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58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

Titel: 58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mildes Auge den Ulanenwachtmeister. Er hatte heute ein fast nobles Aussehen. Er saß da, gerade wie ein vornehmer Herr, so selbstbewußt. Sie hatte ihn noch nicht in so feiner Kleidung gesehen; es wurde ihr fast schwer, den Blick von ihm abzuwenden.
    Madelon bemerkte dies, und mit dem feinen Instinkt, der den Frauen eigen zu sein pflegt, erriet sie, daß das Verhältnis dieser beiden kein alltägliches sein könne.
    Sie erreichten Metz gegen sechs Uhr. Hier sorgte Fritz sofort für ein Privatfuhrwerk nach Etain. Da die beiden Mädchen immerhin einiges Gepäck bei sich hatten, so sah der Pflanzensammler sich genötigt, auf dem Bock neben dem Kutscher Platz zu nehmen.
    Die Pferde waren frisch, griffen gut aus, und so gelangten die Reisenden noch vor Mitternacht an ihr heutiges Ziel. Sie stiegen im besten Gasthofs des Ortes ab, wo Fritz zwei Zimmer bestellte, eins für sich und das andere für die beiden Schwestern.
    In diesem letzteren wurde das Abendbrot eingenommen, dann zog sich Fritz zurück.
    „Endlich sind wir seit unserem heutigen Zusammentreffen einmal allein“, sagte Madelon. „Und nun können wir ungestört miteinander sprechen.“
    „Oh“, meinte Nanon, „vor Herrn Schneeberg brauchen wir kein Geheimnis zu haben.“
    „Meinst du? Du schenkst ihm also dein volles Vertrauen?“
    Nanon errötete ein wenig, antwortete aber doch:
    „Ja. Und dieses verdient er auch im vollsten Maß.“
    „Wer ist er denn eigentlich?“
    „Ein Waisenknabe, geradeso wie auch wir beide Waisen sind. Ich habe dir einiges über ihn geschrieben, was ich heute vervollständigen will.“
    Sie erzählte nun ausführlich, was sie von ihm wußte und wie sie mit ihm zusammengetroffen war. Doch war sie ihrer Schwester gegenüber nicht ganz so aufrichtig wie gegen ihre Freundin Marion de Sainte-Marie.
    „Eigentümlich“, sagte Madelon. „Ich habe vor einigen Tagen einen Menschen kennengelernt, der ihm ganz außerordentlich ähnlich sieht.“
    „Ich auch. Welch ein Zusammentreffen!“
    „Wer war das?“
    „Ein Maler namens Haller, der für einen Tag bei uns auf Ortry war.“
    Madelon nickte leise vor sich hin und fragte:
    „Hat dir dieser Mann gefallen?“
    „Warum nicht?“
    „Es ist derselbe, den ich meine.“
    „Wie? Derselbe? Dieser Haller ist jetzt in Berlin?“
    „Ja. Wüßte ich, daß du verschwiegen sein könntest, so würde ich dir ein Geheimnis mitteilen.“
    „Madelon! Willst du mich beleidigen? Glaubst du, daß ich das, was mir die Schwester anvertraut, nicht zu bewahren verstehe? Wir sind durch alles Unglück des Lebens miteinander gegangen, unsere Herzen haben sich nie entzweit, wollen wir jetzt beginnen, Mißtrauen zu hegen?“
    „Nein, nein, meine liebe Nanon. Dieser Haller ist nämlich kein Maler, sondern ein französischer Offizier.“
    „Was du sagst!“ rief Nanon überrascht.
    „Ja, ein Offizier und Spion. Frankreich will Krieg mit Deutschland beginnen, darum sendet es solche Leute zu uns, welche die Aufgabe haben, unser Land und unsere Verhältnisse zu erkunden.“
    „Das hätte ich ihm nicht zugetraut.“
    „Mir hat es ganz besonders leid getan. Er wohnt mit mir in demselben Haus.“
    „Was du sagst!“
    „Ich habe ihn freundlich und mit Vertrauen empfangen, und denke dir, unsere Verhältnisse scheinen ihm nicht ganz unbekannt zu sein.“
    „Das wäre wunderbar.“
    „Er sprach von Aufklärungen, die er mir nach meiner Rückkehr geben will.“
    „Glaubst du daran?“
    „Ich weiß allerdings nicht, was ich denken soll. Man muß es geduldig abwarten. Ich habe einige Hoffnung auf morgen gesetzt.“
    „Ich gar keine.“
    „Warum? Ich kann mich des Gedankens nicht erwehren, daß der Pflegevater doch gewußt hat, wer wir sind. Er wird nicht gestorben sein, ohne es seinem Sohn mitgeteilt zu haben. Das ist so meine Meinung.“
    „Und du denkst, daß dieser uns das Geheimnis offenbart?“
    „Ja.“
    „Das wird er nicht tun. Diesen Charles Berteu kenne ich besser als du.“
    „Er war zwar immer ein eigenwilliger, sprachfauler Knabe, aber wirklich zuleide getan hat er uns mit Absicht wohl nichts Bedeutendes.“
    „Bis zu unserer Trennung, ja. Du gingst eher in Stellung als ich. Ich blieb auf Schloß Malineau zurück. Kannst du dich erinnern, daß er mich immer auszeichnete?“
    „Das weiß ich allerdings noch sehr genau.“
    „Nun, nach deiner Entfernung trat das noch viel bestimmter hervor. Er machte mir – Liebesanträge.“
    „Liebesanträge?“ fragte Madelon erstaunt. „Er, der

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