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57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

Titel: 57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sei. Aber bereits am anderen Vormittag fragte Königsau ihn, ob es ihm angenehm sei, einen kleinen Ritt mitzumachen, da er im Begriff stehe, die Feldarbeit zu inspizieren. Natürlich schloß der Franzose sich ihm an. Er hoffte, daß während des Rittes das Gespräch auf das Thema kommen werde, welches bisher noch nicht berührt worden war, obgleich Henry sehr viel daran lag, den Gegenstand zur Sprache gebracht zu sehen.
    Großvater Königsau erwies sich trotz seines Alters als ein noch sehr guter und sicherer Reiter. Der Franzose, welcher in dieser Kunst keine sehr große Übung besaß, hatte Mühe, mit ihm gleichen Schritt zu halten und eine Blamage zu vermeiden.
    In einem kleinen Vorwerk wurde haltgemacht und ein Imbiß eingenommen. Im Verlauf des beinahe frugalen Dejeuners meinte Henry:
    „In der Bewirtschaftung größerer Komplexe sind die Deutschen den Franzosen doch entschieden überlegen. Finden Sie das nicht auch, Herr von Königsau?“
    Der Gefragte antwortete langsam und bedächtig:
    „Ich möchte das nicht so ungeprüft gelten lassen, denn es entgehen mir die Erfahrungen, um hier einen entscheidenden Vergleich ziehen zu können. Wollte ich nach Ihren Worten gehen, so müßte ich schließen, daß die Franzosen uns in der Bewirtschaftung kleinerer Liegenschaften überlegen sind.“
    „Das ist es, was ich meine.“
    „Nun, das liegt doch wohl weniger in den individuellen Eigenschaften oder gar in der Verschiedenheit des Nationalcharakters, sondern an den wirtschaftlichen Zuständen der beiden Länder. Frankreich ist ein Wein anbauendes Land, und bei dieser Art der Fruchtgewinnung ist der Parzellenbau ein einträglicherer.“
    „Sie mögen recht haben; doch wenn ich denke, in welcher musterhaften Ordnung sich Ihre Besitzung befindet, so habe ich doch alle Lust, meine vorhergehende Behauptung aufrechtzuerhalten. Es muß eine wahre Freude sein, sich den Besitzer einer solchen Liegenschaft nennen zu können.“
    „Ach, mein lieber Herr de Lormelle, das klingt ja, als ob Sie sich nicht im Besitz eines Gutes befänden.“
    „Meine Familie ist nicht nur wohlhabend, sondern sogar reich, sehr reich; aber Sie wissen, wir Franzosen sind Genußmenschen, und wenn wir ja arbeiten, so beschäftigen wir uns lieber mit Kunst und Wissenschaft, mit Literatur und Politik, als mit der Zerkleinerung der Ackerscholle, welcher wir doch nichts weiter abzuringen vermögen, als höchst prosaische Kartoffeln, Rüben und Kohl.“
    „Aber doch sind diese unbedingt notwendig. Auch die Kunst und Wissenschaft, die Literatur und sogar in gewisser Beziehung die Politik beschäftigen sich mit ihnen.“
    „Ich gebe das gern zu, möchte aber doch lieber eine Gruppe dieser Gewächse auf Leinwand malen, oder ein Buch über den Anbau der Kartoffel schreiben, als gezwungen sein, diese schmutzige Knolle aus der Erde zu wühlen.“
    „Wer ein solches Buch schreiben will, darf die Kartoffel nicht nur auf der Leinwand eines Malers gesehen haben. Das Leben des Landmannes ist ein vorzugsweise nüchternes und mühevolles, ich gebe das zu; aber es hat auch seine Lichtseiten. Es bewahrt vor Oberflächlichkeit und Zerstreuung, es macht den Menschen gewissenhaft und ernst; es gibt ihm Liebe zur Heimat und lenkt sein Denken und Sinnen auf den Schöpfer und Erhalter aller Dinge. Lasse ich das Korn meines selbst gesäten Roggens oder Weizens durch die Finger gleiten, so fühle ich dieselbe Genugtuung, welche den Künstler erfüllt, wenn ihm eine Frucht seiner Phantasie geraten ist.“
    „Von dieser Seite aus habe ich die Landwirtschaft allerdings noch nicht betrachtet. Ich bin zufrieden, wenn meine Verwalter und Pächter ihre Gelder zahlen. Das Gold, welches dann durch meine Finger rinnt, ist mir wertvoller als das Gold der Ähren und Körner.“
    „Und doch ist es wahr, daß dieses Gold ohne das andere eine Chimäre sein würde. Das Metall ist nur ein Tauschmittel; die Landwirtschaft aber ist es, welche mit ihren Erträgnissen und Preisen die wahren, wirklichen Werte bestimmt.“
    „Sie sind, wie ich höre, Nationalökonom, ich aber bin es nicht und darf mich also auf keine Kontroverse einlassen. Aber sollte es in Wahrheit sein, daß das Landleben die Liebe zur Scholle, also auch die Liebe zum Vaterland, den Patriotismus großzieht?“
    „Es ist so.“
    „Dann müßten Sie Ihre Besitzung außerordentlich liebhaben.“
    „Sie ist mir wert und teuer.“
    „So, daß Sie dieselbe nie veräußern würden?“
    „Ich würde mich nur sehr schwer von ihr

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