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57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

Titel: 57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gesprochen. Noch immer hielt er ihre Hände gefaßt, die sie ihm noch nicht entzogen hatte. Sie schwieg; aber es war ihm, als ob er diese weichen, warmen Händchen leise, leise beben fühlte.
    „Und Sie fragen nicht“, fuhr er fort, „wer diese Sonne ist, deren Strahl so mächtig, so schöpferisch in mein Herz gedrungen ist?“
    „Wie dürfte ich fragen?“ sagte sie nach einer Pause.
    „Sie dürfen! Ja, Sie sind es, welche es am ersten und am meisten darf. Soll ich es Ihnen sagen, Mademoiselle Ida?“
    Sie wendete das Köpfchen langsam zur Seite.
    „Bitte, bitte! Darf ich?“ wiederholte er mit dringlichster Innigkeit.
    „Sprechen Sie“, hauchte sie, so daß er es kaum hören konnte.
    „Es gibt eine Sage, daß Gott immer zwei Seelen zur Erde sende, welche zueinander gehören. Sie nehmen Wohnung in menschlichen Körpern, welche näher oder entfernter voneinander wohnen; aber wenn sich diese beiden Menschenkinder begegnen, so erkennen sich die Seelen und bleiben von nun an beieinander für das ganze Erdenleben.“
    „Welch eine schöne Sage!“ flüsterte sie.
    „Sie fiel mir ein, als ich heute bei Ihnen Zutritt nahm. Ich sah da zwei Augen auf mich gerichtet, zwei Augen von wunderbarer Tiefe und Milde, so rein und innig, wie ich noch keine je gesehen hatte. Aus diesen Augen blickte es mir entgegen wie ein treuer Gruß aus einer anderen Welt; ich fühlte, daß ich hier meine Seele gefunden habe, welche mir ihr Willkommen entgegenstrahlte. Habe ich mich geirrt, Mademoiselle?“
    Sie war von einer tiefen Bewegung ergriffen. Ihr Busen wogte, und ihr Atem wurde hörbar. Sie hatte seine Worte bereitwillig angehört, sie entzog ihm ihre Hände nicht, aber sie wagte nicht, eine Antwort zu geben.
    „Soll ich vergebens fragen?“ fuhr er fort. „O bitte, bitte, sagen Sie mir, ob ich mich geirrt habe oder nicht.“
    Er neigte das Ohr zu ihr nieder, um ihre Antwort besser zu vernehmen. Er lauschte längere Zeit vergeblich; da aber klang es endlich, kaum hörbar:
    „Kann denn ich das wissen?“
    „Ja, Sie allein können es wissen, Sie und keine andere, denn Sie sind es ja, aus deren Augen mir dieser Gruß entgegenflutete. Sie sind es, zu der mich meine Seele zieht. Sie sind es, die mir vorkommt wie eine fleischgewordene Verheißung unendlicher Seligkeit. Ihr Blick ist es gewesen, welcher mir in das Herz gedrungen ist wie ein übermächtiger Sonnenstrahl, und nun ist jeder Puls meines Herzens, jeder Zug meines Atems und jede Faser meines Innern eine Frage an Sie, ob es so wahr ist, daß Sie mein Licht, mein Sonnenstrahl und meine Seele sind.“
    „O Gott“, flüsterte sie; „kann ich denn antworten? Darf ich antworten? Was soll ich Ihnen sagen?“
    „Nur das, was Sie selbst fühlen, nichts anderes.“
    „Und doch kann ich nicht sprechen“, hauchte sie in holder Verwirrung. „Das kommt so schnell, so ungeahnt. Das ist so unbesiegbar, so gewaltig, und macht mich doch so bang und bringt mir Angst und Furcht.“
    Er sah zwei große Tropfen in ihren Augen stehen. Die echte, wahre Liebe ist unüberwindlich. Er zweifelte nicht an seinem Glück; aber er begriff die gewaltige Aufregung, welche seine Worte in dieser reinen, bisher so ruhigen Mädchenseele hervorbringen mußten. Nicht Leid und Weh, sondern dieser Sturm des Herzens war es, welcher die Tränen emporgetrieben hatte, daß sie nun als Perlen an den Wimpern glänzten, beredte Zeugen einer Gemütstiefe, welche noch andere Schätze bergen mußte, als nur diese Perlen. Es wurde ihm so wunderbar zumute. Es wäre ihm unmöglich gewesen, die Aufregung der Geliebten zu benutzen, um sich einen Beweis der Zärtlichkeit zu erlauben. Die Nähe einer reinen, unbefleckten Seele wirkt heiligend. Er hielt nur immer noch ihre Hände in den seinigen und sagte bittend und in beruhigendem Ton:
    „Sie können sprechen, Ida! Haben Sie nicht Angst und Furcht! Es ist mir, als stehe meine Mutter neben uns und höre ein jedes meiner Worte. Ich spreche aus der tiefsten Tiefe meines Herzens zu Ihnen, aber ich habe die Kraft, die Pforte dieses Herzens augenblicklich zu schließen, wenn Sie meine Worte nicht hören wollen. Ich würde unendlich traurig von Ihnen scheiden; aber ich würde das Bewußtsein mitnehmen, zwar aufrichtig gewesen zu sein, Sie aber nicht gekränkt zu haben. Nur diese lieben, lieben Händchen will ich halten; nur in Ihre Augen will ich blicken, und Ihre Stimme will ich hören. Können Sie mich lieben, so bin ich selig und unendlich beglückt; aber ich werde nichts,

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