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59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan

59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan

Titel: 59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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fortzuziehen.
    „Vater, sagst du mir kein Wort?“ fragte Nanon.
    Sie hatte sich bis jetzt schweigend verhalten.
    „Verzeih, mein Kind! Ich glaube, daß du auch in Aufregung bist; aber ich muß eilen, mich von der Unschuld deiner guten Mutter überzeugen zu lassen.“
    Die beiden Männer entfernten sich. Der Baron hatte kaum die Kraft, die Unruhe, welche ihn erfaßt hatte, zu bemeistern. Als sie die letzten Treppe emporstiegen, sagte Schneffke:
    „Hier in dieser dunklen Ecke bleiben Sie, bis ich Sie einlasse. Er wird Sie beim Öffnen nicht sehen.“
    Er klopfte an die Tür.
    „Wer ist draußen?“ fragte es von innen.
    „Schneffke.“
    „Ah, endlich!“
    Der Alte öffnete und verriegelte die Tür sofort wieder, als der Maler eingetreten war.
    „Sie sind ja eine ganze Ewigkeit fortgeblieben“, zankte er ihn aus.
    „Ich fand nicht eher die richtigen Stifte.“
    „Jetzt aber haben Sie welche?“
    „Ja.“
    „Gut. Hier ist Papier.“
    Schneffke hatte gar nicht nötig gehabt, sich farbige Stifte zu kaufen. Er trug stets dergleichen in einem Etui bei sich. Er zog dieses letztere hervor, setzte sich an den Tisch und begann zu zeichnen. Der Alte stand hinter ihm und folgte mit der größten Spannung den Bewegungen seiner Hand.
    Schneffke spannte ihn dadurch auf die Folter, daß er zunächst die hinteren Teile des Kopfes zeichnete.
    „Schnell, schnell! Das Gesicht“, sagte Untersberg.
    „Warten Sie; warten Sie! Alles hat seine Zeit!“
    Jetzt begann er mit Stirn, Nase und Mund. Als er das eine Auge beendet hatte, rief der Alte:
    „Himmel! Er ist's!“
    „Wer?“
    „Mein Sohn. So war er; so war er, ganz genau so!“
    „Warten Sie noch.“
    Der Alte stand hinter ihm, mit ausgestreckter Hand, bereit, das Papier sofort nach dem letzten Strich zu erfassen. Er hatte das Aussehen eines bösen Geistes, welcher im Begriff steht, sich auf eine arme Seele zu stürzen. Sein Wunsch, sein heißer Wunsch, das Bild seines Sohnes zu besitzen, war erfüllt.
    „So“, sagte Schneffke sich erhebend. „Da ist der Kopf. Sie meinen also, daß er ähnlich ist?“
    „Ja, ja! Vollkommen. Zeigen Sie. Her damit!“
    Seine Augen ruhten mit halb irrem Blick auf dem Blatt; dann sagte er:
    „Das ist mein; das bekommen Sie nicht wieder. Ich werde es sofort einschließen, sofort.“
    Er eilte in das Nebenzimmer. Der Hund folgte ihm. Das war dem Maler lieb. Er eilte an die Tür und öffnete.
    „Schnell, schnell“, flüsterte er.
    „Wo ist er?“ fragte der Baron, leise eintretend.
    „Da draußen. Verstecken Sie sich da hinter den Ofen.“
    Bas-Montagne tat es, und der Maler trat wieder an den Tisch. In diesem Augenblick kehrte der Alte zurück. Er machte die Tür zum Nebenzimmer zu, ohne zu bemerken, daß der Hund draußen geblieben war.
    „Also sind Sie mit dem Kopf zufrieden?“ fragte der kleine Dicke lächelnd.
    „Ja, ja“, antwortete Untersberg.
    Sein Auge ruhte dabei forschend auf dem Frager.
    „Das ist mir lieb.“
    „Aber mir vielleicht nicht?“
    „Warum nicht? Sie wollten das Bild doch haben.“
    „Ist es wirklich nur Phantasie?“
    „Nein.“
    „Ah! Alle Donner! Also doch nicht.“
    „Nein. Jeder Zeichner muß etwas Wirkliches zugrunde legen; so ist es auch bei mir.“
    „Sie haben also einmal einen solchen Kopf gesehen?“
    „Ja.“
    „Wann?“
    „Vor einiger Zeit.“
    „Wo?“
    „In Frankreich.“
    „Donnerwetter! An welchem Ort?“
    „In Thionville.“
    „War die Ähnlichkeit groß?“
    „Sehr. Nur war der Mann älter als ich ihn hier bei Ihnen porträtiert habe.“
    „Was war er?“
    „Bankier.“
    „Ach so. Woher?“
    „Aus Nordamerika.“
    „Haben Sie seinen Namen erfahren?“
    „Ja. Er hieß Deep-hill, auf französisch Bas-Montagne und auf deutsch Untersberg.“
    Da fuhr der Alte zurück und rief:
    „Mensch, ist das wahr?“
    „Natürlich.“
    „Wo befindet sich dieser Mann jetzt?“
    „Hier ist er“, erklang es vom Ofen her.
    Untersberg drehte sich erschrocken um. Dort stand sein Sohn, welcher hinter dem Ofen hervorgetreten war.
    „Gaston!“ rief der Alte.
    „Herr Baron!“ antwortete der Sohn, welcher kein Zeichen der Freude gab, seinen Vater wiederzusehen.
    „Gaston! Wie kommst du hier herein?“
    „Durch die Tür.“
    „Sie war verschlossen.“
    „Ist das alles, an was du jetzt denkst? Denkst du nur an den Riegel, den du vorgeschoben hattest? Denkst du an nichts anderes, an nichts Wichtigeres?“
    „Oh, ich denke daran!“
    „Nun, an was denn?“
    „An die Freude des

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