595 Stunden Nachspielzeit - Humorvoller Roman (German Edition)
so vielen Jahren Ärger macht. Wahrscheinlich ist er von Haus aus zu verwöhnt, um Niederlagen wie ein Mann einzustecken.«
»Du kennst Klaas Walther?«
»Du auch!«, erwidert sie. »Erinnerst du dich nicht?«
»Er kommt mir vage bekannt vor. Aber ich kann sein Gesicht niemandem aus meiner Vergangenheit zuordnen.«
»Klaas hat bei SDWD nach dem Studium auf Wunsch seines Vaters zwölf Monate in der PR-Abteilung gearbeitet.«
SDWD war die Firma, die damals regelmäßig meine Transportdienste in Anspruch nahm, wodurch ich Melanie kennenlernte.
»Vom ersten Tag an«, entsinnt sie sich, »hatte ich den Eindruck, dass er sich für mich begeistert. Ich war freundlich zu ihm, sendete jedoch kein einziges Signal, meinerseits interessiert zu sein. Er war weder mein Typ, noch passte er in meine Welt. Trotzdem wurden seine Anmachversuche immer häufiger und plumper. Irgendwann bekam er unseren Flirt mit, und als er erfuhr, dass wir ein Paar geworden waren, gab es eine sehr unschöne Szene in der Kaffeeküche. Na ja, ich habe niemandem davon erzählt, da sich sein Praktikum eh dem Ende zuneigte. Daher hatte sich das Thema erledigt. Dachte ich jedenfalls. Sein gegenwärtiger Rachefeldzug gegen dich ärgert mich wahnsinnig.«
»Ich verstehe bloß nicht, warum sein Vorgesetzter nicht verhindert, dass er die Zeitung für diesen Zweck nutzt.«
Sie lacht. »Er trägt den Geburtsnamen seiner Mutter, damit er sich besser in der Öffentlichkeit bewegen kann. Eigentlich heißt er Hilsdorf.«
»Was? Ist er etwa der Sohn von Josef Hilsdorf, dem Haupteigentümer der RZ?«
»Der Enkel«, seufzt Melanie. »Überleg doch, wie alt Hilsdorf senior ist. Die Familie hat einen gründlich kalkulierten Karriereplan für ihren Sprössling aufgestellt. Studium, einjährige Berufserfahrung in einer PR-Abteilung, danach mehrere Stationen als Redakteur. In absehbarer Zeit wird er zum Chefredakteur ernannt.«
»Deswegen wird er nicht daran gehindert, mich fertigzumachen«, folgere ich.
»Leider.«
Sie erkundigt sich nach meinem Befinden und teilt mir mit, dass sich ihr Sohn freuen würde, mich demnächst wiederzusehen. Mit dem Versprechen, mich im Laufe der nächsten Woche bei Daniel zu melden, beenden wir das Telefonat.
Klaas Walthers Beweggründe für die Vendetta liegen nun auf der Hand. In seinen Augen schnappte ich ihm eine attraktive Sekretärin vor der Nase weg. Dank eines Zufalls erhielt er irgendwann das Rezensionsexemplar von meinem Verlag, erinnerte sich an meinen Namen oder mein Gesicht und schrieb die erste vernichtende Kritik. Ich antwortete ihm, er verhöhnte mich. Bei unserem Treffen im Kinokomplex schlussfolgerte er, dass ich nicht mehr mit Melanie zusammen bin, sondern eine noch hübschere Frau meine Partnerin sei. Außerdem ging ich als Sieger aus unserem verbalen Schlagabtausch hervor. Daraufhin zerschmetterte er mit einer großen Keule mein gesamtes schriftstellerisches Werk. Und es gibt nichts, was ich in meinen letzten verbleibenden Tagen gegen Klaas Walther alias Hilsdorf unternehmen könnte. Mir bleibt bloß die Hoffnung, dass ihn niemand den Nachruf auf mich schreiben lässt.
***
Als es ein paar Stunden später an der Tür klingelt, ist meine schlechte Laune keineswegs verflogen. Zu allem Überfluss hat sich Arabella aufgrund einer Migräne hingelegt. Missmutig schleppe ich mich zum Eingang. Bei dem Geräusch schneller, energiegeladener Schritte blicke ich auf die Uhr und nehme an, dass es sich um Noah handelt, der aus der Schule kommt. Nun ringe ich mir doch ein Lächeln ab, als ich die Tür öffne, und stelle fest, mit meiner Vermutung richtiggelegen zu haben.
»Ich habe meinen Freunden vom Wochenende erzählt!«, ruft er. »Die waren grün vor Neid!«
Seine Jacke, seine Haare und sein Schulranzen sind nass, da sich die Regenfront bisher nicht verzogen hat. Zu meiner Verwunderung läuft er an mir vorbei.
»Ich bringe eben den Ranzen hoch und ziehe trockene Sachen an. Ich habe tolle Neuigkeiten!«
»Die kann ich gut gebrauchen«, murmle ich.
Tatsächlich gelingt es ihm, mich aufzuheitern.
»Meine Klassenkameraden lieben
Konstantin Klever
!«, teilt er mir mit. »Luca, Alex und Simon sind bereits fertig. Alex sagt, es ist sein Lieblingsbuch. Ich habe versprochen, ihnen deine anderen Romane auszuleihen, sobald Mami und ich sie gelesen haben. Ist das okay?«
»Klar«, antworte ich lächelnd. »Das sind deine Bücher. Mach damit, was du willst.«
»Ein paar der Mädchen schwärmen auch von KK«, fährt er fort,
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