595 Stunden Nachspielzeit - Humorvoller Roman (German Edition)
wir und das war nie ein Problem. Früher hat sie am PC hockend online gezockt. Meistens hat sie verloren, manchmal gewonnen, es waren nie nennenswerte Summen. Nichts, was sie sich nicht leisten konnte.«
»Wie funktioniert eigentlich das Geschäftsmodell mit dem Haus?«
»Wir zahlen Miete. Monatlich einen Festbetrag und für jede Stunde, in der wir ein Zimmer belegen, ein zusätzliches Entgelt. Das ist für uns lukrativ, weil die Räume sauber und bestens eingerichtet sind. Außerdem müssen wir uns nicht um frische Wäsche kümmern. Benötigen wir Abstand, fahren wir einfach in unsere eigenen Wohnungen. Ein ideales Arrangement. Ich habe anfangs in meinen vier Wänden gearbeitet. Das war mir hinterher sehr unangenehm. Ein Freier soll nicht sehen, wie ich lebe.« Wieder schlürft sie etwas Kaffee. »Irgendwann begann Gudrun, an echten Pokerrunden in Kasinos teilzunehmen, mit akzeptablen Einsätzen.«
Die Puffmutter und ich haben einige Gemeinsamkeiten. Mir hatten die Onlineduelle nach geraumer Zeit ebenfalls keine Befriedigung mehr verschafft, nur fehlte mir das nötige Kleingeld, um stattdessen ein Kasino aufzusuchen.
»Dann hat sie Dimitri kennengelernt.« Arabella spricht seinen Namen wie eine ansteckende, ekelhafte Krankheit aus. »Er überredete sie, in ihrem Haus Pokerturniere zu veranstalten. Gudrun hat uns Mädchen bezahlt, wenn wir uns mit Dessous bekleidet um das leibliche Wohl der Pokerspieler gekümmert haben. Die erfolgreichen Spieler belohnten uns darüber hinaus mit einem saftigen Trinkgeld oder buchten uns am Ende für ein Schäferstündchen.« Sie trinkt die Tasse leer, wünscht aber keinen Nachschub.
»In den letzten Monaten erhöhten sich die Spieleinsätze; an einem Abend vor ein paar Wochen verlor sie zwanzigtausend Euro.«
»Verdammt viel Kohle!«
»Ich sprach sie darauf an, doch sie versicherte, sie hätte alles unter Kontrolle und würde den Verlust bei nächster Gelegenheit ausgleichen. Tatsächlich gewann sie zwei Wochen später einen ähnlichen Betrag.« Nachdenklich wickelt sie sich eine Haarsträhne um den rechten Zeigefinger. »Inzwischen vermute ich, dass das Teil von Dimitris Plan war. Na ja. Als ich nach unserem Wochenende bei dir aufbrach und zu ihr fuhr, glich das Freudenhaus eher einer Trauerkapelle. Gudrun und meine Kolleginnen heulten. Es dauerte eine Ewigkeit, bis ich ihnen die Einzelheiten aus der Nase gezogen hatte.«
»Was war passiert?«, erkundige ich mich, obwohl ich den Fortgang der Geschichte erahne.
»An jenem Sonntag hat ein richtig großes Turnier stattgefunden. Fünf Mitspieler, hohe Spieleinsätze. Sie hat alles verzockt. Das Haus gehört jetzt diesem schmierigen Typen. Ich bin mir sicher, er hat sie gelinkt. Wobei die anderen meinten, sie hätten keinen Betrug feststellen können.«
»Wie viel war es wert?«
»Eine Viertelmillion.«
»Puh«, stöhne ich. Wahrscheinlich war es zu meinem Besten, nie an einer echten Pokerrunde teilnehmen zu können. »Also muss sie es ihm übertragen und es verlassen?«, schlussfolgere ich.
Arabella nickt düster. »Sobald der Deal abgewickelt ist, zahlen wir Mädchen an Dimitri. Im Gegensatz zu ihr fordert er eine prozentuale Beteiligung, monatliche Mindesteinnahmen und bei jeder von uns einen Freifahrtschein, wann immer es ihm beliebt.«
»Darauf lasst ihr euch nicht ein, oder?«, frage ich angewidert.
Sie presst verärgert die Lippen zusammen. »Gudruns Etablissement ist populär. Hat zahlreiche Stammkunden. Jede, die ihm den Rücken zukehrt, verzichtet auf einen Haufen Geld.«
»Bist du hier deswegen am Dienstag aufgetaucht, um dir über deine Entscheidung klar zu werden?«
»In meiner Wohnung konnte ich nicht nachdenken. Ich war völlig ruhelos. Außerdem hatte mir unsere Verabredung wirklich gut gefallen. Vielleicht ist es an der Zeit, aufzuhören und mir einen liebenswerten Partner zu suchen, mit dem ich eine Familie gründen kann.«
Ich schlucke. Wie gebe ich ihr zu verstehen, dass ich mich dafür nicht eigne?
Offensichtlich steht mir meine Überlegung ins Gesicht geschrieben, denn sie zwinkert mir zu.
»Keine Sorge. Du wirst nicht der Kindesvater werden. Glaubst du, mir wäre nicht aufgefallen, wie sehr du dich für deine Nachbarin interessierst?«
Weibliche Intuition?, frage ich mich überrascht. Wie kann ihr etwas auffallen, was mir erst an diesem Wochenende bewusst geworden ist?
»Wo bist du gestern hingefahren?«, will ich von ihr wissen, da sie diesen Punkt bislang nicht erklärt hat.
»Gudrun hat
Weitere Kostenlose Bücher