57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris
sehen jetzt, daß ich Sieger bin.“
Da trat Goldberg rasch einen Schritt vor und rief:
„Ah, damit geben Sie zu, daß der Schlag, welcher die Familie Königsau getroffen hat, von Ihnen ausgeführt wurde.“
„Pah! Denken und vermuten Sie, was Sie wollen! Sollten Sie so sinnlos sein, anzunehmen, daß ich bei Ihnen eingestiegen bin und das Geld genommen habe, welches Ihnen abhanden gekommen ist, so habe ich nichts dawider. Ich begnüge mich damit, Herr der Besitzung zu sein, welche meinem Gegner gehörte. Wollen Sie den Kampf noch weiter treiben, so bin ich bereit, ihn wieder aufzunehmen. Ich teile Ihnen mit, daß ich hier nicht wohnen, sondern die Verwaltung der Besitzung einem Beamten anvertrauen werde. Glauben Sie vielleicht, irgendwelchen Rechtstitel geltend machen zu können, so bedienen Sie sich meinetwegen der Ihnen zur Verfügung stehenden gesetzlichen Mittel, aber sorgen Sie dann dafür, daß ein Verwalter bei seinem Anzug niemand von denen vorfindet, welche zu lieben ich keine Veranlassung habe. Ich würde in diesem Fall in unnachsichtlicher und strengster Weise mein Hausrecht in Anwendung bringen. Adieu, Monsieur!“
Er ging und Richemonte folgte ihm.
Der Schlag war gefallen und traf alle Beteiligten schwer. Wie gut, daß Margot von Königsau durch den Tod verhindert worden war, ihn mitzufühlen. Sie wurde begraben. Alle ihre einstigen Untergebenen betrauerten in ihr eine Herrin, welche wie eine Mutter auf das Wohl aller bedacht gewesen war.
Hugo von Königsau hatte seine kräftige Natur bis in sein gegenwärtiges Alter bewahrt. Er war von dem Fieber zwar niedergeworfen worden; es hatte ihn dem Tode nahegebracht, aber er starb nicht, sondern er genas.
Als er das erstemal das Lager verlassen konnte, befand er sich bereits seit langer Zeit nicht mehr auf der verlorenen Besitzung, sondern in Berlin, wo Kunz von Goldberg ihm eine Wohnung gemietet hatte. Seine Schwiegertochter und seine beiden Enkel waren bei ihm, aber er fühlte sich trotz ihrer Gegenwart einsam und fast verlassen. Ihm fehlte das treue Weib, Margot, die seine Seele gewesen war. Man hatte ihm ihren Verlust natürlich erst dann mitteilen können, als die Ärzte es gestatteten; aber dennoch war es, als ob diese Schreckenskunde ihn wieder auf das Lager werfen wollte. Es bedurfte der ganzen Liebe und Anhänglichkeit der Seinigen, seine Gedanken von diesem Verlust wenigstens zeitweilig abzulenken.
Besser wurde dies, als Gebhard endlich eintraf. Er war zwar von allem unterrichtet worden; er wußte, daß seine Mutter tot und sein Vater schwer krank sei; er wußte auch, daß ihr Vermögen verloren sei und daß ihr Feind sich auf ihrem Eigentum eingenistet habe, er hatte darum seine Rückkehr nach Kräften geeilt, aber es war ihm nicht möglich gewesen, eher zu kommen.
Jetzt nahm er das Werk in die Hand, an welchem bereits Goldberg und die Polizei vergeblich gearbeitet hatten, nämlich die Erforschung dessen, was damals geschehen war.
Bei reiflicher Erwägung schien es fast sicher, daß zwischen jenem Diebstahl und dem Ankauf der Güter durch Rallion ein Zusammenhang stattfinde; aber war die Lüftung des darüber ausgebreiteten Schleiers bisher eine Unmöglichkeit gewesen, so blieben auch alle weiteren Nachforschungen ohne Erfolg. Dieser letztere war nur denkbar, wenn der Dieb, der sogenannte Henry de Lormelle, entdeckt und ergriffen wurde, aber es gelang nicht, auch nur die leiseste Spur von ihm aufzufinden.
Inzwischen war zu dem bereits erlebten Unglück auch noch ein weiteres gekommen. Eines Tages nämlich traf ein schwarzgeränderter und ebenso schwarzversiegelter Brief aus Paris bei Gebhard von Königsau ein, welcher folgendermaßen lautete:
„Mein Herr!
Hierdurch wird Ihnen mitgeteilt, daß Ihre entfernte Verwandte, die hochselige Frau Gräfin Juliette de Rallion, infolge eines plötzlichen Schlaganfalles mit dem Tod abgegangen ist und kein Testament hinterlassen hat.
Aus diesem letzteren Grund und ebenso zufolge des Umstandes, daß Ihre Frau Gemahlin und deren Schwester, Frau Hedwig von Goldberg, an Ausländer verheiratet sind und auch über die gesetzlich hier einschlagende Frist im Ausland gewohnt haben, fällt das Ganze der Hinterlassenschaft dem einzigen männlichen Erben der Verstorbenen, dem Herrn Grafen Jules Rallion, zu. Ergebenst
Erneste Vafot,
Öffentlicher Notar und Nachlaßverwalter.“
Die gute Tante Rallion war hochbetagt gewesen, und Gebhard machte kein Hehl daraus, daß er gehofft habe, es werde ihm bei ihrem
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