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56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

Titel: 56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gerade vor die Pferde passen.“
    Das Rollen wurde deutlicher. Man sah bereits den hellen Lichtschein, welchen die Laternen vor sich her auf die Straße warfen. Voran ritten zwei bärtige Lanciers; die anderen zehn ritten zu beiden Seiten der drei Wagen. Hinter den zweien kamen die drei Wagen, erst der des Kaisers, dann der des Marschalls Ney und zuletzt der des Marschalls Grouchy.
    Die beiden Vorreiter und die vorderen Wagenpferde waren jetzt über die ersten beiden Seile hinweggekommen. Die Pferde des zweiten Wagens hatten das mittlere Seil vor sich, so daß in diesem Augenblick sich je eins der Seile vor sämtlichen Wagenpferden befand. Das war der erwartete Augenblick.
    „Die Seile in die Höhe! Hurra!“ rief der Alte.
    Die drei Männer zogen aus allen Kräften an. Sie wurden zwar einige Schritte mit fortgerissen, aber der Zweck war erreicht; die Wagenpferde stürzten. Sie verwickelten sich in die Seile und schlugen und stampften wütend um sich herum.
    „Feuer auf die Reiter!“ rief der Alte.
    Die Marodeurs waren an das nächtliche Dunkel gewöhnt. Auf das gegebene Kommando krachten eine Menge Schüsse aus dem Gebüsch heraus, und viele der Gardisten stürzten tot von den Pferden, welche seitwärts auf die Wagenpferde einsprangen und die Verwirrung nur noch vermehrten.
    „Jetzt drauf!“ rief der Alte.
    Er drehte das abgeschossene Gewehr um, sprang hinter dem Gesträuch hervor und schlug mit dem Kolben einen der unverletzten Gardisten, welcher von der anderen Seite herübergekommen war, vom Pferd. Die anderen Strolche folgten ihm.
    Bisher war den Vagabunden alles geglückt. Sie hatten aber bei ihrem Rechenexempel einen Faktor außer acht gelassen, nämlich den, daß sie es hier mit an den Kampf gewöhnte Soldaten zu tun hatten.
    Als der erste Zuruf des Alten erscholl und der Wagen des Marschall Grouchy, weil die Pferde stürzten, ins Schwanken kam, stieß Frau Richemonte einen Schrei des Entsetzens aus.
    „Mein Gott! Was ist das?“
    „Pah! Zwei oder drei Wegelagerer!“ antwortete er. „Aber man wird ihnen die Ohren abschneiden, um sie ihnen ins Gesicht zu nageln.“
    Er stieß den Wagenschlag auf und sprang hinaus, den gezogenen Degen in der Rechten und die Pistole in der Linken. Doch dauerte es eine Minute, ehe es ihm nur ungenügend gelang, seine Augen dem Dunkel zu akkommodieren.
    Da auch Neys Pferde stürzten, erschrak die Baronin ebenso aufs heftigste.
    „Wir fallen!“ rief sie. „Wohin geraten wir?“
    „Keine Sorge, Madame“, antwortete der Marschall höchst kaltblütig. „Es gibt da draußen einige Leute, welche mit uns sprechen wollen.“
    Ein Griff auf die Klinke der Wagentür, ein Sprung, und er stand zu gleicher Zeit mit Grouchy draußen, mit dem rasch gezogenen Säbel und der Pistole bewaffnet; doch gelang es auch ihm nicht sogleich, das Dunkel mit dem Auge zu durchdringen.
    Im Wagen Napoleons wurde kein Schrei ausgestoßen. Auf den ersten Ruf des Alten und nach dem Sturz der Pferde stand der brave, mutige Gourgaud bereits draußen.
    „Was ist's, General?“ fragte der Kaiser.
    „Ein Banditenüberfall“, antwortete der Gefragte.
    „Ah, interessant! Welche Kühnheit, sich an mich zu wagen!“
    Er wußte ganz genau, daß seine Leute ihn bis zum letzten Hauch und bis zum letzten Blutstropfen verteidigen würden. Er konnte eigentlich ganz ruhig sein, aber sein kriegerischer Sinn ließ ihm keine Ruhe. Er bog sich zum Schlag hinaus und fragte:
    „Sind es viele?“
    „Man sieht noch nichts, aber die Lanciers scheinen getötet zu sein.“
    „Dann ist es an uns!“
    Der Kaiser griff an die linke Seite und zog den kleinen Degen, welchen er zu tragen pflegte. Dann wendete er sich an Margot:
    „Haben Sie Angst, Mademoiselle?“
    „Nein, solange ich neben meinem Kaiser bin“, antwortete sie ruhig.
    „Ich danke Ihnen! Sie haben in Wahrheit ganz und gar nichts zu fürchten.“
    Er schickte sich an, auch auszusteigen; der Generaladjutant aber bat:
    „Sire, ich bitte, Platz zu behalten! Soeben rücken die Kerls heran.“
    „So ist es meine Pflicht, meine Damen zu verteidigen. Allons!“
    Er schob den General zur Seite und sprang hinaus.
    Ney und Grouchy waren bereits engagiert. Sie hatten ihre Pistolen abgeschossen und verteidigten sich mit dem Säbel. Auch Gourgaud wurde angegriffen.
    Das Gewieher der Pferde, das Gebrüll der Marodeurs, die Schüsse, welche noch fielen, das Geklirr der Degen, das Gekrache der hin und her gerissenen Wagen bildete eine wüste, unheimliche Szene.
    Die

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