595 Stunden Nachspielzeit - Humorvoller Roman (German Edition)
keine Beachtung.
Arabellas Blick huscht zwischen mir und ihm hin und her. Sie steckt in einem Dilemma. Eigentlich wollte sie verschwinden, gleichzeitig vermutet sie, dass ich ihretwegen meine Zukunft aufs Spiel setze.
»Das machen wir ni–« Weiter komme ich nicht, denn der Bodyguard quetscht schmerzhaft meine Schulter.
»Fuck!«, stöhne ich. »Lass los!«
»Einverstanden«, flüstert sie.
Dimitri grinst, der Kleiderschrank nimmt unverzüglich seine Hand von mir.
Ich bin dabei. Jedoch zu welchem Preis?
Wohlfühltag mit Hindernissen
An meiner ablehnenden Haltung gegenüber Arabellas Entscheidung hat sich auch am nächsten Tag nichts geändert. In angespannter Atmosphäre bitte ich sie, ihre Zusage zurückzunehmen.
»Das kannst du nicht tun!«, rede ich auf sie ein.
»Warum nicht?«
»Du wolltest mit ihm nichts zu schaffen haben.«
»Dann leiht er dir kein Geld für die Pokerrunde«, erinnert sie mich.
»Da wäre ich mir nicht sicher. Bestimmt hält er mich für ein leichtes Opfer.«
Nachdrücklich schüttelt sie den Kopf. »Du kennst ihn nicht! Ich kann viel Schlechtes von ihm berichten, aber er ist ein Mann mit Prinzipien. Sein Wort gilt! Das ist für ihn eine Frage der Ehre!«
»Ich verzichte auf meine Teilnahme.«
»Nein!«, widerspricht sie mir. »Es geht nicht nur um mich. Durch dich steigt die Chance meiner Freundinnen, weiter unter Gudruns Leitung arbeiten zu dürfen. Wir zählen alle auf deine Pokerkünste. Gudrun hat sich gestern Abend nur zu deiner Beteiligung überreden lassen, weil ich sie angefleht habe.«
Nachdem wir zu Hause angekommen waren, hatte Arabella ausführlich mit ihr telefoniert und sie davon überzeugt, dass meine Mitwirkung ihren Interessen dient.
»Wir zählen alle auf deine Pokerkünste«, wiederholt sie eindringlich. »Also verrate mir eins: Bist du ein gewiefter Spieler?«
In ihrem Blick liegt Hoffnung, die ich nicht enttäuschen mag. »Natürlich! Sonst hätte ich mich nicht darauf eingelassen.«
»Besieg ihn!«
»Und wenn ich eine Pechsträhne habe? Nur schlechte Karten bekomme? Ich möchte nicht, dass du mit diesem Widerling in die Kiste steigen musst.«
Liebevoll lächelt sie mich an und streichelt mein Gesicht. »Du bist ein guter Mensch!«, sagt sie. »Mach dir keine Sorgen um mich. Dimitri genießt nicht den Ruf, seine Frauen zu misshandeln. Er wird mir nichts tun. Ich ertrage ihn im Bett, schaffe danach ein paar Mal für ihn an, ehe ich auf Nimmerwiedersehen verschwinde.«
»Versprochen?«
»Versprochen!«
In ihren Augen erkenne ich jedoch die Lüge hinter ihrer Aussage. Bevor ich sie damit konfrontieren kann, klingelt es an meiner Wohnungstür. Trotzdem bleibe ich am Küchentisch sitzen.
»Geh schon«, flüstert sie. »Du riskierst morgen so viel für mich. Deine ganzen Tantiemen. Genieße wenigstens den heutigen Tag!«
Es schellt erneut, ich rühre mich nicht von der Stelle.
»Geh! Bitte!«
Seufzend erhebe ich mich.
»Na endlich!«, begrüßt mich Noah nach dem Öffnen der Tür. »Warum hast du so lange gebraucht?«
»Ich war auf Toilette«, rechtfertige ich mich.
»Ich soll dir von Mami sagen, dass wir in zehn Minuten fertig sind.«
Eine Viertelstunde später sitzen wir in meinem Auto. Noah hat sich einen Besuch im Zoo gewünscht und da das Wetter mitspielt, können wir ihm den Wunsch erfüllen.
Allerdings bin ich mit meinen Gedanken bei Arabella. Wie überzeuge ich sie bloß?
»Am meisten freue ich mich auf die Erdmännchen«, plappert der Junge. »Die sind so süß. Weißt du noch den Film, den wir im Fernsehen gesehen haben, Mami?«
»Klar«, antwortet sie. »Wächter der Wüste.«
»Hast du den gesehen, Sven?«
Mir wird die Notwendigkeit einer Antwort bewusst. »Wen habe ich gesehen?«
»Wächter der Wüste«, erwidert er.
»Kenn ich nicht. Ist das ein Zeichentrickfilm?«
»Nein. Da sind lebendige Erdmännchen die Stars.« Er fasst für mich die Handlung zusammen, ich nicke gelegentlich, brumme zustimmend und erwähne, diese Dokumentation unbedingt anschauen zu müssen.
»Können wir ja mal bei dir gucken!«, schlägt er vor.
Danach entdeckt er auf der Autobahn einen Reisebus, der sein Interesse weckt, und ich kann mich wieder meinen Problemen widmen.
»Alles in Ordnung mit dir?«, fragt Katharina leise nach ein paar Minuten.
Ich blicke sie lächelnd an. »Natürlich!«
Als wir uns dem Kassenbereich nähern, verlangsamt sie ihren Schritt, ohne dass ihr Sohn davon etwas mitbekommt. Rasch beträgt der Abstand zwischen uns zehn
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