist diese bereits mit Saadi versprochen gewesen.“
    „Saadi, der Bruder Hassans, des Zauberers? Ich kenne ihn. Er ist der tapferste und umsichtigste unter allen jungen Männern.“
    „Ferner sprachen sie von einem Deutschen, welcher mit Schätzen aus Timbuktu kommt. Sie wollen ihn mit Hilfe der Tuareg überfallen.“
    „O Allah! Einen Deutschen? Haben sie seinen Namen genannt?“
    „Ja. Er heißt Königsau.“
    „Königsau?“
    Dieses Wort kam fast wie ein Schrei aus der schneller atmenden Brust des Sterbenden.
    „Hast du diesen Namen richtig verstanden?“ fragte er weiter.
    „Ja, mein Vater. Ich habe mir denselben ganz genau gemerkt.“
    „Hast du nicht gehört, was er ist?“
    „Oberlieutenant.“
    „O Allah! Und er soll überfallen werden?“
    „Überfallen und getötet.“
    „Wo?“
    „Auf dem Gebiet der Beni Hassan, damit der Verdacht und die Schuld auf diese falle.“
    „Welch ein teuflischer Plan! Oh, mein Sohn, wie gut ist es, daß du gelauscht hast. Allah selbst ist es gewesen, der deine Schritte gelenkt hat, um eine finstere, blutige Tat zu verhüten. Eile, eile zu den Nachbarn, um dir das schnellste Pferd zu leihen. Reite zu Menalek, dem Scheik der Beni Hassan. Erzähle ihm alles, was du gehört hast, und sage ihm, daß ich ihm im Namen des gerechten und allbarmherzigen Gottes befehle, mit seinen Kriegern diesem Königsau entgegen zu reiten, um ihn zu beschützen. Eile, eile, mein Sohn!“
    „Mein Vater, ich darf dich doch nicht verlassen. Du bist krank.“
    „Allah wird mich schützen.“
    „Du kannst dich nicht einmal erheben.“
    „Allah wird mich stützen.“
    „Du könntest unterdessen sterben.“
    „Allah wird mein Helfer sein. Eile, eile, mein Sohn.“
    „Vielleicht hat es noch Zeit, mein Vater. Die beiden Männer sprachen davon, daß sie erst in neun Tagen zu den Tuareg kommen wollten.“
    „Gott ist gnädig. Diese Frist genügt. Aber hast du auch recht gehört?“
    „Ja. Sie haben zwei Wochen Zeit.“
    „Wohin wollten sie?“
    „Das habe ich nicht gehört; sie sprachen davon nicht.“
    „Wir brauchen es auch nicht zu wissen. Es genügt, daß der Überfall erst so spät stattfinden soll. Oh, wie mich diese Nachricht ergriffen hat!“
    Er hatte das härene Gewand, welches ihn bedeckte, halb von sich geschoben, und nun wurden zwei Arme frei, welche nur noch aus den Knochen bestanden, um welche die Falten der Haut schlotterten. Der Turban war ihm entfallen, und es kam ein kahler, haarloser Schädel zum Vorschein, der ganz und gar einem anatomischen Präparat glich.
    Der Sohn ließ sich kniend an dem Lager nieder.
    „Du bist so schwach, mein Vater“, sagte er im Ton

Weitere Kostenlose Bücher