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56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

Titel: 56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hinaussprang, um diesen Befehl zu vollziehen, wendete Napoleon sich wieder zu Margot zurück, um ihr den seidenen Überwurf abzunehmen. Auch die Marschälle nötigten ihre Damen, für kurze Zeit Platz zu nehmen.
    Man muß wissen, in welcher Weise sich damals die Damen trugen. Ein faltenreiches Kleid bedeckte den Unterkörper, aber kurz genug, um die Füße sehen zu lassen. Die Taille war hoch gehalten, so daß sie den Busen hervortreten ließ, tief ausgeschnitten und mit nur ganz kurzen Ärmeln.
    Als der Kaiser den Überwurf in der Hand hielt, sah er das unvergleichliche Mädchen in aller ihrer entzückenden Schönheit vor sich stehen.
    Er fand im ersten Augenblick kein Wort, um die während des Aussteigens unterbrochene Unterhaltung wieder zu beginnen. Seine Augen ruhten auf ihrem Gesicht, als wolle er jeden einzelnen ihrer Züge genau studieren; sie irrten herab auf ihre wundervolle Büste, auf ihre vollen, herrlich gerundeten Arme, auf das kleine Füßchen, welches sich unter dem Saum des Kleids hervorstahl. Er mußte fühlen, daß sein Blick für das junge Mädchen peinlich sei; aber er war nicht der Mann, eine gewöhnliche Redensart, ein triviales Kompliment hervorzubringen. Er bog sich nieder, nahm ihre Hand in die seinige und drückte sie an seine Lippen.
    „Majestät!“ sagte sie ganz erschrocken, indem sie ihre Hände zurückzog.
    „Verzeihung, Mademoiselle“, sagte er. „Es war dies die Huldigung, welche der Untertan seiner Königin zu bringen hat.“
    Sie erglühte vor Verlegenheit; glücklicherweise erlöste sie der eintretende Wirt von der Notwendigkeit, eine Antwort geben zu müssen.
    Der Kaiser gab Befehl, den Damen eine kleine Erfrischung zu reichen. Sie erhielten ein Gläschen Wein und einige Scheiben Honig, das einzige, was hier anständigerweise genossen werden konnte.
    Die beiden Marschälle unterhielten sich lebhaft mit ihren Damen, um dem Kaiser Muße zu geben, sich ganz dem schönen Mädchen zu widmen. Das tat er denn auch, bis ein Mann erschien, im Tressenrock und mit einer gewaltigen Perücke auf seinem Haupt. Er verbeugte sich so tief vor dem Kaiser, daß ihm diese beinahe von dem Kopfe herabgefallen wäre.
    „Wer?“ fragte Napoleon kurz.
    „Sire, ich habe die Ehre, der Maire dieses Ortes zu sein“, antwortete der Mann und blickte ganz erschrocken unter seiner Perücke hervor.
    „Schlechter Beamter!“ fuhr der Kaiser fort.
    Die zornigen Augen Napoleons bohrten sich in das Gesicht des Maire ein, so daß dieser alle Fassung verlor.
    „Ich weiß nicht, Sire“, stotterte er, „womit ich mir das Mißfallen –“
    „Zorn, nicht Mißfallen!“ rief der Kaiser. „Kennen Sie den Weg nach Vouziers?“
    „Ja.“
    „Gehen Sie ihn selbst?“
    „Sehr oft.“
    „Auch bei Nacht?“
    „Nein.“
    „Wann sonst?“
    „Nur bei Tag.“
    „Warum?“
    „Weil man des Nachts nicht sicher ist.“
    „Weshalb nicht sicher?“
    „Es gibt viele Marodeurs und ähnliche Subjekte im Wald.“
    „Ah, gibt es die? Wirklich?“
    „Ja, Sire.“
    „Daher vermeiden Sie, des Abends durch den Wald zu gehen? Das ist alles, was Sie tun?“
    Erst jetzt kam dem Beamten die Ahnung, weshalb er zu dem Kaiser beschieden sei.
    „Ich konnte nichts anderes tun, Sire; ich war machtlos“, antwortete er.
    „Pah! Sie mußten Truppen requirieren!“
    „Ich habe es getan.“
    „Nun?“
    „Ich bekam keinen einzigen Soldaten.“
    „Ah! Warum?“
    „Der Kaiser war abwesend, und dieser König, welcher vorgab, Regent zu sein –“
    Der Mann zuckte bei diesen Worten die Achseln. Dies war die beste Entschuldigung, welche er vorbringen konnte. Sie tat auch sofort ihre Wirkung. Das Gesicht Napoleons klärte sich auf. Er machte eine abwehrende, verächtliche Handbewegung und sagte:
    „Ah, dieser König? Er gab Ihnen kein Militär?“
    „Nein.“
    „Warum nicht?“
    „Er habe keins, sagte man mir.“
    Da wendete sich Napoleon lächelnd zu Ney und sagte:
    „Was meinen Sie dazu, Marschall?“
    Ney zuckte die Achseln und antwortete:
    „Um Militär zu haben, muß man selbst Soldat sein!“
    „Richtig! Dieser König ist ein guter Privatmann; ein Herrscher, ein Soldat, ein Feldherr wird er nie. Frankreich braucht einen Mann, wie ich es bin, sonst wachsen die Banden dem Volk über dem Kopf zusammen. Ich war nur kurze Zeit hinweg und werde doch jahrelang zu tun haben, um wieder Ordnung zu schaffen.“
    Und sich wieder zu dem Maire wendend, sagte er:
    „Diese Damen sind vorhin überfallen worden –“
    „Mein Gott,

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