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58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

Titel: 58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kann mir nicht einfallen. Aber eine Sicherheit wünsche ich doch zu erhalten.“
    „Sie haben mein Wort. Genügt Ihnen das nicht?“
    „Nein.“
    Der Graf sagte das ruhig, konnte sich aber doch nicht enthalten, einen ängstlichen Blick auf den Kapitän zu werfen. In den Augen desselben leuchtete es zornig auf.
    „Wie?“ fragte er. „Was sagen Sie? Mein Wort, mein Versprechen, mein Ehrenwort genügt Ihnen nicht?“
    „Wie hoch Ihr Wort mir steht, das wissen Sie. Sie haben es oft und zur Genüge erfahren. Aber in diesem Fall kommt es in eben dem Grad, vielleicht noch mehr, auf das Wort einer anderen Person an.“
    „Wen meinen Sie? Den Baron? Oder die Baronin?“
    Der Graf kannte die Verhältnisse des Hauses genau. Er lachte verächtlich und sagte:
    „Pah! Nach dem Willen oder den Wünschen dieser beiden fragen Sie doch auf keinen Fall!“
    „Allerdings. Sie können also nur Marion selbst meinen.“
    „Ja, sie ist es.“
    „Nun, da beruhigen Sie sich sehr. Marion wird gehorchen!“
    „Sie erlauben mir, das zu bezweifeln.“
    „Wieso? Haben Sie Gründe?“
    „Beobachten Sie doch die Dame, wie sie sich meinem Sohne gegenüber verhält.“
    „Nun, wie denn?“
    „Kalt abweisend, fast möchte ich sagen verächtlich.“
    „Ja, das Mädchen hat Temperament, und Ihr Sohn gibt sich keine Mühe, sich ihrem Ideal zu nähern. Denn ein Ideal, so ein lächerliches Phantom, schafft sich ja jedes junge Ding. Er mag versuchen, sie zu gewinnen!“
    Der Graf schüttelte den Kopf.
    „Dazu habe ich keine Zeit. Ich bin gekommen, Sicherheit mit hinweg zu nehmen. Jetzt muß ich reisen. Was bieten Sie mir?“
    „Ah! Denken Sie vielleicht an eine Verlobung?“
    „Vielleicht!“
    „Bei dem Zustand Ihres Sohnes? Er hütet das Bett; er ist Patient; er ist entstellt!“
    „Nun, so mag mir die Zusage Marions genügen. Diese aber muß ich haben, wenn ich beruhigt abreisen soll.“
    „Sie ist nicht nötig, Graf!“
    „Und dennoch verlange ich sie. Wie nun, wenn Marion bereits gewählt hätte?“
    Da zogen sich die Spitzen des weißen Schnurrbartes in die Höhe. Der Alte hatte jetzt jenes bissige Aussehen, welches man in den Augenblicken des Zorns an ihm zu beobachten pflegte.
    „Die?“ fragte er in verächtlichem Ton. „Was hätte denn die zu wählen?“
    „Und wenn es nun doch so wäre!“
    „So bin ich doch derjenige, dem sie zu gehorchen hat, und dem sie gehorchen muß.“
    „Überzeugen Sie mich!“
    „Graf, Sie sind wirklich unbegreiflich! Aber aus alter Freundschaft will ich Ihnen den Willen tun. Ich werde mit Marion sprechen.“
    „Wann?“
    „Wann reisen Sie?“
    „Morgen früh.“
    „Ihr Sohn bleibt hier?“
    „Ja. Sein Zustand verträgt nicht, daß er seinen hiesigen Aufenthalt unterbricht.“
    „Nun gut, so werde ich nach der Tafel mit Marion reden, und dann können Sie deren Zustimmung aus ihrem eigenen Mund vernehmen.“
    „Ich will es hoffen!“
    „Übrigens habe ich Ihnen auch außer dieser Angelegenheit eine höchst erfreuliche Mitteilung zu machen. Ich erhielt, gerade wie Sie, heute Briefe; darunter befindet sich einer, den wir längst mit Sehnsucht erwartet haben.“
    Der Graf horchte auf.
    „Doch nicht aus New Orleans?“ fragte er rasch.
    „Ja, doch.“
    „Gott sei Dank! Wie lautet er? Zustimmend?“
    „Ja. Die Firma sendet uns einen ihrer Beamten, einen Master Deep-hill, welcher den Auftrag hat, mit uns abzuschließen. Der Mann hat die Millionen bei sich und wird morgen mit dem Mittagszug hier eintreffen.“
    „Von Trier oder Luxemburg aus?“
    „Auf der ersteren Linie.“
    „So haben wir gewonnen! Dies gibt mir die Hoffnung, daß auch die Privatangelegenheit sich glücklich ordnen lassen wird.“
    „Verlassen Sie sich auf mich!“
    Damit war diese Besprechung zu Ende. –
    An der Mittagstafel ging es sehr einsilbig, fast möchte man sagen, düster her. Der Baron speiste wie ein Automat; er war geistesabwesend und sprach kein Wort. Der junge Graf konnte nicht erscheinen; sein Vater hatte keine Lust, ein Gespräch zu beginnen. Der alte Kapitän konnte es noch immer nicht verwinden, daß er gezwungen worden war, den Erzieher mit an dem Tisch zu sehen. Die Baronin, Marion und Nanon berücksichtigten diese Verhältnisse durch tiefes Schweigen, und wenn ja ein lautes Wort gehört wurde, so waren es nur Müller und Alexander, welche miteinander sprachen.
    Nach Tisch, als sich alle erhoben, beorderte der Kapitän Marion und die Baronin auf sein Zimmer. Dies geschah in jenem harten,

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