595 Stunden Nachspielzeit - Humorvoller Roman (German Edition)
Talent?«
»Was für ein Problem haben Sie eigentlich mit mir?«, erkundige ich mich. »Ich habe damals beim SDWD gar nicht mitbekommen, dass Sie Interesse an Melanie hatten. Und selbst wenn? Melanie war nicht an Ihnen interessiert. Trotz Ihres Geldes und Ihres Backgrounds. Weshalb geben Sie mir die Schuld daran?«
Mit der Erwähnung von Melanies Namen nehme ich ihm den Wind aus den Segeln. Bestimmt hat er eher vermutet, ich würde ihn mit einer erpresserischen Forderung konfrontieren, damit der Hackerangriff aufhört. Er sackt auf dem Stuhl mir gegenüber zusammen und starrt mich feindselig an.
»Sie wissen gar nicht, wie viel Glück Sie hatten, das Herz dieser Frau zu gewinnen«, zischt er. »War aber wohl nicht von Dauer.«
»Die meisten Beziehungen halten nicht ewig.«
»Was wollen Sie hier?« Nun klingt er wieder aggressiv. »Falls Sie Frieden schließen wollen, vergessen Sie’s!«
»Ich wollte mich bedanken.«
»Wofür?«
»Für Ihre Artikel! Ohne die hätte ich es wohl nicht geschafft, Bestsellerautor zu werden.«
»Leiden Sie unter Realitätsverlust?«
»Sorry, wahrscheinlich konnten Sie wegen der Serverprobleme gar nicht verfolgen, welche Bücher sich derzeit auf Amazon und bei anderen Onlinebuchhändlern bestens verkaufen«, entgegne ich hämisch.
Ich hole mein Smartphone aus der Hosentasche und rufe die mobile Seite des Internetkaufhauses auf. Nach ein paar Klicks habe ich Tamara auf dem Bildschirm. Der Roman steht weiterhin auf dem Spitzenplatz. Dreiundzwanzig Rezensionen haben mittlerweile eine durchschnittliche Bewertung von viereinhalb Sternen ergeben. Schadenfroh reiche ich ihm mein Handy.
Walther fasst es nicht an, traut außerdem entweder mir oder seinen Augen nicht. Er greift zu seinem iPhone und sucht seinerseits nach meinen Werken.
»Ich versteh das nicht«, murmelt er kleinlaut.
»Ihr Schuss ging nach hinten los. In meiner nächsten Danksagung werde ich Sie erwähnen. Vielleicht widme ich Ihnen sogar meinen nächsten Roman.«
Wütend springt er auf. »Genießen Sie diesen kleinen Triumph. Aber wir beide sind noch lange nicht fertig miteinander.«
Lässig zucke ich mit den Achseln. Wie sollte mich diese Drohung belasten? Genüsslich schiebe ich mir ein Stück Kuchen in den Mund.
Er dreht sich um und stiefelt davon. Ob mir Sascha wohl Auskunft über Walthers Karmakontostand geben wird?
***
Pünktlich um neunzehn Uhr klingelt es bei mir. In der letzten halben Stunde bin ich ein Dutzend Mal ins Badezimmer gelaufen, habe mein Aussehen überprüft, mit einem Abdeckstift von Arabella zwei Hautunreinheiten überdeckt, Aftershave neu aufgelegt und die Haare gekämmt.
»Du verhältst dich wie ein sechzehnjähriger Jüngling«, hat sich meine Mitbewohnerin irgendwann beklagt.
»Ich fühl mich auch so!«
Nun ist es so weit. Ich öffne die Tür und bewundere Katharinas Outfit. Sie trägt ein braunes, eng anliegendes Kleid kombiniert mit schwarzen Lederstiefeln. Um ihren Hals baumelt eine silberne Kette mit einem Kreuz, das fast bis zu ihrem Dekolleté reicht.
»Wow!«, flüstere ich unabsichtlich.
»Danke«, sagt sie kokett.
»Viel Spaß euch beiden!«, ruft Arabella aus dem Wohnzimmer.
Auf der Hinfahrt erzählt sie mir von ihrem Tag, danach berichte ich ihr, was in den vergangenen achtundvierzig Stunden passiert ist. Allerdings mache ich das nicht, um sie zu beeindrucken, sondern damit sie nach meinem Tod von keinem der Verlage um die Tantiemen betrogen wird. Sie freut sich riesig für mich. Zur Feier des Tages erlaubt sie mir sogar, sie ins Kino einzuladen.
»Wir könnten Freitag shoppen gehen«, biete ich ihr an.
Lachend schüttelt sie den Kopf. »Wir wollen uns nicht den Tag verderben. Mit Noah Kleidung einzukaufen, ist keine Freude.«
Die Rolltreppe bringt uns nach oben, wir haben beide Lust auf ein Eis. Als wir uns einer der geöffneten Kassen nähern, wendet sich am Anfang der Warteschlange gerade ein Mann von der Bedientheke ab. In der linken Hand hält er einen großen Softdrinkbecher, in der rechten einen überdimensionierten Popcorneimer. Er wird auf mich aufmerksam, bemerkt meine Begleitung und lässt vor Schreck das Popcorn fallen. Fassungslos mustert mich Klaas Walther.
»Sie Ärmster!«, bedauert ihn Katharina wegen seines Missgeschicks. Hilfsbereit bückt sie sich, um den Popcornbehälter aufzuheben.
»Weg da!« Walther tritt gegen den Eimer, der in hohem Bogen davonfliegt. Der Snack breitet sich fächerförmig im ganzen Verkaufsraum aus und das Behältnis
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