56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht
und Reillac der Spur Königsaus.
Diese hatte sich in dem lockeren Waldboden tief genug eingedrückt, um leicht genug erkannt zu werden. So gelangten die Verfolger bald zur Stelle, wo die Pferde angebunden waren.
Richemonte erblickte die Tiere zuerst. Er faßte den Gefährten am Arm und hielt ihn zurück.
„Halt!“ sagte er. „Sehen Sie dort die Pferde?“
„Natürlich! Wo aber mögen die Reiter sein?“
„Jedenfalls in der Nähe.“
„Warten wir hier, bis sie kommen?“
„Nein. Ich habe nämlich so meine Gedanken.“
„Welche?“
„Sie haben an der Schlucht warten wollen. Daraus schließe ich, daß sie das Innere derselben haben aufsuchen wollen.“
„Dazu müßte ein Grund vorhanden sein.“
„Allerdings, und zwar muß dieser Grund ein Geheimnis enthalten, denn sie haben die beiden anderen nicht mitgenommen.“
„Es wäre doch merkwürdig, wenn wir hier etwas Wichtiges erführen.“
„Das ist sehr möglich. Schleichen wir uns also einmal am oberen Rand der Schlucht hin; aber leise und vorsichtig.“
Sie taten es und bemerkten gar bald Königsau, vor welchem Margot auf einem Stein saß, und ihr etwas sehr Interessantes zu erzählen schien. Sie hörte sehr aufmerksam zu.
„Dort sitzen sie“, flüsterte Reillac.
„Ja. Er erzählt. Was mag es sein? Wer es doch hören könnte!“
„Man könnte sie ja belauschen.“
„Das ist wahr. Gleich neben ihnen steht ja Gesträuch, welches dicht genug ist, uns zu verbergen.“
„Aber wenn sie uns bemerken?“
„Was ist da weiter? Wir fallen sofort über ihn her. Margot wird sich nicht sehr wehren können.“
„Töten wir ihn?“
„Nur dann, wenn es nicht anders geht. Ist es aber möglich, so soll er leben bleiben, um seiner Strafe und unserer Rache willen.“
Obgleich der eine von ihnen vorher gesagt hatte, daß sie keine Indianer seien, gelang es ihnen doch, ganz unbemerkt hinter das erwähnte Gesträuch zu kommen, wo sie sich niederduckten und so nahe waren, daß sie ein jedes Wort verstehen konnten.
„Das war also dieselbe Kriegskasse, von welcher der Wirt erzählt hatte?“ fragte soeben Margot.
„Ja, jedenfalls.“
„Weiß du, wieviel darinnen ist?“
„Nein; jedenfalls aber zählt es nach Millionen.“
„Wer aber mag noch davon wissen?“
„Einige; niemand aber kennt den Ort, wo sie vergraben liegt. Nur ich allein weiß denselben.“
„Aber wie wirst du das benutzen?“
„Ich werde zunächst abwarten, welche Ereignisse der bevorstehende Krieg mit sich bringt. Dann erst werde ich wissen, was zu tun ist.“
„O bitte, zeige mir den Ort, lieber Hugo! Ich möchte einmal wissen, wie es ist, wenn man auf einem verborgenen Schatze steht.“
„Das sollst du sofort erfahren. Komm.“
Er nahm sie bei der Hand und zog sie nach der Stelle, wo die Kasse vergraben lag.
„Hier, Margot, stehst zu auf einem sehr, sehr großen Reichtum“, sagte er. „Die Geister der beiden Toten werden ihn bewachen, so daß er keinem anderen in die Hände fällt.“
Er drehte sich bei diesen Worten ein wenig nach rechts herum, um nach der Stelle zu deuten, wo der Mörder neben seinem Opfer lag, und dabei fiel sein Auge auf die Sträucher, hinter denen die beiden Lauscher steckten.
„Donnerwetter! Jetzt hat er mich gesehen“, flüsterte Richemonte.
„Ich denke es auch“, sagte Reillac ganz leise.
„Nein, doch nicht. Er spricht mit Margot ganz unbefangen weiter. Der Kerl muß keine Augen haben.“
Der Sprecher irrte sich sehr. Königsau hatte nicht nur ihn gesehen, sondern auch bemerkt, daß noch ein zweiter in der Nähe stecke. Er erschrak zwar, hatte aber die Geistesgegenwart, sich nichts merken zu lassen, und fuhr ruhig in seinem Gespräch fort:
„Übrigens ist dies nicht der einzige Schatz, den ich kenne.“
„Wie? Du kennst noch mehrere?“ fragte Margot erstaunt.
„Ja, liebes Kind. Ich bin an jenem Tag außerordentlich glücklich gewesen. Jene Spitzbuben hatten nämlich zu derselben Zeit einen großartigen Diamantendiebstahl ausgeführt. Die Steine sind hier in der Nähe vergraben.“
„Wo?“
„Nicht weit vom Ausgang der Schlucht.“
„Was für Wunderbares ich heute erfahre! Was wirst du mit den Steinen beginnen?“
„Später werde ich sie den rechtmäßigen Eigentümern wieder zustellen.“
„Ich danke dir, Hugo, obgleich ich es von dir nicht anders erwarten konnte. Für einen anderen wäre die Versuchung, die Steine für sich zu behalten, außerordentlich groß gewesen.“
„Für mich nicht, ich kenne meine
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