59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan
niemand weis. Die Handschrift ist der ihrigen so ziemlich ähnlich, aber ich lasse mich nicht täuschen. Sie sind gefälscht.“
„Ah, was du sagst.“
„Ich bin überzeugt davon.“
„So hätte er mich getäuscht?“
„Wer? Etwa der angebliche Diener?“
„Ja.“
„Pah! Der existiert nur in deine Phantasie. Übrigens bist du selbst in deine eigene Falle geraten.“
„Was meinst du?“
„Du behauptest, diese Briefe später erhalten zu haben.“
„Ja, so ist es auch.“
„Und vorher sagtest du, daß du niemals wieder etwas von ihr gehört habest.“
„Ich dachte nicht daran.“
„Schon gut. Du hast mich früher täuschen können, jetzt aber gelingt es dir nicht mehr.“
„Donnerwetter. Du hälst mich also für einen Lügner?“
„Ja.“
„Und dies sagst du mir in Gegenwart dieses Mannes?“
„Wünschst du etwa, daß ich damit warte, bis wir uns unter vier Augen befinden?“
„Das ist eine Beleidigung, die ihresgleichen sucht.“
„Pah! Spiele dich nicht als Unschuldigen auf. Du hast ein Verbrechen an mir begangen, welches so groß ist, daß selbst Gottes unendliche Barmherzigkeit es dir niemals zu verzeihen vermag.“
„Bist du toll! Von welchem Verbrechen redest du?“
„Du hast mich um das Glück meines Lebens gebracht, indem du mein Weib beschuldigtest, ein Verbrechen begangen zu haben, an welches sie nie dachte.“
„Unschuldig? Ah, warum entfloh sie?“
„Von einer Flucht war keine Rede.“
„Wie willst du ihre Entfernung sonst nennen?“
„Eine Folge deiner Intrige.“
„Sapperment! Also ich bin schuld daran?“
„Ja.“
„Beweise mir das.“
„Wo hast du den Brief, den sie mir zurückgelassen hat?“
„Ich weiß von keinem Brief.“
„Wirklich nicht?“
„Nein.“
„Herr Schneffke, jetzt sind Sie an der Reihe.“
„Ah, was will dieser Mensch?“ sagte der Alte.
Schneffke stand von seinem Stuhl auf und antwortete:
„Was ich will? Ihnen beweisen, daß Sie lügen.“
„Kerl, was wagen Sie! Denken Sie an meinen Hund.“
„Zunächst muß ich an etwas anderes denken, nämlich an dieses Bild.“
Er zeigte auf das Bild, welches er damals mit den anderen gereinigt hatte und hinter welchem nebst Amélys Porträt auch ihre beiden Briefe versteckt gewesen waren.
„Was ist mit dem Bild?“ fragte der Alte.
„Das sollen Sie gleich sehen.“
Er nahm es von der Wand, entfernte die hintere Seite und zog das Porträt hervor.
„Hier meine Herren, sehen Sie.“
Der Blick des Alten fiel darauf.
„Alle Teufel! Der becque fleure!“
Mit einem raschen Sprung warf er sich auf den Maler, um ihm das Porträt zu entreißen; aber sein Sohn kam ihm zuvor. Er faßte den Vater bei den Achseln, drückte ihn in den Stuhl zurück und sagte:
„Hierher setzest du dich und bleibst sitzen, bis ich mit dir fertig geworden bin.“
„Oho, redest du in dieser Weise mit deinem Vater?“
„Ja. Und wenn du mir nicht gehorchst, werde ich in noch ganz anderer Weise mit dir sprechen.“
„Welche wäre dies?“
„Durch die Polizei. Ich gebe dir mein Ehrenwort, daß ich dich, falls du nicht ruhig bist, arretieren lassen werde, um dich für das, was du getan hast, dem Strafrichter zu übergeben.“
„Deinen Vater!“
„Pah! Du hast nicht wie ein Vater, sondern wie ein Schurke an mir gehandelt. Hier ist das Bild meines Weibes, nach welchem ich vergebens gesucht habe. Wie kommt es hierher?“
„Ich weiß es nicht.“
„Du lügst.“
„Ich lüge nicht.“
„Sie lügen!“ erklärte da der Maler.
„Mensch, schweigen Sie!“
„Und denn noch sage ich, Sie lügen. Sie haben gewußt, daß Sie dieses Bild versteckt hatten, aber Sie haben den Ort vergessen, wo es verborgen wurde.“
„Was fällt Ihnen ein?“
„Haben Sie etwa nicht nach dem Dokument de divorce gesucht, Herr von Untersberg?“
„Ah, dieses Dokument!“ stöhnte der Alte, dessen Gesicht plötzlich wieder einen irren Ausdruck annahm.
„Und hat die arme Amély etwa nicht einen Brief an Sie geschrieben, bevor sie sich entfernte?“
„Ich weiß von nichts!“
„Ich meine folgenden Brief.“
Er hatte das eine der Schreiben geöffnet und las:
„Dem Herrn Baron de Bas-Montagne.
Ihr Unterhändler ist bei mir gewesen. Sie sind ein harter, grausamer Mann. Ihre Forderungen zerreißen mir das Leben. Aber ich bin ein Weib, habe ein Herz, und zwei Kinder. Ich fühle, was es heißen mag, ein Kind verlieren, einen Sohn aufgeben zu müssen. Es war nie meine Absicht, Ihnen Gastons Herz zu rauben; Sie
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